Mandantenbrief April 2017
Mark Twain, eigentlich Samuel Langhorne Clemens; 1835 1910, amerikanischer Schriftsteller und Humorist
Wenn mehrere Steuerpflichtige ein häusliches Arbeitszimmer nutzen
Bislang ist der Bundesfinanzhof (BFH) von einem objektbezogenen Abzug der Aufwendungen
für ein häusliches Arbeitszimmer ausgegangen. Die abziehbaren Aufwendungen
waren hiernach unabhängig von der Zahl der nutzenden Personen auf insgesamt
1.250 € im Jahr begrenzt.
In zwei Entscheidungen vom 15.12.2016 macht der BFH nunmehr eine Kehrtwende
zugunsten der Steuerpflichtigen, die mit weiteren Personen ein häusliches
Arbeitszimmer nutzen. Nach diesen Entscheidungen ist die Höchstbetragsgrenze
von 1.250 € im Jahr personenbezogen anzuwenden, sodass jeder von ihnen
seine Aufwendungen hierfür bis zu dieser Obergrenze einkünftemindernd
geltend machen kann.
Im ersten Fall stellte der BFH fest, dass der auf den Höchstbetrag von
1.250 € begrenzte Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer
jedem Steuerpflichtigen zu gewähren ist, dem für seine betriebliche
oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung
steht, wenn er in dem Arbeitszimmer über einen Arbeitsplatz verfügt
und die geltend gemachten Aufwendungen getragen hat. Zudem stellt er klar, dass
die Kosten bei Ehegatten jedem Ehepartner grundsätzlich zur Hälfte
zuzuordnen sind, wenn sie bei hälftigem Miteigentum ein häusliches
Arbeitszimmer gemeinsam nutzen.
Im zweiten Fall betont der BFH darüber hinaus, dass für den Abzug
der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer feststehen muss,
dass dort überhaupt eine berufliche oder betriebliche Tätigkeit entfaltet
wird. Außerdem muss der Umfang dieser Tätigkeit es glaubhaft erscheinen
lassen, dass der Steuerpflichtige hierfür ein häusliches Arbeitszimmer
vorhält.
Zuzahlung des Arbeitnehmers für einen Firmenwagen
Die Überlassung eines betrieblichen Pkw durch den Arbeitgeber an den Arbeitnehmer
für dessen Privatnutzung führt zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers
und damit zum Zufluss von Arbeitslohn. Steht der Vorteil dem Grunde nach fest,
ist dieser entweder nach der 1-%-Regelung oder nach der Fahrtenbuchmethode zu
bewerten und zu versteuern.
Leistet der Arbeitnehmer für die private Nutzung eines Dienstwagens ein
Nutzungsentgelt an den Arbeitgeber, mindert dies den Wert des geldwerten Vorteils
aus der Nutzungsüberlassung. Ebenso ist es, wenn der Arbeitnehmer im Rahmen
der privaten Nutzung einzelne (individuelle) Kosten (z. B. Kraftstoffkosten)
des betrieblichen Pkw trägt.
Der Umstand, dass der geldwerte Vorteil aus der Kfz-Überlassung nach der
1-%-Regelung ermittelt worden ist, steht dem nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs
(BFH) vom 30.11.2016 nicht mehr entgegen. Der BFH war bislang davon ausgegangen,
dass vom Arbeitnehmer selbst getragene Kfz-Kosten nicht steuerlich berücksichtigt
werden können, wenn der Nutzungsvorteil pauschal nach der 1-%-Regelung
(anstelle der sog. Fahrtenbuchmethode) bemessen wird.
Der Wert des geldwerten Vorteils aus der Dienstwagenüberlassung kann jedoch
durch Zuzahlungen des Arbeitnehmers lediglich bis zu einem Betrag von 0 €
gemindert werden. Ein geldwerter "Nachteil" kann aus der Überlassung
eines Dienstwagens zur Privatnutzung nicht entstehen, und zwar auch dann nicht,
wenn die Eigenleistungen des Arbeitnehmers den Wert der privaten Dienstwagennutzung
und der Nutzung des Fahrzeugs zu Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte
übersteigen. Ein verbleibender "Restbetrag" bleibt daher ohne
steuerliche Auswirkungen und kann auch nicht als Werbungskosten bei den Einkünften
aus nicht selbstständiger Arbeit abgezogen werden.
Steuerliche Voraussetzungen bei elektronischen Kassen
Beim Einsatz von Registrier- oder PC-Kassensystemen muss der Steuerpflichtige
für eine sachgerechte und insbesondere die Vollständigkeit und Unveränderbarkeit
gewährleistende Struktur und Organisation seiner Aufzeichnungen sorgen.
Er ist für die Einhaltung der Ordnungsmäßigkeitsvoraussetzungen
selbst verantwortlich. Eine Verpflichtung zum Einsatz elektronischer Kassen
besteht nicht.
Wird eine elektronische Kasse geführt, müssen - spätestens seit
dem 1.1.2017 - alle Einzeldaten, die durch die Nutzung der Kasse entstehen,
während der Aufbewahrungsfrist von 10 Jahren - jederzeit verfügbar,
unverzüglich lesbar und maschinell auswertbar - aufbewahrt werden.
Zudem müssen alle zum Verständnis der Einzeldaten erforderlichen
Organisationsunterlagen (z. B. Handbücher, Bedienungs- und Programmieranleitung)
vorgehalten werden. Die Finanzverwaltung verlangt, dass originär digitale
Daten (wie die Kasseneinzeldaten) auf einem maschinell verwertbaren Datenträger
(z. B. CD, DVD, USB-Stick) zur Verfügung gestellt werden. Der Grundsatz
der Unveränderbarkeit gilt für sämtliche digitale Daten und damit
auch für Daten elektronischer Kassen.
Bitte beachten Sie! Ältere Kassensysteme (z. B. elektronische Registrierkassen
mit Papier- oder elektronischem Journal ohne Möglichkeit zur Einzeldatenspeicherung)
erfüllen die oben genannten Vorgaben nicht und dürfen damit nicht
mehr eingesetzt werden. Organisationsunterlagen und Daten der "Alt-Kassen"
sind weiterhin für steuerliche Zwecke während der Dauer der Aufbewahrungsfrist
vorzuhalten. Grundsätzlich wird empfohlen, neben dem Vorgenannten auch
die "Alt-Kasse" weiterhin aufzubewahren.
Tägliches Auszählen bei einer offenen Ladenkasse
Die Ordnungsmäßigkeit der Kassenbuchführung erfordert bei Bareinnahmen,
die ähnlich einer offenen Ladenkasse erfasst werden, einen täglichen
Kassenbericht, der auf der Grundlage eines tatsächlichen Auszählens
der Bareinnahmen erstellt worden ist.
Mit Beschluss vom 16.12.2016 stellt der Bundesfinanzhof (BFH) nunmehr klar,
dass so weit die in seiner Entscheidung vom 25.3.2015 gewählte Formulierung
in der Praxis teilweise dahingehend "missverstanden" wird, dass über
den Kassenbericht hinaus ein "Zählprotokoll" gefordert wird,
in dem die genaue Stückzahl der vorhandenen Geldscheine und -münzen
aufzulisten ist, die dortige Formulierung - die im Übrigen den Begriff
"Zählprotokoll" nicht enthält - nicht als Neuorientierung
der Rechtsprechung angesehen werden kann. Erforderlich, aber auch ausreichend
ist ein Kassenbericht, der auf der Grundlage eines tatsächlichen Auszählens
erstellt worden ist.
Anmerkung: Auch wenn der BFH nicht explizit ein "Zählprotokoll"
fordert, stellt es grundsätzlich eine bessere Übersicht und einen
Nachweis für den Geldbestand am Ende des Tages dar. Das empfiehlt auch
die Oberfinanzdirektion Karlsruhe in ihrem Schreiben vom 26.10.2016.
Kontierungsvermerk auf elektronischen Rechnungen
In der Praxis werden zunehmend elektronische Rechnungen verwandt. Bei dieser
Art der Rechnungsstellung liegen Originalbelege in Papierform nicht mehr vor.
Die Rechnung geht elektronisch ein und wird ebenso erfasst. Eine Kontierung
auf dem Beleg ist dabei nicht mehr möglich.
Der Originalzustand eines elektronischen Dokuments muss jedoch gemäß
den Grundsätzen zur ordnungsmäßigen Führung und Aufbewahrung
von Büchern, Aufzeichnungen und Unterlagen in elektronischer Form sowie
zum Datenzugriff (GoBD - für Veranlagungszeiträume, die nach dem 31.12.2014
beginnen) jederzeit prüfbar und damit lesbar gemacht werden können.
Bearbeitungsvorgänge oder Veränderungen, wie z. B. das Anbringen von
Buchungsvermerken müssen protokolliert und mit dem Dokument abgespeichert
werden. Aus der Verfahrensdokumentation muss ersichtlich sein, wie die elektronischen
Belege erfasst, empfangen, verarbeitet, ausgegeben und aufbewahrt werden.
Bitte beachten Sie! Zur Erfüllung der Belegfunktion sind Angaben zur Kontierung,
zum Ordnungskriterium für die Ablage und zum Buchungsdatum jedoch zwingend
erforderlich. Diese können nach einer Verfügung des Bayerischen Landesamtes
für Steuern bei einem elektronischen Beleg durch die Verbindung mit einem
Datensatz, mit den genannten Angaben zur Kontierung oder durch eine elektronische
Verknüpfung (z. B. eindeutiger Index, Barcode) erfolgen.
"Sanierungserlass" infrage gestellt
Ein Sanierungsgewinn, der dadurch entsteht, dass Schulden zum Zwecke der Sanierung
ganz oder teilweise vom Gläubiger erlassen werden, erhöht das Betriebsvermögen
und ist grundsätzlich steuerbar.
Bis zum Veranlagungszeitraum 1997 waren Sanierungsgewinne in voller Höhe
steuerfrei. Voraussetzung war die Sanierungsbedürftigkeit des Unternehmens,
der volle oder teilweise Erlass seiner Schulden, die insoweit bestehende Sanierungsabsicht
der Gläubiger sowie die Sanierungseignung des Schuldenerlasses. Seit Aufhebung
dieser Vorschrift ist ein Sanierungsgewinn grundsätzlich steuerpflichtig.
Eine Steuerbefreiung solcher Sanierungsgewinne kann nur durch Billigkeitsmaßnahmen
im Einzelfall erreicht werden.
In dem Sanierungserlass, der sich auf die Billigkeitsregelungen der Abgabenordnung
(AO) stützt, hat das Bundesfinanzministerium (BMF) in einer allgemeinverbindlichen
Verwaltungsanweisung geregelt, dass Ertragsteuern auf einen Sanierungsgewinn
unter ähnlichen Voraussetzungen wie unter der früheren Rechtslage
erlassen werden können. Liegt ein Sanierungsplan vor, wird davon ausgegangen,
dass diese Voraussetzungen erfüllt sind.
Nach dem Beschluss des Großen Senats des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28.11.2016
verstößt der Sanierungserlass gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit
der Verwaltung. Dass Sanierungsgewinne der Einkommen- oder Körperschaftsteuer
unterliegen sollen, hat der Gesetzgeber im Jahr 1997 ausdrücklich entschieden,
indem er die bis dahin hierfür geltende gesetzliche Steuerbefreiung abschaffte.
Konsequenz: Der Sanierungserlass gewährte in wirtschaftlichen Schwierigkeiten
befindlichen Unternehmen eine steuerliche Begünstigung. Dies beruhte darauf,
dass die Gläubiger mit ihrem Forderungsverzicht zu erkennen gaben, dass
sie die Sanierung für erforderlich und die ergriffenen Maßnahmen
für Erfolg versprechend hielten.
In der vom BFH zu dem Beschluss herausgegebenen Pressemitteilung wird mitgeteilt,
dass daraus nicht folgt, dass Billigkeitsmaßnahmen auf der Grundlage einer
bundesweit geltenden Verwaltungsanweisung generell unzulässig sind. Vorauszusetzen
ist nur, dass in jedem davon betroffenen Einzelfall tatsächlich ein Billigkeitsgrund
für die Ausnahme von der Besteuerung vorliegt. Die Entscheidung des Großen
Senats steht auch nicht einem im Einzelfall möglichen Erlass von Steuern
auf einen Sanierungsgewinn aus persönlichen Billigkeitsgründen entgegen.
Schätzung der Arbeitskosten bei haushaltsnahen Dienstleistungen
Die Einkommensteuer ermäßigt sich - auf Antrag - für die Inanspruchnahme
von Handwerkerleistungen für Renovierungs-, Erhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen,
die im Haushalt des Steuerpflichtigen erbracht werden, um 20 %, höchstens
1.200 €. Die Ermäßigung gilt jedoch nur für die Arbeitskosten;
Materialkosten werden nicht berücksichtigt.
Das Sächsische Finanzgericht (FG) musste sich mit der Frage auseinandersetzen,
inwiefern eine Schätzung der "Arbeitskosten" zulässig ist,
wenn diese nicht explizit aus der Rechnung zu entnehmen, dem Grund nach aber
sicher angefallen sind. Im entschiedenen Fall begehrte ein Steuerpflichtiger
die Berücksichtigung eines als "Baukostenzuschuss" bezeichneten
Rechnungsbetrages für die "Herstellung der Mischwasserleitung"
als Bestandteil des Anschlusses des Grundstücks an die öffentliche
Abwasserentsorgungsanlage in Höhe von (geschätzten) 60 % als Handwerkerleistung.
In der dazu ergangenen Entscheidung stellte das FG fest, dass die geltend gemachten
Aufwendungen in Höhe von 60 % in dieser Höhe als zu berücksichtigender
Anteil der geschätzten Arbeitskosten als Handwerkerleistungen für
die Modernisierungsmaßnahme anzuerkennen sind. Denn die mit der Herstellung
der Mischwasserleitung als notwendiger Teil der Arbeiten des Anschlusses des
Haushalts der Steuerpflichtigen an das öffentliche Entsorgungsnetz verbundenen
Tiefbauarbeiten verursachen regelmäßig höhere Arbeitskosten
als Materialkosten.
Anmerkung: Gegen das Urteil wurde Revision eingelegt, die nunmehr beim
Bundesfinanzhof unter dem Aktenzeichen VI R 18/16 aufgenommen wurde. Betroffene
Steuerpflichtige können sich auf das anhängige Verfahren berufen.
TERMINSACHE: Zuordnung eines gemischt genutzten Gegenstands/Gebäudes zum Unternehmen
Die Zuordnung eines gemischt genutzten Gegenstands zum Unternehmen - mit entsprechender
Vorsteuerabzugsberechtigung - erfordert eine durch Beweisanzeichen gestützte
Zuordnungsentscheidung, die zeitnah zu dokumentieren ist.
Der Bundesfinanzhof hat in mehreren Entscheidungen geklärt, dass die Zuordnungsentscheidung
spätestens und mit endgültiger Wirkung in einer "zeitnah"
erstellten Umsatzsteuererklärung für das Jahr, in das der Leistungsbezug
fällt, nach außen dokumentiert werden kann. Der letztmögliche
Zeitpunkt hierfür ist der 31. Mai des Folgejahres.
Bitte beachten Sie! Von dieser Regelung sind z. B. Pkw, Gebäude
und Photovoltaikanlagen betroffen.
Kündigung eines Bausparvertrags 10 Jahre nach Zuteilungsreife
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat in 2 im wesentlichen Punkt parallel gelagerten
Fällen aus der Praxis entschieden, dass eine Bausparkasse Bausparverträge
kündigen kann, wenn die Verträge seit mehr als 10 Jahren zuteilungsreif,
aber noch nicht voll bespart sind.
In seiner Erklärung führte der BGH aus, dass auf die Bausparverträge
Darlehensrecht anzuwenden ist, denn während der Ansparphase eines Bausparvertrags
ist die Bausparkasse Darlehensnehmerin und der Bausparer Darlehensgeber. Erst
mit der Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens kommt es zu einem Rollenwechsel.
Nach dem Bürgerlichen Gesetzbuch kann der Darlehensnehmer einen Darlehensvertrag
mit gebundenem Sollzinssatz u. a. ganz oder teilweise nach Ablauf von 10 Jahren
nach dem vollständigen Empfang unter Einhaltung einer Kündigungsfrist
von 6 Monaten kündigen. Wird nach dem Empfang des Darlehens eine neue Vereinbarung
über die Zeit der Rückzahlung oder den Sollzinssatz getroffen, so
tritt der Zeitpunkt dieser Vereinbarung an die Stelle des Zeitpunkts des Empfangs.
Die BGH-Richter entschieden, dass die o. g. Kündigungsvorschrift auch
zugunsten einer Bausparkasse als Darlehensnehmerin anwendbar ist. Ferner führten
sie aus, dass mit dem Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife die Bausparkasse
unter Berücksichtigung des Zwecks des Bausparvertrags das Darlehen des
Bausparers vollständig empfangen hat. Der Vertragszweck besteht für
den Bausparer darin, durch die Erbringung von Ansparleistungen einen Anspruch
auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erlangen.
Eigenbedarfskündigung bei nicht absehbarem Nutzungswunsch der Eigenbedarfsperson
Für eine Kündigung wegen Eigenbedarfs reicht eine sogenannte Vorratskündigung,
der ein gegenwärtig noch nicht absehbarer Nutzungswunsch der Eigenbedarfsperson
zugrunde liegt, nicht aus. Vielmehr muss sich der Nutzungswunsch so weit "verdichtet"
haben, dass ein konkretes Interesse an einer alsbaldigen Eigennutzung besteht.
Setzt der Vermieter den behaupteten Selbstnutzungswillen nach dem Auszug des
Mieters nicht in die Tat um, so liegt der Verdacht nahe, dass der Eigenbedarf
nur vorgeschoben war. Unter diesen Umständen ist es dem Vermieter zuzumuten,
substanziiert und plausibel darzulegen, aus welchem Grund der mit der Kündigung
vorgebrachte Eigenbedarf nachträglich entfallen sein soll. Hierzu werden
strenge Anforderungen gestellt. Erst wenn der Vortrag des Vermieters diesem
Maßstab genügt, obliegt dem Mieter der Beweis, dass ein Selbstnutzungswille
des Vermieters schon vorher nicht bestand.
In einem vom Bundesgerichtshof entschiedenen Fall hatte ein Vermieter das Mietverhältnis
mit Schreiben vom 27.4.2011 zum 31.1.2012 gekündigt und geltend gemacht,
die Wohnung werde "dringend" benötigt, um seine pflegebedürftige,
im Jahr 1926 geborene Mutter, die allein in ihrem Einfamilienhaus lebte, aufzunehmen.
Seit dem Auszug des Mieters im August 2012 steht die geräumte Wohnung
leer. Die Mutter des Vermieters zog nicht um und verstarb am 7.11.2014. Der
Mieter führte aus, dass die Mutter nicht die Absicht hatte, ihr eigenes
Haus zu verlassen und daher der Eigenbedarf vorgetäuscht war.
Kommissarischer GmbH-Geschäftsführer - Haftung für Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit
Wer zum Geschäftsführer einer GmbH bestellt wird, haftet für
Zahlungen nach Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung auch dann, wenn
er nach den Vorstellungen der Gesellschafter nur "kommissarischer"
Geschäftsführer sein soll.
Bei der Beurteilung der Frage, ob für einen GmbH-Geschäftsführer
der Insolvenzeintritt der GmbH erkennbar ist, sind nach Auffassung des Oberlandesgerichts
München in seiner Entscheidung vom 5.10.2016 auch dessen Kenntnisse über
die Verhältnisse der GmbH von Bedeutung, die er anderweitig und nicht in
seiner Eigenschaft als GmbH-Geschäftsführer erlangt hat. Im entschiedenen
Fall als Geschäftsführer der Muttergesellschaft der GmbH.
Vergleichende Werbung kann irreführend sein
Werbung, die Preise zwischen Geschäften unterschiedlicher Art und Größe
vergleicht, ist unter bestimmten Umständen nicht zulässig. Eine solche
Werbung kann irreführend sein, wenn der Verbraucher nicht in der Werbung
selbst auf klare Weise von den Unterschieden in Art und Größe der
verglichenen Geschäfte informiert wird.
In einem vom Europäischen Gerichtshof entschiedenen Fall lancierte "Carrefour"
eine Fernsehwerbekampagne mit dem Titel "Tiefstpreisgarantie Carrefour".
Darin wurden die in den Carrefour-Geschäften verlangten Preise für
500 Waren großer Marken mit denen in Geschäften konkurrierender Handelsgruppen
(darunter Intermarché-Geschäften) verglichen. Den Verbrauchern wurde
angeboten, ihnen die zweifache Preisdifferenz zu erstatten, falls sie die Waren
anderswo günstiger fänden. Ab dem zweiten Fernsehwerbespot waren die
für den Vergleich ausgewählten Intermarché-Geschäfte ausnahmslos
Supermärkte, während die Carrefour-Geschäfte sämtlich Hypermärkte
waren. Diese Information erschien nur in kleinerer Schrift unterhalb des Namens
"Intermarché".
Eine Werbung wie die vorliegend in Rede stehende kann das wirtschaftliche Verhalten
des Verbrauchers beeinflussen, indem sie ihn dazu veranlasst, eine Entscheidung
in dem irrigen Glauben zu treffen, dass er in den Genuss der in der Werbung
hervorgehobenen Preisersparnis kommt, wenn er die jeweiligen Waren in allen
Geschäften der Handelsgruppe des Werbenden statt in Geschäften konkurrierender
Handelsgruppen erwirbt. Eine solche Werbung wird jedoch nur dann irreführend
sein, wenn der Verbraucher nicht darüber informiert wird, dass der Vergleich
zwischen den Preisen, die in den Geschäften größeren Umfangs
oder größerer Art der Handelsgruppe des Werbenden verlangt werden,
und den Preisen stattfindet, die in Geschäften kleineren Umfangs oder kleinerer
Art konkurrierender Handelsgruppen ermittelt wurden. Diese Information muss
dabei nicht nur auf klare Weise bereitgestellt werden, sondern auch in der Werbebotschaft
selbst enthalten sein.
Missverhältnis Kaufpreis und Verkehrswert - Kenntnis der Bank
Eine Bank trifft ausnahmsweise eine Aufklärungspflicht über die Unangemessenheit
des von ihr finanzierten Kaufpreises unter dem rechtlichen Gesichtspunkt eines
Wissensvorsprungs, wenn eine so wesentliche Verschiebung der Relation zwischen
Kaufpreis und Verkehrswert vorliegt, dass die Bank von einer sittenwidrigen
Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer ausgehen muss.
Das ist anzunehmen, wenn der Verkaufspreis knapp doppelt so hoch ist wie der
Verkehrswert der Wohnung, wobei die im Kaufpreis enthaltenen Nebenkosten nicht
in den Vergleich einzubeziehen sind.
Die Kenntnis einer Bank von einem groben Missverhältnis zwischen Kaufpreis
und Verkehrswert einer von ihr finanzierten Immobilie ergibt sich nach einer
Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 18.10.2016 nicht aus ihrer Kenntnis
von der für die Immobilie erzielten Jahresnettomiete im Wege eines auf
schlichter Vervielfältigung der Nettomiete mit einem frei gegriffenen Faktor
beruhenden "vereinfachten Ertragswertverfahrens".
In einem Fall aus der Praxis wurde eine 100 m² große Eigentumswohnung
für 133.900 € erworben und zur Finanzierung ein Darlehensvertrag über
134.000 € abgeschlossen. Nun behauptete der Wohnungserwerber, dass er vom
Vermittler der Wohnung über deren Werthaltigkeit und Finanzierbarkeit getäuscht
wurde. Die Wohnung war bei Abschluss des Kaufvertrags höchstens 45.000
€ wert. Dies sei der Bank, die mit der Verkäuferin der Wohnung im
Rahmen eines Vertriebskonzepts zusammengearbeitet habe, aufgrund eigener Wertgutachten
bekannt gewesen.
40-€-Pauschale bei verspäteter Lohnzahlung durch den Arbeitgeber
Ein Arbeitgeber, der Arbeitslohn verspätet oder unvollständig auszahlt,
muss dem Arbeitnehmer einen Pauschal-Schadensersatz in Höhe von 40 €
zahlen. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Köln mit Urteil vom 25.11.2016
entschieden.
Nach einer im Jahr 2016 neu eingeführten Regelung im Bürgerlichen
Gesetzbuch hat der Gläubiger einer Entgeltforderung bei Verzug des Schuldners
neben dem Ersatz des durch den Verzug entstehenden konkreten Schadens Anspruch
auf die Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 €.
Nach Auffassung des LAG handelt es sich bei der Pauschale um eine Erweiterung
der gesetzlichen Regelungen zum Verzugszins, der auch auf Arbeitsentgeltansprüche
zu zahlen ist. Auch der Zweck der gesetzlichen Neuregelung - die Erhöhung
des Drucks auf den Schuldner, Zahlungen pünktlich und vollständig
zu erbringen - sprechen für eine Anwendbarkeit zugunsten von Arbeitnehmern,
die ihren Lohn unpünktlich oder unvollständig erhalten.
Anmerkung: Dieses Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Revision
zum Bundesarbeitsgericht (BAG) wurde wegen der grundsätzlichen Bedeutung
der Rechtsfrage zugelassen. Sollte es vom BAG bestätigt werden, werden
sich Arbeitgeber mit der 40-€-Pauschale bei verspäteten Lohn- bzw.
Gehaltszahlungen konfrontiert sehen.
Außerordentliche Kündigung wegen Änderung des Berufsprofils auf XING?
Einem Arbeitnehmer ist grundsätzlich während des gesamten rechtlichen
Bestandes des Arbeitsverhältnisses eine Konkurrenztätigkeit untersagt.
Zulässig sind jedoch Handlungen, mit denen eine spätere Konkurrenztätigkeit
nach Ende des Arbeitsverhältnisses lediglich vorbereitet wird. Die Grenze
der noch zulässigen Vorbereitungshandlung wird erst bei einer aktiv nach
außen tretenden Werbung für eine Konkurrenztätigkeit überschritten.
Nach Auffassung des Landesarbeitsgerichts Köln (LAG) in seiner Entscheidung
vom 7.2.2017 kann dies bei der fehlerhaften Angabe, der (aktuelle) berufliche
Status sei "Freiberufler", ohne Hinzutreten weiterer Umstände
nicht angenommen werden und eine fristlose Kündigung wegen einer unerlaubten
Konkurrenztätigkeit nicht rechtfertigen. Daher sah es die Kündigung
eines Steuerberaters als rechtsunwirksam an, mit dem der Arbeitgeber bereits
im Wege eines Aufhebungsvertrages die Beendigung seines Arbeitsverhältnisses
mit mehrmonatiger Auslauffrist vereinbart hatte.
Entscheidend war für das LAG auch, dass der Name der Arbeitgeberin im
XING-Profil weiterhin als aktuelle Tätigkeit genannt war und unter der
XING-Rubrik "Ich suche" gerade keine Angaben dahingehend vorgenommen
worden waren, dass freiberufliche Mandate gesucht werden.
Kinder haften nicht in jedem Fall für ihre Eltern
Manchmal sind nicht nur Kinder auf Unterhaltszahlungen ihrer Eltern angewiesen.
In späteren Jahren kann es auch umgekehrt sein und ein erwachsenes Kind
muss für den Unterhalt eines bedürftigen Elternteils aufkommen. Dies
gilt aber nicht in jedem Fall.
Das Oberlandesgericht Oldenburg hat mit Beschluss vom 4.1.2017 eine Unterhaltsverpflichtung
der erwachsenen Tochter verneint. Eine Unterhaltsverpflichtung des erwachsenen
Kindes entfällt, wenn der bedürftige Elternteil seine eigene, frühere
Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem Kind gröblich vernachlässigt
hat und eine Inanspruchnahme insgesamt grob unbillig erscheint.
In dem entschiedenen Fall hatte der Vater über 6 Jahre lang gar nichts
für die damals noch bedürftige Tochter gezahlt, obwohl er in der Lage
gewesen wäre, einer Erwerbstätigkeit nachzugehen. Der Vater hatte
darüber hinaus bei der Trennung von der Mutter per Einschreiben mitgeteilt,
dass er von seiner alten Familie nichts mehr wissen will.
Ein solcher Kontaktabbruch stellt eine grobe Verfehlung gegenüber der
Tochter und eine Verletzung der väterlichen Pflicht zu Beistand und Rücksicht
dar. Der Kontaktabbruch war auch nachhaltig gewesen. Allein die Einladung der
Tochter zur neuen Hochzeit des Vaters und ein einmaliger Besuch der Tochter
bei einem Krankenhausaufenthalt des Vaters führten noch nicht zu einer
Wiederherstellung eines Vater-Tochter-Verhältnisses.
Zwar stellt ein Kontaktabbruch nicht regelmäßig eine grobe Verfehlung
dar, die zu einem Verlust des Unterhaltsanspruchs führt. Vorliegend kam
aber neben dem Kontaktabbruch noch die grobe Verletzung der Unterhaltspflicht
gegenüber dem Kind hinzu.
Ab Juli 2018 Lkw-Maut auf allen Bundesstraßen
Ab Juli 2018 müssen Lkw nicht nur auf Autobahnen, sondern auch auf sämtlichen
Bundesfernstraßen Maut zahlen. Die Mautpflicht gilt für Lkw ab 7,5
t.
Von dieser Maut befreit sind landwirtschaftliche Fahrzeuge mit einer Höchstgeschwindigkeit
von max. 40 km/h, kleinere Lkw zwischen 3,5 und 7,5 t sowie Fernbusse. Das Gesetz
tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Fälligkeitstermine - April 2017
- Umsatzsteuer (mtl.), Lohn- u. Kirchenlohnsteuer, Soli.-Zuschlag (mtl.): 10.4.2017
- Sozialversicherungsbeiträge: 26.4.2017
Verzugszins / Basiszins
-
Verzugszinssatz ab 1.1.2002: (§ 288 BGB)
Rechtsgeschäfte mit Verbrauchern:
Basiszinssatz + 5-%-Punkte
Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen bis 28.7.2014):
Basiszinssatz + 8-%-Punkte
Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen ab 29.7.2014):
Basiszinssatz + 9-%-Punkte
zzgl. 40 € Pauschale -
Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB
maßgeblich für die Berechnung von Verzugszinsen
seit 01.07.2016 = - 0,88 %
01.01.2016 - 30.06.2016 - 0,83 %
01.07.2015 - 31.12.2015 - 0,83 %
01.01.2015 - 30.06.2015 - 0,83 %
01.07.2014 - 31.12.2014 - 0,73 %
01.01.2014 - 30.06.2014 - 0,63 %
01.07.2013 - 31.12.2013 - 0,38 %
http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Standardartikel/Bundesbank/Zinssaetze/basiszinssatz.html
Eventuelle Änderungen, die nach Ausarbeitung dieses Informationsschreibens erfolgen, können erst in der nächsten Ausgabe berücksichtigt werden!
Verbraucherpreisindex
Verbraucherpreisindex (2010 = 100)
2017 | Januar | 108,1 | ||||
Februar | 108,8 | |||||
März | ||||||
April | ||||||
Mai | ||||||
Juni | ||||||
Juli | ||||||
August | ||||||
September | ||||||
Oktober | ||||||
November | ||||||
Dezember |
2016 | Januar | 106,1 | 2015 | Januar | 105,5 | |
Februar | 106,5 | Februar | 106,5 | |||
März | 107,3 | März | 107,0 | |||
April | 106,9 | April | 107,0 | |||
Mai | 107,2 | Mai | 107,1 | |||
Juni | 107,3 | Juni | 107,0 | |||
Juli | 107,6 | Juli | 107,2 | |||
August | 107,6 | August | 107,2 | |||
September | 107,7 | September | 107,0 | |||
Oktober | 107,9 | Oktober | 107,0 | |||
November | 108,0 | November | 107,1 | |||
Dezember | 108,8 | Dezember | 107,0 |
Ältere Verbraucherpreisindizes finden Sie im Internet unter:
http://www.destatis.de - Konjunkturindikatoren - Verbraucherpreise
PDF-Version (das wichtigste) des Mandantenbriefes herunterladen.
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