Mandantenbrief November 2016
Siddhartha Gautama; 563 - 483 v. Chr., Begründer des Buddhismus
Gesetzgeber einigt sich bei der Reform des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts
Der Bundesrat hat am 14.10.2016 der Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer
zugestimmt. Inwieweit diese Neuregelungen den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts
entsprechen, wird sich erst zeigen müssen. Hier die Regelungsinhalte im
Einzelnen in Kurzform:
1. Verschonungsregeln: Wie bisher wird das begünstigte Betriebsvermögen
nach Wahl des Erwerbers zu 85 % oder zu 100 % von der Erbschaft- und Schenkungsteuer
befreit, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:
Entscheidet sich der Erwerber für die Verschonung in Höhe von 85
% des begünstigten Vermögens, muss er den Betrieb mindestens 5 Jahre
fortführen (Behaltensfrist) und nachweisen, dass die Lohnsumme innerhalb
dieser Zeit nach dem Erwerb insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet
(Lohnsummenregelung). Bei der Wahl der vollständigen Befreiung von der
Erbschaftsteuer zu 100 % muss der Erwerber die Behaltensfrist von 7 Jahren einhalten
und nachweisen, dass er insgesamt die Lohnsumme von 700 % in dieser Zeit nicht
unterschreitet (Lohnsummenregelung).
2. Kleine Unternehmen: Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten waren
bisher von der Lohnsummenregelung unabhängig von ihrer Größe
gänzlich ausgenommen. In Zukunft soll gelten:
Beschäftigte im Betrieb | Verschonung 5 Jahre Lohnsumme mindestens: |
Verschonung 7 Jahre Lohnsumme mindestens: |
bis zu 5
|
keine Prüfung
|
keine Prüfung
|
6 bis 10
|
250 %
|
500 %
|
11 bis 15
|
300 %
|
565 %
|
ab 16
|
400 %
|
700 %
|
3. Begünstigtes Vermögen: Zum Betriebsvermögen zählt alles, was der Betrieb braucht, wie z. B. Maschinen oder Fabrikhallen. Grundsätzlich nicht zum Betriebsvermögen zählt dagegen Verwaltungsvermögen - zum Beispiel Gebäude, die an Dritte vermietet wurden, oder Bargeld. Anders als Betriebsgrundstücke und Maschinen wird Verwaltungsvermögen nicht steuerlich verschont.
- Eine Komplettverschonung zu 100 % ist nur möglich, wenn der Anteil an dem im Betriebsvermögen enthaltenen Verwaltungsvermögen 20 % nicht übersteigt.
- Geld und geldwerte Forderungen (Finanzmittel) können zu 15 % zum steuerrechtlich begünstigten Vermögen gerechnet werden, um die notwendige Liquidität des Unternehmens zu sichern. Damit sog. Cash-Gesellschaften vermieden werden, muss das begünstigungsfähige Vermögen des Betriebs oder der nachgeordneten Gesellschaften aber nach seinem Hauptzweck dazu dienen, gewerbliche Einkünfte, Einkünfte aus selbstständiger Arbeit oder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu erzielen.
- Überschreitet das nicht begünstigte Verwaltungsvermögen 90 % des gesamten Betriebsvermögens, wird die Verschonung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer ausgeschlossen.
- Auch sämtliche Freizeit- und Luxusgegenstände (Kunstgegenstände, Yachten etc.), die typischerweise der privaten Lebensführung dienen, werden nicht begünstigt, wenn der Handel mit diesen Gegenständen, deren Herstellung oder Verarbeitung nicht der Hauptzweck des Gewerbebetriebs ist.
5. Förderung von Investitionen: Mittel aus einem Erbe, die gemäß dem vorgefassten Willen des Erblassers innerhalb von 2 Jahren nach seinem Tod für Investitionen in das Unternehmen getätigt werden, werden ebenfalls steuerrechtlich begünstigt. Für Schenkungen gilt diese Regelung nicht.
6. Wertabschlag für Familienunternehmen: Viele Familienunternehmer unterliegen im Gesellschaftsvertrag erheblichen Restriktionen bei der Entnahme von Gewinnen, bei der Übertragung von Beteiligungen oder im Falle des Ausscheidens aus dem Unternehmen. Für solche Unternehmen ist ein Bewertungsabschlag von bis zu 30 % vorgesehen, wenn entsprechende Regelungen im Gesellschaftsvertrag 2 Jahre vor dem Erbfall bzw. der Schenkung und 20 Jahre danach Bestand haben. Dazu muss die Satzung Bestimmungen enthalten, die die Entnahme oder Ausschüttung auf höchstens 37,5 % des Gewinns beschränken.
7. Große Betriebsvermögen: Nach dem bisherigen Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht galten die Verschonungsregeln auch bei der Übertragung von großen Betriebsvermögen, ohne dass geprüft wird, ob es überhaupt einer Verschonung bedarf.
Nunmehr ist ab einem begünstigten Vermögen von 26 Mio. € pro Erwerber eine individuelle Verschonungsbedarfsprüfung oder alternativ ein Verschonungsabschlagsmodell vorgesehen. Bei der Verschonungsbedarfsprüfung muss der Erwerber nachweisen, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuerschuld aus sonstigem nicht betrieblichen, bereits vorhandenem oder aus mit der Erbschaft oder Schenkung zugleich übergegangenem nicht begünstigtem Vermögen zu begleichen. Genügt dieses Vermögen nicht, um die Erbschaft- oder Schenkungsteuer betragsmäßig zu begleichen, wird die Steuer insoweit erlassen.
Als Alternative zur Verschonungsbedarfsprüfung ist ein Verschonungsabschlag möglich. Bei Vermögen über 26 Mio. € sinkt der Abschlag schrittweise, je höher das Betriebsvermögen ist. Der Verschonungsabschlag verringert sich um einen Prozentpunkt für jede 750.000 €, die der Erwerb oberhalb der Prüfschwelle von 26 Mio. € liegt. Bei Vermögen über 90 Mio. € entfällt jeder Abschlag.
8. Erweiterte Stundungsregelung: Die Zahlung der Erbschaftsteuer darf nach dem Willen des Gesetzgebers die Existenz des Unternehmens nicht gefährden, auch wenn dem Steuerpflichtigen bei der Bedarfsprüfung kein Steuererlass gewährt wird. Daher wird ein Rechtsanspruch auf eine voraussetzungslose Stundung bis zu 7 Jahren bei Erwerben von Todes wegen eingeführt. Die Stundung erfolgt für das erste Jahr zinslos und erstreckt sich auf die Steuer, die auf das begünstigte Vermögen unabhängig von dessen Wert entfällt. Danach erfolgt eine jährliche 6-%ige Verzinsung. Voraussetzung ist die Einhaltung der Lohnsummenregelung und der Behaltensfrist.
9. Inkrafttreten: Das neue Recht gilt rückwirkend für sämtliche Erwerbe, die nach dem 30.6.2016 erfolgen. *Die Regelung zur Vermögensbewertung (Punkt 4) gilt bereits rückwirkend zum 1.1.2016.
Anmerkung: Die Neuregelungen sind vielfältig und teilweise tückisch. Lassen Sie sich im Schenkungsfall und für den Erbfall intensiv beraten, bevor Sie die Weichen stellen!
Bonusprogramm mindert nicht den Sonderausgabenabzug
Erstattet eine gesetzliche Krankenkasse im Rahmen eines Bonusprogramms dem
Krankenversicherten die von ihm getragenen Kosten für Gesundheitsmaßnahmen,
mindern diese Zahlungen nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom
1.6.2016 nicht die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge.
Bonuszahlung der Krankenkassen führen nicht dazu, dass sich an der Beitragslast
der Versicherten zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes etwas ändert.
Die Zahlung hat ihren eigentlichen Rechtsgrund in einer Leistung der Krankenkasse,
nämlich der Erstattung der von den Versicherten getragenen gesundheitsbezogenen
Aufwendungen. Die Bonuszahlung steht nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit
den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes, sondern
stellt eine Erstattung der vom Steuerpflichtigen getragenen gesundheitsbezogenen
Aufwendungen dar.
Anmerkung: Mit diesem Urteil, das sich lediglich auf die Bonusvariante
in Form einer Kostenerstattung bezieht, widerspricht der BFH ausdrücklich
der Auffassung der Finanzverwaltung, die in allen Krankenkassenleistungen aufgrund
eines Bonusprogramms eine Beitragserstattung gesehen hat.
Ortsübliche Miete im Fall der verbilligten Überlassung von Wohnraum
Häufig werden Wohnungen an Kinder oder Eltern zu günstigeren Mietpreisen
als den ortsüblichen vermietet. Dabei gilt grundsätzlich zu beachten,
dass Mietverträge wie unter Fremden üblich abgeschlossen und die Durchführung
auch entsprechend erfolgen muss, wenn sie steuerlich berücksichtigt werden
sollen. Die durch die Vermietung bedingten Kosten können als Werbungskosten
geltend gemacht werden, wenn sie den Anforderungen des Einkommensteuergesetzes
entsprechen.
Seit dem Jahr 2012 gilt hier: Beträgt das Entgelt für die Überlassung
einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 66 % der ortsüblichen Marktmiete,
so ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen
Teil aufzuteilen. Entsprechend ist der Werbungskostenabzug anteilig zu kürzen.
Beträgt das Entgelt bei auf Dauer angelegter Wohnungsvermietung mindestens
66 % der ortsüblichen Miete, gilt die Wohnungsvermietung als entgeltlich
- die Werbungskosten können vollständig steuerlich angesetzt werden.
In einem vom Bundesfinanzhof (BFH) am 10.5.2016 entschiedenen Fall war zu klären,
was unter "ortsübliche Miete" zu verstehen ist. Die Vorinstanz
stellte fest, dass die Vergleichsmiete die ortsübliche Kaltmiete und nicht
die Warmmiete ist. Die Betriebskosten sind nicht in die Vergleichsrechnung einzubeziehen.
Das sah der BFH anders und stellte in seinem Urteil fest: Unter ortsüblicher
Miete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung ist die ortsübliche
Bruttomiete - d. h. die Kaltmiete zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung
umlagefähigen Kosten - zu verstehen.
Rückwirkende Rechnungsberichtigung nach einer Entscheidung des EuGH möglich
Eine Rechnung, die nicht alle vom Umsatzsteuergesetz geforderten Angaben enthält
(im entschiedenen Fall die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer), kann berichtigt
werden. Dafür sind die fehlenden Angaben durch ein Dokument, das spezifisch
und eindeutig auf die Rechnung bezogen ist, nachzureichen.
Die Berichtigung von Rechnungen wirkt jedoch nicht zurück, sondern für
den Zeitraum, in welchem dem Leistungsempfänger die berichtigte Rechnung
übermittelt wird. Wird der Vorsteuerabzug - z. B. im Rahmen einer Außenprüfung
- erst Jahre später versagt, führen Nachzahlungszinsen zu erheblichen
finanziellen Belastungen.
Das Niedersächsische Finanzgericht hatte Zweifel, ob diese Praxis, den
Vorsteuerabzug grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung
zuzulassen, mit dem Unionsrecht vereinbar ist, und hat die Frage dem Europäischen
Gerichtshof (EuGH) mit Beschluss vom 3.7.2014 vorgelegt.
Der EuGH stellt dazu fest, dass das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität
verlangt, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Anforderungen
erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Bedingungen
nicht genügt hat. So muss nach dieser Entscheidung des EuGH die Rechnungsberichtigung
mit Wirkung für die Vergangenheit zugelassen werden.
Anmerkung: Das Urteil des EuGH steht im Widerspruch zum deutschen Recht,
wonach bei der Berichtigung einer Rechnung das Recht auf Vorsteuerabzug erst
zum Berichtigungszeitpunkt ausgeübt werden kann. Der EuGH bezieht sich
in dieser Entscheidung nur auf die spätere Ergänzung der Rechnung
um die in der Ursprungsrechnung nicht enthaltene Steuernummer oder USt-IdNr.
Ob sich dieses Urteil auch auf andere fehlende oder fehlerhafte Rechnungsbestandteile
übertragen lässt, ist damit grundsätzlich noch nicht entschieden.
Hier könnte die Finanzverwaltung für Klarheit sorgen.
Kapitalausstattung von GmbH soll verbessert werden
Das Bundeskabinett hat am 14.9.2016 den "Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung
der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften" beschlossen.
Damit sollen die Rahmenbedingungen für die Kapitalausstattung und das weitere
Wachstum von Kapitalgesellschaften verbessert werden. Vor allem junge Unternehmen
mit innovativen Geschäftsmodellen sollen - durch Verbesserung ihrer Finanzierungsmöglichkeiten
- profitieren.
Seit 2008 ist die Nutzung von Verlustvorträgen nach einem Gesellschafterwechsel
(Mantelkauf) eingeschränkt. Künftig soll die steuerliche Verrechnung
von Verlusten bei Körperschaften neu ausgerichtet werden. Unternehmen,
die für ihre Finanzierung auf die Neuaufnahme oder den Wechsel von Anteilseignern
angewiesen sind, sollen jetzt nicht genutzte Verluste bei Anteilserwerben unter
bestimmten Voraussetzungen (sog. schädlicher Beteiligungserwerb) auf Antrag
weiterhin steuerlich berücksichtigen können, sofern sie denselben
Geschäftsbetrieb nach einem Anteilseignerwechsel fortführen.
Das Gesetz soll rückwirkend zum 1.1.2016 in Kraft treten. Der Antrag kann
voraussichtlich erstmals für nach dem 31.12.2015 erfolgende Beteiligungserwerbe
gestellt werden.
Fälligkeitstermine - November 2016
- Umsatzsteuer (mtl.), Lohn- u. Kirchenlohnsteuer, Soli.-Zuschlag (mtl.): 10.11.2016
- Gewerbesteuer, Grundsteuer: 15.11.2016
- Sozialversicherungsbeiträge: 28.11.2016
Verzugszins / Basiszins
-
Verzugszinssatz ab 1.1.2002: (§ 288 BGB)
Rechtsgeschäfte mit Verbrauchern:
Basiszinssatz + 5-%-Punkte
Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen bis 28.7.2014):
Basiszinssatz + 8-%-Punkte
Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen ab 29.7.2014):
Basiszinssatz + 9-%-Punkte
zzgl. 40 € Pauschale -
Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB
maßgeblich für die Berechnung von Verzugszinsen
seit 01.07.2016 = - 0,88 %
01.01.2016 - 30.06.2016 - 0,83 %
01.07.2015 - 31.12.2015 - 0,83 %
01.01.2015 - 30.06.2015 - 0,83 %
01.07.2014 - 31.12.2014 - 0,73 %
01.01.2014 - 30.06.2014 - 0,63 %
01.07.2013 - 31.12.2013 - 0,38 %
http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Standardartikel/Bundesbank/Zinssaetze/basiszinssatz.html
Eventuelle Änderungen, die nach Ausarbeitung dieses Informationsschreibens erfolgen, können erst in der nächsten Ausgabe berücksichtigt werden!
Verbraucherpreisindex
Verbraucherpreisindex (2010 = 100)
2016 | Januar | 106,1 | 2015 | Januar | 105,5 | |
Februar | 106,5 | Februar | 106,5 | |||
März | 107,3 | März | 107,0 | |||
April | 106,9 | April | 107,0 | |||
Mai | 107,2 | Mai | 107,1 | |||
Juni | 107,3 | Juni | 107,0 | |||
Juli | 107,6 | Juli | 107,2 | |||
August | 107,6 | August | 107,2 | |||
September | 107,7 | September | 107,0 | |||
Oktober | Oktober | 107,0 | ||||
November | November | 107,1 | ||||
Dezember | Dezember | 107,0 |
2014 | Januar | 105,9 | 2013 | Januar | 104,5 | |
Februar | 106,4 | Februar | 105,1 | |||
März | 106,7 | März | 105,6 | |||
April | 106,5 | April | 105,1 | |||
Mai | 106,4 | Mai | 105,5 | |||
Juni | 106,7 | Juni | 105,6 | |||
Juli | 107,0 | Juli | 106,1 | |||
August | 107,0 | August | 106,1 | |||
September | 107,0 | September | 106,1 | |||
Oktober | 106,7 | Oktober | 105,9 | |||
November | 106,7 | November | 106,1 | |||
Dezember | 106,7 | Dezember | 106,5 |
Ältere Verbraucherpreisindizes finden Sie im Internet unter:
http://www.destatis.de - Konjunkturindikatoren - Verbraucherpreise
Mehrkosten bei Eintritt eines Dritten in den Reisevertrag
Der Bundesgerichthof hatte sich in 2 Fällen mit der Frage zu befassen,
ob der Reiseveranstalter bei Eintritt eines Dritten in den Reisevertrag den
Kunden mit Mehrkosten belasten darf, die sich daraus ergeben, dass Luftverkehrsunternehmen
nach bestätigter Buchung keinen Wechsel in der Person des Fluggastes ("name
change") zulassen und deshalb eine neue Flugbuchung erfordern.
- Im ersten Fall buchte ein Sohn für seine Eltern eine einwöchige
Reise von Hamburg nach Dubai zu einem Gesamtpreis von 1.398 €. Der Flug
zum Reiseziel sollte mit einer Linienfluggesellschaft erfolgen. Wegen einer
Erkrankung seiner Mutter erkundigte sich der Sohn 2 Tage vor Abflug nach den Bedingungen eines Eintritts zweier
anderer Personen in den Reisevertrag. Der Reiseveranstalter teilte ihm mit,
dass eine Umbuchung entweder den Erwerb von Business-Class-Tickets mit Mehrkosten
in Höhe von 1.850 € pro Person oder neuer Economy-Class-Tickets
mit einer anderen Abflugzeit und Mehrkosten in Höhe von 725 € pro
Person erfordere. Der Sohn trat daraufhin vom Reisevertrag zurück.
- Im zweiten Fall buchte ein Paar eine zehntägige Reise von Berlin nach
Phuket (Thailand) zu einem Gesamtpreis von 2.470 €. Auch hier sollte
der Flug mit einer Linienfluggesellschaft erfolgen. Wegen einer Erkrankung
des Mannes bat die Frau 2 Tage vor Abflug um den Eintritt zweier anderer Personen
in den Reisevertrag. Der Reiseveranstalter teilte ihr mit, dass eine Umbuchung
den Erwerb neuer Flugtickets mit Mehrkosten in Höhe von 1.648 €
pro Person erfordere. Das Paar trat daraufhin vom Reisevertrag zurück.
In beiden Fällen stellte der Reiseveranstalter den Kunden eine Rücktrittsentschädigung in Höhe von 85 bzw. 90 % des Reisepreises in Rechnung und zahlte nur den restlichen Reisepreis zurück.
Der BGH kam in seinen Entscheidungen vom 27.9.2016 zu dem Entschluss, dass der Reiseveranstalter dem Kunden zwar die Übertragung des Anspruchs auf die Reiseleistungen auf einen Dritten ermöglichen muss. Hierdurch entstehende Mehrkosten muss er jedoch nicht selbst tragen, sondern kann den Kunden und den Dritten damit belasten. Er ist auch nicht gezwungen, die vertraglichen Reiseleistungen so zu gestalten, dass sie für den Kunden möglichst kostengünstig auf einen Dritten übertragbar sind.
Auch wenn die Kosten insbesondere den Eintritt eines Dritten kurz vor Reisebeginn wirtschaftlich unattraktiv machen können, rechtfertigt dieser Umstand es nicht, derartige Mehrkosten den Reiseveranstalter tragen zu lassen.
Fristlose Kündigung aufgrund fingierter Pfandrücknahme
In einem von Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG) am 7.12.2015 entschiedenen
Fall verbuchte ein Supermarkt erhebliche Inventurverluste, die auf einen Diebstahl
durch Mitarbeiter hindeuteten. Daraufhin wurden verdeckte Videoüberwachungen
durchgeführt. Der Betriebsrat stimmte dieser Überwachung unter der
Bedingung zu, dass eine Sichtung und Auswertung der Videoaufzeichnungen in seinem
Beisein vorgenommen werden.
Zufällig wurde dann auf einer Videosequenz entdeckt, dass die stellvertretende
Filialleiterin - zugleich auch als Kassiererin tätig - eine Pfandrücknahme
manipuliert hatte, um sich dadurch ein Pfandgeld von 3,25 € auszuzahlen.
Der daraufhin ausgesprochenen fristlosen Kündigung stimmte der Betriebsrat
zu, obwohl er bei der Auswertung der Videosequenz nicht dabei war.
Das LAG entschied dazu: Erstellt ein Arbeitnehmer einen falschen Pfandbon,
um sich unter Verletzung des Vermögens seines Arbeitgebers das Pfandgeld
rechtswidrig zuzueignen, ist der mit einer derartigen Pflichtverletzung verbundene
Vertrauensbruch auch bei einem geringfügigen Schaden jedenfalls dann besonders
gravierend, wenn der betreffende Arbeitnehmer gerade damit betraut ist, die
Vermögensinteressen des Arbeitgebers zu wahren, wie dies bei einer Kassiererin
der Fall ist.
Der Verstoß gegen eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat, eine Videoüberwachung
nur im Beisein des Betriebsrats auszuwerten, führt jedenfalls dann nicht
zu einem Beweisverwertungsverbot, wenn er der Verwendung als Beweismittel und
der darauf gestützten Kündigung zustimmt und die Beweisverwertung
nach den allgemeinen Grundsätzen gerechtfertigt ist.
Bei im Rahmen einer Videoüberwachung sich ergebenden "Zufallsfunden"
muss das Beweisinteresse des Arbeitgebers höher zu gewichten sein als das
Interesse des Arbeitnehmers an der Achtung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Nachliefern oder Nachbessern - Wahlrecht des Käufers beim Fahrzeugkauf
Bietet der Verkäufer eines mangelhaften Fahrzeugs dem Käufer eine
Nachbesserung an, kann der Käufer anstelle der Nachbesserung regelmäßig
noch eine Nachlieferung verlangen, wenn er die Nachbesserung nicht verlangt
und sich über diese nicht mit dem Verkäufer verständigt hat.
Das hat das Oberlandesgericht Hamm (OLG) in seinem Urteil vom 21.7.2016 entschieden.
Dieser Entscheidung lag folgender Sachverhalt zugrunde: Eine Käuferin
erwarb im Juni 2013 von einem Autohaus einen fabrikneuen Pkw zum Kaufpreis von
ca. 16.300 €. Im Dezember 2013 erhielt sie Kenntnis von einem Transportschaden
am Auspuffrohr und Tank des Fahrzeugs, der bereits bei der Fahrzeugübergabe
vorhanden und nicht fachgerecht behoben worden war. Das Autohaus bot ihr eine
kostenfreie Schadensbeseitigung an. Auf die ließ sie sich nicht ein, weil
das Autohaus eine zusätzliche Minderung des Kaufpreises ablehnte. Daraufhin
verlangte die Frau unter Fristsetzung die Nachlieferung eines mangelfreien Fahrzeugs
und erklärte den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Die Richter des OLG haben das Autohaus - unter Anrechnung eines Nutzungsvorteils
von ca. 2.850 € - zur Rückzahlung des Kaufpreises und Erstattung der
Zulassungskosten in Höhe von zusammen ca. 13.600 € gegen Rückgabe
des Fahrzeugs verurteilt. Die Käuferin sei, so das Gericht, wirksam vom
Vertrag zurückgetreten.
Verlust von Ansprüchen bei Abnahme eines Hauses trotz Kenntnis eines Mangels
Ist ein Werk mangelhaft, kann der Besteller u. a. Nacherfüllung verlangen,
den Mangel selbst beseitigen und Ersatz der erforderlichen Aufwendungen verlangen,
von dem Vertrag zurücktreten oder die Vergütung mindern.
Ihm steht dann jedoch kein Anspruch auf Ersatz der Mängelbeseitigungskosten
zu, wenn er das Werk trotz eines erkannten Mangels übernimmt ohne diesen
zu rügen bzw. sich Mängelgewährleistungsrechte vorzubehalten.
Nach Auffassung des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein würde es sich
als widersprüchlich darstellen, wenn zum einen das Werk bei Kenntnis des
Mangels ohne Rüge bei Abnahme als vertragsgerecht angesehen würde,
zum anderen aber später ein Anspruch auf Erstattung der Mittel zur Mängelbeseitigung
bestünde. Ein Anspruch auf Ersatz von Schäden, die aufgrund des Mangels
erst später eintreten (sog. Mangelfolgeschäden), bleibt jedoch bestehen.
Im entschiedenen Fall kaufte ein Ehepaar eine in Bau befindliche Doppelhaushälfte.
Im Bauprospekt war angegeben: "Alle Fenster werden mit einem Rollladensystem
ausgestattet." Der Hauserwerber hatte mit dem Elektriker die Lage der Schalter
für die Rollläden geplant und bei Abnahme die Rollläden im Erdgeschoss
getestet. Dass die Rollläden im Obergeschoss fehlten, war deutlich sichtbar,
wurde aber nicht gerügt.
Eigenbedarfskündigung bei bestehender Verkaufsabsicht
Nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Vermieter
nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des
Mietverhältnisses hat. Dieses liegt u. a. vor, wenn der Vermieter die Wohnung
für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts
benötigt (sog. Eigenbedarfskündigung). Im Falle eines vorgeschobenen
Eigenbedarfs kann der Vermieter gegenüber dem Mieter zu Schadensersatz
verpflichtet sein.
Eine Eigenbedarfskündigung kann nach Auffassung des Bundesgerichtshofs
in seinem Beschluss vom 10.5.2016 auch dann vorgeschoben sein, wenn ein Vermieter
seit Längerem Verkaufsabsichten hegt und der von ihm benannten Eigenbedarfsperson
den Wohnraum in der Erwartung vermietet, diese im Falle eines Verkaufs ohne
Schwierigkeiten zum Auszug bewegen zu können. Darauf, ob die Eigenbedarfsperson
die Verkaufsabsichten des Vermieters kennt, kommt es nicht an.
Im entschiedenen Fall hatte ein Vermieter das Mietverhältnis unter Berufung
auf einen Eigenbedarf seines Neffen am 15.11.2010 schriftlich gekündigt.
In der nachfolgenden Räumungsklage wurde den Mietern eine Räumungsfrist
bis zum 31.12.2012 gewährt. Die Mieter zogen jedoch bereits zum 31.7.2012
aus. Anschließend bewohnte der Neffe das Haus. Im April 2013 wurde das
Haus dann an einen Dritten veräußert, für den im selben Monat
eine Auflassungsvormerkung eingetragen wurde.
Die ehemaligen Mieter des Wohnhauses hielten den Eigenbedarf für vorgeschoben.
Ihrer Ansicht nach hatte der Vermieter von Anfang die Absicht, das Wohnhaus
gewinnbringend zu veräußern. Die Mieter haben vorgetragen, dass beginnend
ab dem Jahr 2008 das Haus zum Verkauf angeboten wurde. Diese Verkaufsbemühungen
hätten auch nach dem Ausspruch der Eigenbedarfskündigung angedauert
und seien schließlich im April 2013 von Erfolg gekrönt gewesen.
Mieterhöhungsverlangen auch ohne einschlägigen Mietspiegel
In einem vom Bundesgerichtshof (BGH) am 26.4.2016 entschiedenen Fall verlangte
der Vermieter eines Reihenendhauses in Bezug auf den für die Stadt gültigen
Mietspiegel von seinem Mieter eine Mieterhöhung. Dieser war allerdings
der Auffassung, dass der Mietspiegel nicht herangezogen werden kann, da im Mietspiegel
ausdrücklich ausgeführt ist, dass er "auf Wohnungen in Ein- und
Zweifamilienhäusern sowie Reihenhäusern" nicht anwendbar ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH dürfen an die Begründung
eines Mieterhöhungsverlangens keine überhöhten Anforderungen
gestellt werden. Denn Zweck des Begründungserfordernisses ist es (lediglich),
dem Mieter im Interesse einer außergerichtlichen Einigung Tatsachen mitzuteilen,
die es dem Mieter ermöglichen, die vom Vermieter begehrte Mieterhöhung
- zumindest ansatzweise - auf ihre Berechtigung überprüfen zu können.
So genügt es regelmäßig, wenn der Vermieter in dem Erhöhungsverlangen
die ortsübliche Vergleichsmiete angibt und - soweit ein Mietspiegel als
Begründungsmittel herangezogen wird - die nach seiner Auffassung einschlägigen
Kategorien des Mietspiegels benennt.
Enthält ein Mietspiegel für die Bestimmung der ortsüblichen
Vergleichsmiete für Wohnungen in Ein- oder Zweifamilienhäusern beziehungsweise
Reihenhäusern keine Daten, sind damit die für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern
angegebenen Entgelte nicht geeignet, eine Indizwirkung für die gerichtliche
Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete für solche Wohnungen zu
entfalten, die sich in Ein- oder Zweifamilienhäusern beziehungsweise in
Reihenhäusern befinden. Sehr wohl aber können die in derartigen Mietspiegeln
genannten Entgelte dem Mieter eine "Orientierungshilfe" für die
Einschätzung geben, ob die vom Vermieter für eine Wohnung in einem
- wie im vorliegenden Fall - Reihenendhaus (neu) verlangte Miete der ortsüblichen
Vergleichsmiete entspricht, weil für derartige Wohnungen gezahlte Mieten
erfahrungsgemäß über den Mieten liegen, die für Wohnungen
in Mehrfamilienhäusern mit vergleichbaren Wohnwertmerkmalen gezahlt werden.
Getrennt lebende Eheleute - Kosten für Dachsanierung bei gemeinsamem Haus
In einem vom Oberlandesgericht Brandenburg (OLG) am 15.12.2015 entschiedenen
Fall lebte ein Ehepaar voneinander getrennt. Die Ehefrau war aus dem je zu hälftigem
Miteigentum der Beteiligten stehenden Einfamilienhaus ausgezogen. Der Ehemann
wohnt dort weiterhin. Er hielt, aufgrund von undichten Stellen, eine Dachsanierung
für notwendig. Die Ehefrau verweigerte die Zustimmung. Trotzdem ließ
er das Dach reparieren und verlangte von seiner Frau Ersatz der entstandenen
Kosten entsprechend ihrem Anteil am Haus.
Aufgrund des Miteigentums beider Ehepartner an dem Grundstück besteht
eine sog. Bruchteilsgemeinschaft. Daher ist jeder Teilhaber den anderen Teilhabern
gegenüber verpflichtet, die Lasten des gemeinschaftlichen Gegenstands sowie
die Kosten der Erhaltung, der Verwaltung und einer gemeinschaftlichen Benutzung
nach dem Verhältnis seines Anteils zu tragen. Zu den Kosten des gemeinschaftlichen
Gegenstands zählen sämtliche vermögensmindernden Maßnahmen,
d. h. Aufwendungen zur Erhaltung, Verwaltung und gemeinschaftlichen Benutzung
des Gegenstandes, insbesondere Reparatur- oder Umbaumaßnahmen am Objekt.
Gerechtfertigt sind die Kosten, wenn die Teilhaber die Zustimmung erklärt
haben oder die Maßnahme notwendig war.
Ist das gemeinschaftliche Haus reparaturbedürftig und führt das Unterlassen
der Reparatur dazu, dass das Haus auf lange Sicht an Wert verliert, so ist der
Teilhaber berechtigt, die erforderlichen Reparaturen auch gegen den Widerstand
der anderen Teilhaber durchzuführen. Die Befugnis ist also nicht auf reine
Eilmaßnahmen begrenzt. Es genügt, dass ohne die Maßnahme der
Bestand der Sache auf längere Sicht bedroht ist und dass es wirtschaftlich
vernünftig ist, die Maßnahme, die auf Dauer doch nicht unterbleiben
kann, hier und jetzt vorzunehmen.
Das OLG stellte hierzu fest, dass die Maßnahmen zum Erhalt der Substanz
und des Sachwerts notwendig waren und die Ehefrau ihren Kostenanteil leisten
muss.
Bonusprogramm mindert nicht den Sonderausgabenabzug
Erstattet eine gesetzliche Krankenkasse im Rahmen eines Bonusprogramms dem
Krankenversicherten die von ihm getragenen Kosten für Gesundheitsmaßnahmen,
mindern diese Zahlungen nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom
1.6.2016 nicht die als Sonderausgaben abziehbaren Krankenversicherungsbeiträge.
Bonuszahlung der Krankenkassen führen nicht dazu, dass sich an der Beitragslast
der Versicherten zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes etwas ändert.
Die Zahlung hat ihren eigentlichen Rechtsgrund in einer Leistung der Krankenkasse,
nämlich der Erstattung der von den Versicherten getragenen gesundheitsbezogenen
Aufwendungen. Die Bonuszahlung steht nicht im unmittelbaren Zusammenhang mit
den Beiträgen zur Erlangung des Basiskrankenversicherungsschutzes, sondern
stellt eine Erstattung der vom Steuerpflichtigen getragenen gesundheitsbezogenen
Aufwendungen dar.
Anmerkung: Mit diesem Urteil, das sich lediglich auf die Bonusvariante
in Form einer Kostenerstattung bezieht, widerspricht der BFH ausdrücklich
der Auffassung der Finanzverwaltung, die in allen Krankenkassenleistungen aufgrund
eines Bonusprogramms eine Beitragserstattung gesehen hat.
Ortsübliche Miete im Fall der verbilligten Überlassung von Wohnraum
Häufig werden Wohnungen an Kinder oder Eltern zu günstigeren Mietpreisen
als den ortsüblichen vermietet. Dabei gilt grundsätzlich zu beachten,
dass Mietverträge wie unter Fremden üblich abgeschlossen und die Durchführung
auch entsprechend erfolgen muss, wenn sie steuerlich berücksichtigt werden
sollen. Die durch die Vermietung bedingten Kosten können als Werbungskosten
geltend gemacht werden, wenn sie den Anforderungen des Einkommensteuergesetzes
entsprechen.
Seit dem Jahr 2012 gilt hier: Beträgt das Entgelt für die Überlassung
einer Wohnung zu Wohnzwecken weniger als 66 % der ortsüblichen Marktmiete,
so ist die Nutzungsüberlassung in einen entgeltlichen und einen unentgeltlichen
Teil aufzuteilen. Entsprechend ist der Werbungskostenabzug anteilig zu kürzen.
Beträgt das Entgelt bei auf Dauer angelegter Wohnungsvermietung mindestens
66 % der ortsüblichen Miete, gilt die Wohnungsvermietung als entgeltlich
- die Werbungskosten können vollständig steuerlich angesetzt werden.
In einem vom Bundesfinanzhof (BFH) am 10.5.2016 entschiedenen Fall war zu klären,
was unter "ortsübliche Miete" zu verstehen ist. Die Vorinstanz
stellte fest, dass die Vergleichsmiete die ortsübliche Kaltmiete und nicht
die Warmmiete ist. Die Betriebskosten sind nicht in die Vergleichsrechnung einzubeziehen.
Das sah der BFH anders und stellte in seinem Urteil fest: Unter ortsüblicher
Miete für Wohnungen vergleichbarer Art, Lage und Ausstattung ist die ortsübliche
Bruttomiete - d. h. die Kaltmiete zuzüglich der nach der Betriebskostenverordnung
umlagefähigen Kosten - zu verstehen.
Neue Regelungen für Spendennachweise ab 2017
Nachdem im Juni auch der Bundesrat dem viel diskutierten Gesetz zur Modernisierung
des Besteuerungsverfahrens zugestimmt hat, ist dieses am 22.7.2016 im Bundesgesetzblatt
verkündet worden. Im Rahmen der beschlossenen Vereinfachungen bei der Erstellung
der Einkommensteuerklärungen sind auch die Regelungen über die Spendennachweise
geändert worden. Die Änderungen gelten für alle Zuwendungen der
Steuerpflichtigen, die dem Zuwendungsempfänger nach 2016 zufließen.
Künftig hat der Steuerpflichtige die Zuwendungsbestätigungen nur
noch nach Aufforderung durch das Finanzamt vorzulegen. Die Nachweise müssen
allerdings vom Zuwendungsempfänger noch ein Jahr nach Bekanntgabe des Bescheides
aufbewahrt werden, denn so lange kann das Finanzamt die Vorlage der Nachweise
anfordern.
Beispiel: Für Besteuerungszeiträume ab 2018 ist die Abgabefrist bis
zum Ende des Februars des zweiten auf den Besteuerungszeitraum folgenden Kalenderjahrs
verlängert worden, sofern ein Berater mit der Erstellung seiner Einkommensteuererklärung
beauftragt wurde. Der Berater gibt die Steuererklärung für 2018 beispielsweise
Mitte Februar 2020 ab. Der Bescheid wird am 15.5.2020 bekanntgegeben. Die Aufbewahrungspflicht
für die Zuwendungsbestätigung 2018 läuft bis zum 15.6.2021.
Anmerkung: Der Zuwendungsempfänger, z. B. ein gemeinnütziger Verein,
kann die Zuwendungsbestätigung aber auch elektronisch an das Finanzamt
übermitteln, wenn ihn der Spender dazu bevollmächtigt. Für die
Datenübertragung hat der Zuwendungsempfänger Zeit bis Ende Februar
des Folgejahres nach Ablauf des Besteuerungszeitraums. Dieses automatisierte
Verfahren bringt den Vorteil, dass der Zuwendende keine Bestätigung über
die Zuwendung aufbewahren muss und der Empfänger kein Doppel. Der Spender
kann einen Nachweis, z. B. einen Ausdruck der übermittelten Daten, vom
Zuwendungsempfänger erhalten.
Sammelauskunftsersuchen der Steuerfahndung
Ein Sammelauskunftsersuchen an ein Presseunternehmen kann nach Auffassung des
Bundesfinanzhofs (BFH) rechtmäßig sein. Die Steuerfahndung darf daher
von einem Zeitungsverlag die Übermittlung von Personen- und Auftragsdaten
zu den Auftraggebern einer bestimmten Anzeigenrubrik verlangen. Der BFH sieht
in seiner Entscheidung vom 12.5.2016 hierin keinen Verstoß gegen die grundrechtlich
geschützte Pressefreiheit.
Zwar umfasst der Schutzbereich der Pressefreiheit grundsätzlich auch den
Anzeigenteil von Presseerzeugnissen. Von der Pressefreiheit geschützt sind
aber nur solche Anzeigen, die für die öffentliche Meinungsbildung
bedeutsam sind oder der Kontrollfunktion der Presse dienen. Allein die wirtschaftliche
Bedeutung der Anzeigen für das Presseerzeugnis führt ebenfalls nicht
zur Unvereinbarkeit mit dem Grundgesetz, da nur relativ wenige Anzeigen von
dem Auskunftsersuchen betroffen sind.
Einschränkungen bestehen aber nach Auffassung des BFH für Auskunftsersuchen,
die eine in die Zukunft gerichtete Verpflichtung enthalten, laufende Auskünfte
zu erteilen. Diese bedürfen einer besonderen Begründung der Ermessensentscheidung.
Zudem muss zur Wahrung der Verhältnismäßigkeit ein besonderes
Ermittlungsbedürfnis bestehen.
Regelung zu den "Nachzahlungszinsen" erneut vor dem Bundesfinanzhof
Führt die Festsetzung der Einkommensteuer zu einer Nachzahlung, fallen
Nachzahlungszinsen an. Der Zinslauf beginnt 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahrs,
in dem die Steuer entstanden ist. Die Zinsen betragen für jeden vollen
Monat 0,5 %, im Jahr also 6 %.
Die Verzinsung ist unabhängig von einem Verschulden des Finanzamts oder
des Steuerpflichtigen. Zweck der Regelungen ist es, einen Ausgleich dafür
zu schaffen, dass die Steuern bei den einzelnen Steuerpflichtigen zu unterschiedlichen
Zeitpunkten festgesetzt und fällig werden. Mithilfe der sog. Vollverzinsung
sollen Liquiditätsvorteile, die dem Steuerpflichtigen oder dem Fiskus aus
dem verspäteten Erlass eines Steuerbescheides objektiv oder typischerweise
entstanden sind, ausgeglichen werden.
Nachzahlungszinsen können jedoch ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn
deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre. Eine verzögerte
Bearbeitung des Steuerfalles durch das Finanzamt stellt nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs regelmäßig keinen sachlichen
Billigkeitsgrund dar.
Grundsätzlicher Streitpunkt in der Praxis ist insbesondere die Höhe
der Verzinsung, die bei vielen Steuerpflichtigen aufgrund des seit vielen Jahren
niedrigen Zinsniveaus dazu führt, den gesetzlichen Zins von 6 % im Jahr
als unangemessen anzusehen.
Dazu hat das Finanzgericht Thüringen in seinem Urteil vom 22.4.2015 entschieden,
dass es keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegen die Höhe des Zinssatzes
bei Zinslauf bis November 2011 hat. Auch der Bundesfinanzhof (BFH) bestätigte
bereits mit Urteil vom 1.7.2014 und 14.4.2015 diese Auffassung. Das Finanzgericht
Düsseldorf kommt in seiner Entscheidung vom 10.3.2016 zu dem Entschluss,
dass der gesetzliche Zins sich für den Zeitraum April bis Juli 2013 beim
Vergleich mit den Marktzinsen noch in einem der wirtschaftlichen Realität
angemessenen Rahmen hielt, hat aber gleichzeitig die Revision zum BFH zugelassen.
Anmerkung: Nunmehr sind die Verfahren des Thüringer FG (BFH-Az.
I R 77/15) und des FG Düsseldorf (BFH-Az. III R 10/16) vor dem BFH anhängig.
Betroffene Steuerpflichtige können wegen der Höhe der Nachzahlungszinsen
Einspruch einlegen und das Ruhen des Verfahrens mit Hinweis auf die beim BFH
anhängigen Verfahren beantragen.
Steuererklärung in Papier nicht mehr anerkannt - Verspätungszuschlag fällig
In einer Pressemitteilung informiert das Landesamt für Steuern in Rheinland-Pfalz,
dass ab diesem Jahr die Finanzverwaltung konsequent in Papierform abgegebene
Steuererklärungen ablehnt.
Grund: Die gesetzliche Pflicht zur elektronischen Abgabe besteht für Gewerbetreibende,
Land- und Forstwirte sowie Privathaushalte mit Photovoltaikanlagen oder Gewinneinkünften
aus Nebenerwerb über 410 €, wie z. B. Nebenerwerbslandwirten, bereits
seit 2011.
Liegt kein Härtefall vor, so wird eine in Papierform eingereichte Erklärung
als nicht abgegeben gewertet. Entsprechend muss mit Verspätungszuschlägen
gerechnet werden. Der Verspätungszuschlag kann bis zu 10 % der festgesetzten
Steuer betragen und wird nach Ablauf der Abgabefrist erhoben.
Anmerkung: Als Härtefall gilt, wer beispielsweise die erforderliche
technische Ausstattung mit PC und Internetanschluss nur mit erheblichem finanziellen
Aufwand anschaffen kann oder dessen Kenntnisse und persönlichen Fähigkeiten
zum Umgang damit nicht oder nur eingeschränkt vorhanden sind.
Abfindungszahlung an Erbprätendenten als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig
In seiner Entscheidung vom 7.9.2016 stellt der Bundesfinanzhof (BFH) fest,
dass die Abfindungszahlung, die der Erbe an den weichenden Erbprätendenten
zur Beendigung eines gerichtlichen Rechtsstreits wegen Klärung der Erbenstellung
entrichtet, als Nachlassverbindlichkeit abzugsfähig ist.
Ein Abzug von Erwerbskosten als Nachlassverbindlichkeiten setzt einen unmittelbaren
Zusammenhang mit der Erlangung des Erwerbs voraus. Der Begriff der Erwerbskosten
ist dabei grundsätzlich weit auszulegen. Nach dem Urteil des BFH hängen
Kosten, die dem letztendlich bestimmten Erben infolge eines Rechtsstreits um
die Erbenstellung entstehen, regelmäßig unmittelbar mit der Erlangung
des Erwerbs zusammen.
Zweites Bürokratieentlastungsgesetz auf den Weg gebracht
Mit dem Entwurf für ein Zweites Bürokratieentlastungsgesetz (BEG
II) sollen kurzfristig greifende und spürbare Erleichterungen für
die Wirtschaft geschaffen werden. Ziel ist es solche Unternehmen zu entlasten,
die typischerweise am meisten von Bürokratie betroffen sind. Dazu gehören
kleine Betriebe mit 2-3 Mitarbeitern. Dafür sind folgende Änderungen
vorgesehen:
Anhebung der Grenze für Rechnungen über Kleinbeträge von 150
€ auf 200 €, der Grenzbeträge zur quartalsweisen Abgabe der Lohnsteuer-Anmeldung
von 4.000 € auf 5.000 € und der Kleinunternehmergrenze für die
Umsatzsteuer von 17.500 € auf 20.000 €.
Geplant ist auch eine Anpassung im Sozialgesetzbuch bei der Fälligkeitsregelung
für Gesamtsozialversicherungsbeiträge. Danach entfällt die Schätzung
der Werte bei bestimmten Unternehmen. Beiträge, deren tatsächlicher
Wert für den aktuellen Monat noch nicht bekannt sind, können nach
dem Wert für den Vormonat festgelegt werden. Das Verfahren wird zwar heute
auch schon angewandt, soll aber in Zukunft bei viel mehr Unternehmen anwendbar
sein.
Zudem sind Erleichterungen bei der Aufbewahrung von Lieferscheinen in der Abgaben-ordnung
vorgesehen. Demnach endet die Aufbewahrungsfrist bei empfangenen Lieferscheinen,
die keine Buchungsbelege darstellen, mit dem Erhalt der Rechnung bzw. für
abgesandte Lieferscheine mit dem Versand der Rechnung.
Des Weiteren sind Anpassungen der Handwerksordnung vorgesehen, um der fortschreitenden
Digitalisierung im Handwerk zusätzlichen Schub zu verleihen, sowie die
Bereitstellung von Leistungsinformationen zur Verwendung auf Bundes-, Länder-
und Kommunalportalen durch eine Änderung des E-Governement-Gesetzes.
Anmerkung: Die Neuregelungen des BEG II sollen zum 1.1.2017 in Kraft
treten. Sicherlich werden sich während des Gesetzgebungsverfahrens noch
ein paar Änderungen und Ergänzungen ergeben. Über die endgültigen
Festlegungen informieren wir Sie bei Verabschiedung des Gesetzes.
Sonderzahlungen und gesetzlicher Mindestlohn
In seinem Urteil vom 25.5.2016 hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) die für
die Praxis sehr relevante Frage zu entscheiden, ob neben dem vereinbarten Stundenlohn
geleistete Sonderzahlungen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld den gesetzlichen
Mindestlohn von 8,50 € pro Stunde erhöhen oder hierauf anzurechnen
sind. Dabei kam es zu dem Entschluss, dass solche Zahlungen, die auf das ganze
Jahr jeweils 1/12 monatlich vorbehaltlos verteilt werden, auf den gesetzlichen
Mindestlohn anzurechnen sind.
Im entschiedenen Fall sah der Arbeitsvertrag neben einem Monatsgehalt besondere
Lohnzuschläge sowie Urlaubs- und Weihnachtsgeld vor. Das Unternehmen schloss
mit dem Betriebsrat eine Betriebsvereinbarung über die Auszahlung der Jahressonderzahlungen.
Danach zahlte es den Beschäftigten allmonatlich neben dem Bruttogehalt
jeweils 1/12 des Urlaubs- und des Weihnachtsgelds in der Summe brutto aus.
Eine Arbeitnehmerin machte geltend, ihr Monatsgehalt und die Jahressonderzahlungen
müssten ebenso wie die vertraglich zugesagten Zuschläge für Mehr-,
Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit auf der Basis des gesetzlichen Mindestlohns
i. H. v. 8,50 € brutto/Stunde geleistet werden. Das BAG sah dies anders.
Anmerkung: Die Bundesländer Brandenburg, Hamburg, Thüringen,
Nordrhein-Westfalen und Bremen setzen sich mit einem Entschließungsantrag
dafür ein, dass Arbeitgeber Sonderzahlungen, Zulagen und Prämien nicht
auf den Mindestlohn anrechnen dürfen. Dieser solle nur das reine Grundentgelt
pro Stunde enthalten. Urlaubs- und Weihnachtsgeld, Erschwernis-, Überstunden-,
Nacht- und Wochenendzuschläge dürften ebenso wenig berücksichtigt
werden wie Familienzuschläge, vermögenswirksame Leistungen und sonstige
Prämien. Die 5 Länder haben die Bundesregierung aufgefordert, das
Mindestlohngesetz um eine entsprechende Klarstellung zu ergänzen. Damit
sollen alle Betroffenen Rechtssicherheit erhalten. Die jüngste Rechtsprechung
des Bundesarbeitsgerichts zur Anrechenbarkeit von Zuschlägen habe zu Verunsicherung
geführt. Es bestehe die Gefahr, dass Arbeitgeber den Zweck des Mindestlohns
umgehen könnten. Die geforderte gesetzliche Klarstellung soll künftig
Manipulationen bei der Berechnung des Mindestlohns verhindern.
Geplante Erhöhung des Mindestlohns auf 8,84 € je Zeitstunde
Die Mindestlohn-Kommission hat einstimmig beschlossen, den gesetzlichen Mindestlohn
ab dem 1.1.2017 auf 8,84 € brutto je Zeitstunde festzulegen. Sie hat
sich am Tarifindex des Statistischen Bundesamtes orientiert. Dieser berücksichtigt,
welche Tariferhöhungen von Januar 2015 bis einschließlich Juni 2016
erstmals gezahlt werden. Der Beschluss wird der Bundesregierung vorgelegt, damit
er als Rechtsverordnung ab 1.1.2017 verbindlich werden könnte.
Am 31.12.2016 läuft die Übergangsregelung aus, die erlaubt, tarifvertraglich
vom Mindestlohn abzuweichen. Übergangsweise gelten noch in der Land- und
Forstwirtschaft, im Gartenbau und in der ostdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie
niedrigere Mindestlöhne. Spätestens zum 1.1.2017 müssen die Beschäftigten
auch hier mindestens 8,50 € bekommen. Ab dem 1.1.2018 soll der von der
Mindestlohnkommission neu festgesetzte Mindestlohn gelten.
Zwei Sonderregelungen gibt es für Zeitungsausträger und Saisonkräfte:
Zeitungsausträger müssen 2016 mindestens 7,23 € brutto pro Stunde
bekommen (85 % des gesetzlichen Mindestlohns). Ab dem 1.1.2017 haben sie Anspruch
auf brutto 8,50 €. Ab dem 1.1.2018 gilt auch für Zeitungsausträger
dann der neu festgesetzte Mindestlohn. Für Saisonarbeitskräfte, zum
Beispiel Erntehelfer, gilt der gesetzliche Mindestlohn. Allerdings können
Saisonarbeiter kurzfristig statt 50 bis zu 70 Tage pro Jahr sozialabgabenfrei
arbeiten. Diese Regelung gilt noch bis Ende 2018.
Gesetzgeber einigt sich bei der Reform des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts
Der Bundesrat hat am 14.10.2016 der Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer
zugestimmt. Inwieweit diese Neuregelungen den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts
entsprechen, wird sich erst zeigen müssen. Hier die Regelungsinhalte im
Einzelnen in Kurzform:
1. Verschonungsregeln: Wie bisher wird das begünstigte Betriebsvermögen
nach Wahl des Erwerbers zu 85 % oder zu 100 % von der Erbschaft- und Schenkungsteuer
befreit, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:
Entscheidet sich der Erwerber für die Verschonung in Höhe von 85
% des begünstigten Vermögens, muss er den Betrieb mindestens 5 Jahre
fortführen (Behaltensfrist) und nachweisen, dass die Lohnsumme innerhalb
dieser Zeit nach dem Erwerb insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet
(Lohnsummenregelung). Bei der Wahl der vollständigen Befreiung von der
Erbschaftsteuer zu 100 % muss der Erwerber die Behaltensfrist von 7 Jahren einhalten
und nachweisen, dass er insgesamt die Lohnsumme von 700 % in dieser Zeit nicht
unterschreitet (Lohnsummenregelung).
2. Kleine Unternehmen: Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten waren
bisher von der Lohnsummenregelung unabhängig von ihrer Größe
gänzlich ausgenommen. In Zukunft soll gelten:
Beschäftigte im Betrieb | Verschonung 5 Jahre Lohnsumme mindestens: |
Verschonung 7 Jahre Lohnsumme mindestens: |
bis zu 5
|
keine Prüfung
|
keine Prüfung
|
6 bis 10
|
250 %
|
500 %
|
11 bis 15
|
300 %
|
565 %
|
ab 16
|
400 %
|
700 %
|
3. Begünstigtes Vermögen: Zum Betriebsvermögen zählt alles, was der Betrieb braucht, wie z. B. Maschinen oder Fabrikhallen. Grundsätzlich nicht zum Betriebsvermögen zählt dagegen Verwaltungsvermögen - zum Beispiel Gebäude, die an Dritte vermietet wurden, oder Bargeld. Anders als Betriebsgrundstücke und Maschinen wird Verwaltungsvermögen nicht steuerlich verschont.
- Eine Komplettverschonung zu 100 % ist nur möglich, wenn der Anteil an dem im Betriebsvermögen enthaltenen Verwaltungsvermögen 20 % nicht übersteigt.
- Geld und geldwerte Forderungen (Finanzmittel) können zu 15 % zum steuerrechtlich begünstigten Vermögen gerechnet werden, um die notwendige Liquidität des Unternehmens zu sichern. Damit sog. Cash-Gesellschaften vermieden werden, muss das begünstigungsfähige Vermögen des Betriebs oder der nachgeordneten Gesellschaften aber nach seinem Hauptzweck dazu dienen, gewerbliche Einkünfte, Einkünfte aus selbstständiger Arbeit oder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu erzielen.
- Überschreitet das nicht begünstigte Verwaltungsvermögen 90 % des gesamten Betriebsvermögens, wird die Verschonung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer ausgeschlossen.
- Auch sämtliche Freizeit- und Luxusgegenstände (Kunstgegenstände, Yachten etc.), die typischerweise der privaten Lebensführung dienen, werden nicht begünstigt, wenn der Handel mit diesen Gegenständen, deren Herstellung oder Verarbeitung nicht der Hauptzweck des Gewerbebetriebs ist.
5. Förderung von Investitionen: Mittel aus einem Erbe, die gemäß dem vorgefassten Willen des Erblassers innerhalb von 2 Jahren nach seinem Tod für Investitionen in das Unternehmen getätigt werden, werden ebenfalls steuerrechtlich begünstigt. Für Schenkungen gilt diese Regelung nicht.
6. Wertabschlag für Familienunternehmen: Viele Familienunternehmer unterliegen im Gesellschaftsvertrag erheblichen Restriktionen bei der Entnahme von Gewinnen, bei der Übertragung von Beteiligungen oder im Falle des Ausscheidens aus dem Unternehmen. Für solche Unternehmen ist ein Bewertungsabschlag von bis zu 30 % vorgesehen, wenn entsprechende Regelungen im Gesellschaftsvertrag 2 Jahre vor dem Erbfall bzw. der Schenkung und 20 Jahre danach Bestand haben. Dazu muss die Satzung Bestimmungen enthalten, die die Entnahme oder Ausschüttung auf höchstens 37,5 % des Gewinns beschränken.
7. Große Betriebsvermögen: Nach dem bisherigen Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht galten die Verschonungsregeln auch bei der Übertragung von großen Betriebsvermögen, ohne dass geprüft wird, ob es überhaupt einer Verschonung bedarf.
Nunmehr ist ab einem begünstigten Vermögen von 26 Mio. € pro Erwerber eine individuelle Verschonungsbedarfsprüfung oder alternativ ein Verschonungsabschlagsmodell vorgesehen. Bei der Verschonungsbedarfsprüfung muss der Erwerber nachweisen, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuerschuld aus sonstigem nicht betrieblichen, bereits vorhandenem oder aus mit der Erbschaft oder Schenkung zugleich übergegangenem nicht begünstigtem Vermögen zu begleichen. Genügt dieses Vermögen nicht, um die Erbschaft- oder Schenkungsteuer betragsmäßig zu begleichen, wird die Steuer insoweit erlassen.
Als Alternative zur Verschonungsbedarfsprüfung ist ein Verschonungsabschlag möglich. Bei Vermögen über 26 Mio. € sinkt der Abschlag schrittweise, je höher das Betriebsvermögen ist. Der Verschonungsabschlag verringert sich um einen Prozentpunkt für jede 750.000 €, die der Erwerb oberhalb der Prüfschwelle von 26 Mio. € liegt. Bei Vermögen über 90 Mio. € entfällt jeder Abschlag.
8. Erweiterte Stundungsregelung: Die Zahlung der Erbschaftsteuer darf nach dem Willen des Gesetzgebers die Existenz des Unternehmens nicht gefährden, auch wenn dem Steuerpflichtigen bei der Bedarfsprüfung kein Steuererlass gewährt wird. Daher wird ein Rechtsanspruch auf eine voraussetzungslose Stundung bis zu 7 Jahren bei Erwerben von Todes wegen eingeführt. Die Stundung erfolgt für das erste Jahr zinslos und erstreckt sich auf die Steuer, die auf das begünstigte Vermögen unabhängig von dessen Wert entfällt. Danach erfolgt eine jährliche 6-%ige Verzinsung. Voraussetzung ist die Einhaltung der Lohnsummenregelung und der Behaltensfrist.
9. Inkrafttreten: Das neue Recht gilt rückwirkend für sämtliche Erwerbe, die nach dem 30.6.2016 erfolgen. *Die Regelung zur Vermögensbewertung (Punkt 4) gilt bereits rückwirkend zum 1.1.2016.
Anmerkung: Die Neuregelungen sind vielfältig und teilweise tückisch. Lassen Sie sich im Schenkungsfall und für den Erbfall intensiv beraten, bevor Sie die Weichen stellen!
Rückwirkende Rechnungsberichtigung nach einer Entscheidung des EuGH möglich
Eine Rechnung, die nicht alle vom Umsatzsteuergesetz geforderten Angaben enthält
(im entschiedenen Fall die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer), kann berichtigt
werden. Dafür sind die fehlenden Angaben durch ein Dokument, das spezifisch
und eindeutig auf die Rechnung bezogen ist, nachzureichen.
Die Berichtigung von Rechnungen wirkt jedoch nicht zurück, sondern für
den Zeitraum, in welchem dem Leistungsempfänger die berichtigte Rechnung
übermittelt wird. Wird der Vorsteuerabzug - z. B. im Rahmen einer Außenprüfung
- erst Jahre später versagt, führen Nachzahlungszinsen zu erheblichen
finanziellen Belastungen.
Das Niedersächsische Finanzgericht hatte Zweifel, ob diese Praxis, den
Vorsteuerabzug grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung
zuzulassen, mit dem Unionsrecht vereinbar ist, und hat die Frage dem Europäischen
Gerichtshof (EuGH) mit Beschluss vom 3.7.2014 vorgelegt.
Der EuGH stellt dazu fest, dass das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität
verlangt, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Anforderungen
erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Bedingungen
nicht genügt hat. So muss nach dieser Entscheidung des EuGH die Rechnungsberichtigung
mit Wirkung für die Vergangenheit zugelassen werden.
Anmerkung: Das Urteil des EuGH steht im Widerspruch zum deutschen Recht,
wonach bei der Berichtigung einer Rechnung das Recht auf Vorsteuerabzug erst
zum Berichtigungszeitpunkt ausgeübt werden kann. Der EuGH bezieht sich
in dieser Entscheidung nur auf die spätere Ergänzung der Rechnung
um die in der Ursprungsrechnung nicht enthaltene Steuernummer oder USt-IdNr.
Ob sich dieses Urteil auch auf andere fehlende oder fehlerhafte Rechnungsbestandteile
übertragen lässt, ist damit grundsätzlich noch nicht entschieden.
Hier könnte die Finanzverwaltung für Klarheit sorgen.
Kapitalausstattung von GmbH soll verbessert werden
Das Bundeskabinett hat am 14.9.2016 den "Gesetzentwurf zur Weiterentwicklung
der steuerlichen Verlustverrechnung bei Körperschaften" beschlossen.
Damit sollen die Rahmenbedingungen für die Kapitalausstattung und das weitere
Wachstum von Kapitalgesellschaften verbessert werden. Vor allem junge Unternehmen
mit innovativen Geschäftsmodellen sollen - durch Verbesserung ihrer Finanzierungsmöglichkeiten
- profitieren.
Seit 2008 ist die Nutzung von Verlustvorträgen nach einem Gesellschafterwechsel
(Mantelkauf) eingeschränkt. Künftig soll die steuerliche Verrechnung
von Verlusten bei Körperschaften neu ausgerichtet werden. Unternehmen,
die für ihre Finanzierung auf die Neuaufnahme oder den Wechsel von Anteilseignern
angewiesen sind, sollen jetzt nicht genutzte Verluste bei Anteilserwerben unter
bestimmten Voraussetzungen (sog. schädlicher Beteiligungserwerb) auf Antrag
weiterhin steuerlich berücksichtigen können, sofern sie denselben
Geschäftsbetrieb nach einem Anteilseignerwechsel fortführen.
Das Gesetz soll rückwirkend zum 1.1.2016 in Kraft treten. Der Antrag kann
voraussichtlich erstmals für nach dem 31.12.2015 erfolgende Beteiligungserwerbe
gestellt werden.
Umsatzsteuerliche Behandlung von Betriebsveranstaltungen
Die gesetzlichen Regelungen zu Betriebsveranstaltungen, insbesondere die Ersetzung
der ehemaligen lohnsteuerlichen Freigrenze durch einen Freibetrag, haben grundsätzlich
keine Auswirkungen auf die umsatzsteuerrechtlichen Regelungen.
Ob eine Betriebsveranstaltung vorliegt und wie die Kosten, die auf den einzelnen
Arbeitnehmer entfallen, zu berechnen sind, bestimmt sich nach den lohnsteuerrechtlichen
Grundsätzen.
- Von einer überwiegend durch das unternehmerische Interesse des Arbeitgebers
veranlassten üblichen Zuwendung ist umsatzsteuerrechtlich im Regelfall
auszugehen, wenn der Betrag je Arbeitnehmer und Betriebsveranstaltung 110
€ einschließlich Umsatzsteuer nicht überschreitet. Der Vorsteuerabzug
ist in vollem Umfang möglich.
- Übersteigt dagegen der Betrag, der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfällt, pro Veranstaltung die Grenze von 110 € einschließlich Umsatzsteuer, ist von einer überwiegend durch den privaten Bedarf des Arbeitnehmers veranlassten unentgeltlichen Zuwendung auszugehen. Ein Vorsteuerabzug ist (insgesamt) nicht möglich.
Anmerkung: Das Bundesfinanzministerium stellt in einem Schreiben vom 19.4.2016 fest, dass Zuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen im Ergebnis nicht zum Teil unternehmerisch und zum Teil nicht unternehmerisch wie bei einer gemischten Verwendung veranlasst sein können. Diese Sichtweise des Ministeriums ist jedoch gerichtlich nicht überprüft.
Verwendung des Investitionsabzugsbetrages zur Kompensation des Mehrergebnisses einer Außenprüfung
Steuerpflichtige können für neue oder gebrauchte bewegliche Wirtschaftsgüter
des Anlagevermögens, die sie anschaffen oder herstellen wollen - unter
weiteren Voraussetzungen wie z. B. der betrieblichen Nutzung zu mindestens 90
% und Einhaltung bestimmter Betriebsgrößenmerkmale bzw. Gewinngrenzen
-, bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten steuerlich
gewinnmindernd abziehen. Der Abzugsbetrag darf im Jahr der Inanspruchnahme und
den drei Vorjahren 200.000 € je Betrieb nicht übersteigen.
Investitionsabzugsbeträge ermöglichen die Vorverlagerung von Abschreibungsvolumen
in ein Wirtschaftsjahr vor Anschaffung oder Herstellung eines begünstigten
Wirtschaftsgutes. Aber auch bei bereits angeschafften oder hergestellten begünstigten
Wirtschaftsgütern können in bestimmten Fällen Investitionsabzugsbeträge
und eine daraus resultierende gewinnmindernde Herabsetzung der Anschaffungs-
oder Herstellungskosten noch in Anspruch genommen werden.
Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 23.3.2016 darf ein Investitionsabzugsbetrag
nicht allein deshalb versagt werden, weil der Antrag erst nach einer Außenprüfung
gestellt wird. Die Steuervergünstigung kann danach zur Kompensation eines
Steuermehrergebnisses der Außenprüfung eingesetzt werden.
Das Urteil betrifft die im Jahr 2009 geltende Rechtslage, nach der die Steuervergünstigung
voraussetzte, dass der Unternehmer die Absicht hatte, die Investition innerhalb
der nächsten 3 Jahre durchzuführen und das Investitionsgut anschließend
mindestens 2 Jahre in seinem Betrieb zu nutzen. Das Bestehen dieser Absicht
musste nachgewiesen werden. Seit 2016 hat sich die Rechtslage verändert,
denn die Investitionsabsicht und die Absicht der späteren betrieblichen
Nutzung werden seither nicht mehr ausdrücklich vom Gesetz erwähnt.
Steuererklärung in Papier nicht mehr anerkannt - Verspätungszuschlag fällig
In einer Pressemitteilung informiert das Landesamt für Steuern in Rheinland-Pfalz,
dass ab diesem Jahr die Finanzverwaltung konsequent in Papierform abgegebene
Steuererklärungen ablehnt.
Grund: Die gesetzliche Pflicht zur elektronischen Abgabe besteht für Gewerbetreibende,
Land- und Forstwirte sowie Privathaushalte mit Photovoltaikanlagen oder Gewinneinkünften
aus Nebenerwerb über 410 €, wie z. B. Nebenerwerbslandwirten, bereits
seit 2011.
Liegt kein Härtefall vor, so wird eine in Papierform eingereichte Erklärung
als nicht abgegeben gewertet. Entsprechend muss mit Verspätungszuschlägen
gerechnet werden. Der Verspätungszuschlag kann bis zu 10 % der festgesetzten
Steuer betragen und wird nach Ablauf der Abgabefrist erhoben.
Anmerkung: Als Härtefall gilt, wer beispielsweise die erforderliche
technische Ausstattung mit PC und Internetanschluss nur mit erheblichem finanziellen
Aufwand anschaffen kann oder dessen Kenntnisse und persönlichen Fähigkeiten
zum Umgang damit nicht oder nur eingeschränkt vorhanden sind.
Änderungen der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§ 13b UStG) durch das Steueränderungsgesetz 2015
Bei bestimmten Bauleistungen im Zusammenhang mit Grundstücken ist der
"Leistungsempfänger" bisher schon Steuerschuldner. Durch das
Steueränderungsgesetz 2015 wurde mit Wirkung vom 6.11.2015 der Anwendungsbereich
der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers von Bauleistungen überarbeitet.
Dazu veröffentlichte das Bundesfinanzministerium am 10.8.2016 ein klarstellendes
Schreiben.
Danach gelten als Bauleistungen (einschließlich aller Werklieferungen
und sonstiger Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken) u. a. Sachen,
Ausstattungsgegenstände oder Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude
oder einem Bauwerk installiert sind und die nicht bewegt werden können,
ohne das Gebäude oder das Bauwerk zu zerstören oder zu verändern.
Damit werden vor allem Lieferungen von und Leistungen an Betriebsvorrichtungen
erfasst. Entsprechend gelten Betriebsvorrichtungen unionsrechtlich demnach nur
dann nicht als Grundstück, wenn sie nicht auf Dauer installiert sind oder
bewegt werden können, ohne das Gebäude oder das Bauwerk zu zerstören
oder zu verändern. Eine Veränderung ist immer dann unerheblich, wenn
die betreffenden Sachen einfach an der Wand hängen und wenn sie mit Nägeln
oder Schrauben so am Boden oder an der Wand befestigt sind, dass nach ihrer
Entfernung lediglich Spuren oder Markierungen zurückbleiben (z. B. Dübellöcher),
die leicht überdeckt oder ausgebessert werden können.
Außerdem wurden mit Wirkung vom 6.11.2015 die bestehenden Verwaltungsanweisungen
zur Ausnahme von Leistungsbezügen des nicht unternehmerischen Bereichs
von der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gesetzlich geregelt
und auf weitere Bereiche ausgedehnt. Zudem werden Werklieferungen von Freiland-Photovoltaikanlagen
in die Liste der Bauleistungen aufgenommen.
Nachträgliche Zusage der Dynamisierung einer Pensionszusage
Pensionserhöhungen, die eine Kapitalgesellschaft mit ihrem (beherrschenden)
Gesellschafter vereinbart, ohne dass die Erhöhung vom Begünstigten
noch erdient werden kann, können nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen
steuerlich anerkannt werden.
Dies setzt jedoch voraus, dass die Pensionserhöhung einen Ausgleich für
eine anderweitig nicht schließbare Versorgungslücke oder eine Anpassung
an erhebliche Steigerungen der Lebenshaltungskosten darstellt. Eine derartige
erhebliche Steigerung der Lebenshaltungskosten wird vom Bundesfinanzhof angenommen,
wenn die Teuerung seit der letzten Pensionszusage oder seit der letzten Anpassung
mehr als 20 % beträgt.
Bei einer Pensionszusage zugunsten eines Gesellschafter-Geschäftsführers
muss die begünstigte Person während der ihr voraussichtlich verbleibenden
Dienstzeit den Versorgungsanspruch noch erdienen können. Ist das nicht
(mehr) möglich, so ist die Erhöhung der Pensionszusage durch eine
Dynamisierungsklausel als durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst
anzusehen und als verdeckte Gewinnausschüttung zu qualifizieren. Das hat
das Finanzgericht Hamburg (FG) mit Urteil vom 15.4.2016 entschieden.
Die Erdienbarkeit wird im Allgemeinen nicht angenommen, wenn zwischen dem Zusagezeitpunkt
und dem vorgesehenen Eintritt in den Ruhestand nur noch eine kurze Zeitspanne
liegt.
Ein beherrschender Gesellschafter soll die Pensionszusage jedenfalls dann noch
erdienen können, wenn der Zeitraum zwischen der Zusage der Pension und
dem vorgesehenen Zeitpunkt des Eintritts in den Ruhestand mindestens 10 Jahre
beträgt. Für einen nicht beherrschenden Gesellschafter kann ein Erdienen
der Pensionszusage zusätzlich unterstellt werden, wenn - vom vorgesehenen
Zeitpunkt der Pensionierung aus gesehen - der Beginn seiner Betriebszugehörigkeit
mindestens 12 Jahre zurückliegt und die Versorgungszusage für mindestens
3 Jahre bestanden hat.
Ebenso wird eine Erdienbarkeit dann im Allgemeinen nicht mehr anzunehmen sein,
wenn die Zusage einem Gesellschafter-Geschäftsführer erteilt wurde,
der im Zusagezeitpunkt das 60. Lebensjahr vollendet hatte.
Anmerkung: Die Revision zum Bundesfinanzhof wurde zugelassen, weil nach
Auffassung des FG die Frage, inwieweit die Erhöhung einer Pensionszusage
durch nachträgliche Dynamisierung zur Anpassung an steigende Lebenshaltungskosten
unter Berücksichtigung der gestiegenen Lebenserwartung unter vereinfachten
Voraussetzungen auch unter Verletzung des maßgeblichen Erdienenszeitraums
zugesagt werden kann, grundsätzliche Bedeutung hat.
Bitte beachten Sie! Eine Pensionszusage ist eine Möglichkeit der
Absicherung des Gesellschafter-Geschäftsführers für das Alter.
Sie hat Vor-, aber auch Nachteile. Lassen Sie sich bei einem solchen Vorhaben
auf jeden Fall vorher und rechtzeitig beraten!
Vorsteuervergütung durch EU-Staaten an im Inland ansässige Unternehmer
Die EU-Mitgliedstaaten erstatten inländischen Unternehmern unter bestimmten
Voraussetzungen die dort gezahlte Umsatzsteuer. Die Anträge auf Vorsteuervergütung
sind elektronisch über das Online-Portal beim Bundeszentralamt für
Steuern (BZSt) einzureichen.
Das BZSt prüft, ob der Antragsteller im beantragten Vergütungszeitraum
zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und die im Antrag angegebene Steuernummer/Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
diesem zugeordnet ist. Es entscheidet über die Weiterleitung des Antrags
an den Erstattungsstaat innerhalb von 15 Tagen.
Bitte beachten Sie! Die Antragsfrist ist eine Ausschlussfrist und bis
zum 30.9. des auf das Jahr der Ausstellung der Rechnung folgenden Kalenderjahres
zu stellen. Der Vergütungsbetrag muss mindestens 50 € hoch sein.
Sofortabzug eines Disagios nur bei Marktüblichkeit
Ein Disagio ist nur dann nicht sofort als Werbungskosten abziehbar, wenn es
sich nicht im Rahmen des am aktuellen Kreditmarkt Üblichen hält. Wird
eine Disagiovereinbarung mit einer Geschäftsbank wie unter fremden Dritten
geschlossen, indiziert dies die Marktüblichkeit.
In seiner Entscheidung vom 8.3.2016 legt der Bundesfinanzhof zum Abzug des
Disagios als Werbungskosten fest:
Ausgaben sind in dem Kalenderjahr anzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.
Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als 5 Jahren
im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig
zu verteilen. Diese Regelung ist auf ein Disagio jedoch nicht anzuwenden, soweit
es marktüblich ist. Danach ist auch ein marktübliches Disagio, das
für einen Kredit über eine Laufzeit von mehr als 5 Jahren gezahlt
wird, nicht auf die Laufzeit zu verteilen, sondern kann im Jahr der Leistung,
d. h. des Abflusses, voll zum Abzug gebracht werden.
Demgegenüber ist eine "Zinsvorauszahlung" regelmäßig
anzunehmen, wenn der Nominalzins ungewöhnlich niedrig und das Disagio entsprechend
hoch bemessen ist. Danach rechtfertigt nur ein ungewöhnlicher Nominalzins
die Versagung des Sofortabzugs des Disagios.
Soweit das Bundesfinanzministerium aus Vereinfachungsgründen von der Marktüblichkeit
ausgeht, wenn für ein Darlehen mit einem Zinsfestschreibungszeitraum von
mindestens 5 Jahren ein Disagio in Höhe von bis zu 5 % vereinbart worden
ist, bedeutet dies eine Sachverhaltstypisierung, die die tatrichterliche Würdigung
erleichtert.
Handelt es sich jedoch um ein Disagio von mehr als 5 %, so trifft die genannte
- auch von der Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen als marktüblich
angesehene - 5%ige Nichtbeanstandungsgrenze keine Aussage.
Gesetzgeber einigt sich bei der Reform des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts
Der Bundesrat hat am 14.10.2016 der Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer
zugestimmt. Inwieweit diese Neuregelungen den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts
entsprechen, wird sich erst zeigen müssen. Hier die Regelungsinhalte im
Einzelnen in Kurzform:
1. Verschonungsregeln: Wie bisher wird das begünstigte Betriebsvermögen
nach Wahl des Erwerbers zu 85 % oder zu 100 % von der Erbschaft- und Schenkungsteuer
befreit, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:
Entscheidet sich der Erwerber für die Verschonung in Höhe von 85
% des begünstigten Vermögens, muss er den Betrieb mindestens 5 Jahre
fortführen (Behaltensfrist) und nachweisen, dass die Lohnsumme innerhalb
dieser Zeit nach dem Erwerb insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet
(Lohnsummenregelung). Bei der Wahl der vollständigen Befreiung von der
Erbschaftsteuer zu 100 % muss der Erwerber die Behaltensfrist von 7 Jahren einhalten
und nachweisen, dass er insgesamt die Lohnsumme von 700 % in dieser Zeit nicht
unterschreitet (Lohnsummenregelung).
2. Kleine Unternehmen: Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten waren
bisher von der Lohnsummenregelung unabhängig von ihrer Größe
gänzlich ausgenommen. In Zukunft soll gelten:
Beschäftigte im Betrieb | Verschonung 5 Jahre Lohnsumme mindestens: |
Verschonung 7 Jahre Lohnsumme mindestens: |
bis zu 5
|
keine Prüfung
|
keine Prüfung
|
6 bis 10
|
250 %
|
500 %
|
11 bis 15
|
300 %
|
565 %
|
ab 16
|
400 %
|
700 %
|
3. Begünstigtes Vermögen: Zum Betriebsvermögen zählt alles, was der Betrieb braucht, wie z. B. Maschinen oder Fabrikhallen. Grundsätzlich nicht zum Betriebsvermögen zählt dagegen Verwaltungsvermögen - zum Beispiel Gebäude, die an Dritte vermietet wurden, oder Bargeld. Anders als Betriebsgrundstücke und Maschinen wird Verwaltungsvermögen nicht steuerlich verschont.
- Eine Komplettverschonung zu 100 % ist nur möglich, wenn der Anteil an dem im Betriebsvermögen enthaltenen Verwaltungsvermögen 20 % nicht übersteigt.
- Geld und geldwerte Forderungen (Finanzmittel) können zu 15 % zum steuerrechtlich begünstigten Vermögen gerechnet werden, um die notwendige Liquidität des Unternehmens zu sichern. Damit sog. Cash-Gesellschaften vermieden werden, muss das begünstigungsfähige Vermögen des Betriebs oder der nachgeordneten Gesellschaften aber nach seinem Hauptzweck dazu dienen, gewerbliche Einkünfte, Einkünfte aus selbstständiger Arbeit oder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu erzielen.
- Überschreitet das nicht begünstigte Verwaltungsvermögen 90 % des gesamten Betriebsvermögens, wird die Verschonung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer ausgeschlossen.
- Auch sämtliche Freizeit- und Luxusgegenstände (Kunstgegenstände, Yachten etc.), die typischerweise der privaten Lebensführung dienen, werden nicht begünstigt, wenn der Handel mit diesen Gegenständen, deren Herstellung oder Verarbeitung nicht der Hauptzweck des Gewerbebetriebs ist.
5. Förderung von Investitionen: Mittel aus einem Erbe, die gemäß dem vorgefassten Willen des Erblassers innerhalb von 2 Jahren nach seinem Tod für Investitionen in das Unternehmen getätigt werden, werden ebenfalls steuerrechtlich begünstigt. Für Schenkungen gilt diese Regelung nicht.
6. Wertabschlag für Familienunternehmen: Viele Familienunternehmer unterliegen im Gesellschaftsvertrag erheblichen Restriktionen bei der Entnahme von Gewinnen, bei der Übertragung von Beteiligungen oder im Falle des Ausscheidens aus dem Unternehmen. Für solche Unternehmen ist ein Bewertungsabschlag von bis zu 30 % vorgesehen, wenn entsprechende Regelungen im Gesellschaftsvertrag 2 Jahre vor dem Erbfall bzw. der Schenkung und 20 Jahre danach Bestand haben. Dazu muss die Satzung Bestimmungen enthalten, die die Entnahme oder Ausschüttung auf höchstens 37,5 % des Gewinns beschränken.
7. Große Betriebsvermögen: Nach dem bisherigen Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht galten die Verschonungsregeln auch bei der Übertragung von großen Betriebsvermögen, ohne dass geprüft wird, ob es überhaupt einer Verschonung bedarf.
Nunmehr ist ab einem begünstigten Vermögen von 26 Mio. € pro Erwerber eine individuelle Verschonungsbedarfsprüfung oder alternativ ein Verschonungsabschlagsmodell vorgesehen. Bei der Verschonungsbedarfsprüfung muss der Erwerber nachweisen, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuerschuld aus sonstigem nicht betrieblichen, bereits vorhandenem oder aus mit der Erbschaft oder Schenkung zugleich übergegangenem nicht begünstigtem Vermögen zu begleichen. Genügt dieses Vermögen nicht, um die Erbschaft- oder Schenkungsteuer betragsmäßig zu begleichen, wird die Steuer insoweit erlassen.
Als Alternative zur Verschonungsbedarfsprüfung ist ein Verschonungsabschlag möglich. Bei Vermögen über 26 Mio. € sinkt der Abschlag schrittweise, je höher das Betriebsvermögen ist. Der Verschonungsabschlag verringert sich um einen Prozentpunkt für jede 750.000 €, die der Erwerb oberhalb der Prüfschwelle von 26 Mio. € liegt. Bei Vermögen über 90 Mio. € entfällt jeder Abschlag.
8. Erweiterte Stundungsregelung: Die Zahlung der Erbschaftsteuer darf nach dem Willen des Gesetzgebers die Existenz des Unternehmens nicht gefährden, auch wenn dem Steuerpflichtigen bei der Bedarfsprüfung kein Steuererlass gewährt wird. Daher wird ein Rechtsanspruch auf eine voraussetzungslose Stundung bis zu 7 Jahren bei Erwerben von Todes wegen eingeführt. Die Stundung erfolgt für das erste Jahr zinslos und erstreckt sich auf die Steuer, die auf das begünstigte Vermögen unabhängig von dessen Wert entfällt. Danach erfolgt eine jährliche 6-%ige Verzinsung. Voraussetzung ist die Einhaltung der Lohnsummenregelung und der Behaltensfrist.
9. Inkrafttreten: Das neue Recht gilt rückwirkend für sämtliche Erwerbe, die nach dem 30.6.2016 erfolgen. *Die Regelung zur Vermögensbewertung (Punkt 4) gilt bereits rückwirkend zum 1.1.2016.
Anmerkung: Die Neuregelungen sind vielfältig und teilweise tückisch. Lassen Sie sich im Schenkungsfall und für den Erbfall intensiv beraten, bevor Sie die Weichen stellen!
Rückwirkende Rechnungsberichtigung nach einer Entscheidung des EuGH möglich
Eine Rechnung, die nicht alle vom Umsatzsteuergesetz geforderten Angaben enthält
(im entschiedenen Fall die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer), kann berichtigt
werden. Dafür sind die fehlenden Angaben durch ein Dokument, das spezifisch
und eindeutig auf die Rechnung bezogen ist, nachzureichen.
Die Berichtigung von Rechnungen wirkt jedoch nicht zurück, sondern für
den Zeitraum, in welchem dem Leistungsempfänger die berichtigte Rechnung
übermittelt wird. Wird der Vorsteuerabzug - z. B. im Rahmen einer Außenprüfung
- erst Jahre später versagt, führen Nachzahlungszinsen zu erheblichen
finanziellen Belastungen.
Das Niedersächsische Finanzgericht hatte Zweifel, ob diese Praxis, den
Vorsteuerabzug grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung
zuzulassen, mit dem Unionsrecht vereinbar ist, und hat die Frage dem Europäischen
Gerichtshof (EuGH) mit Beschluss vom 3.7.2014 vorgelegt.
Der EuGH stellt dazu fest, dass das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität
verlangt, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Anforderungen
erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Bedingungen
nicht genügt hat. So muss nach dieser Entscheidung des EuGH die Rechnungsberichtigung
mit Wirkung für die Vergangenheit zugelassen werden.
Anmerkung: Das Urteil des EuGH steht im Widerspruch zum deutschen Recht,
wonach bei der Berichtigung einer Rechnung das Recht auf Vorsteuerabzug erst
zum Berichtigungszeitpunkt ausgeübt werden kann. Der EuGH bezieht sich
in dieser Entscheidung nur auf die spätere Ergänzung der Rechnung
um die in der Ursprungsrechnung nicht enthaltene Steuernummer oder USt-IdNr.
Ob sich dieses Urteil auch auf andere fehlende oder fehlerhafte Rechnungsbestandteile
übertragen lässt, ist damit grundsätzlich noch nicht entschieden.
Hier könnte die Finanzverwaltung für Klarheit sorgen.
Umsatzsteuerliche Behandlung von Betriebsveranstaltungen
Die gesetzlichen Regelungen zu Betriebsveranstaltungen, insbesondere die Ersetzung
der ehemaligen lohnsteuerlichen Freigrenze durch einen Freibetrag, haben grundsätzlich
keine Auswirkungen auf die umsatzsteuerrechtlichen Regelungen.
Ob eine Betriebsveranstaltung vorliegt und wie die Kosten, die auf den einzelnen
Arbeitnehmer entfallen, zu berechnen sind, bestimmt sich nach den lohnsteuerrechtlichen
Grundsätzen.
- Von einer überwiegend durch das unternehmerische Interesse des Arbeitgebers
veranlassten üblichen Zuwendung ist umsatzsteuerrechtlich im Regelfall
auszugehen, wenn der Betrag je Arbeitnehmer und Betriebsveranstaltung 110
€ einschließlich Umsatzsteuer nicht überschreitet. Der Vorsteuerabzug
ist in vollem Umfang möglich.
- Übersteigt dagegen der Betrag, der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfällt, pro Veranstaltung die Grenze von 110 € einschließlich Umsatzsteuer, ist von einer überwiegend durch den privaten Bedarf des Arbeitnehmers veranlassten unentgeltlichen Zuwendung auszugehen. Ein Vorsteuerabzug ist (insgesamt) nicht möglich.
Anmerkung: Das Bundesfinanzministerium stellt in einem Schreiben vom 19.4.2016 fest, dass Zuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen im Ergebnis nicht zum Teil unternehmerisch und zum Teil nicht unternehmerisch wie bei einer gemischten Verwendung veranlasst sein können. Diese Sichtweise des Ministeriums ist jedoch gerichtlich nicht überprüft.
Verwendung des Investitionsabzugsbetrages zur Kompensation des Mehrergebnisses einer Außenprüfung
Steuerpflichtige können für neue oder gebrauchte bewegliche Wirtschaftsgüter
des Anlagevermögens, die sie anschaffen oder herstellen wollen - unter
weiteren Voraussetzungen wie z. B. der betrieblichen Nutzung zu mindestens 90
% und Einhaltung bestimmter Betriebsgrößenmerkmale bzw. Gewinngrenzen
-, bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten steuerlich
gewinnmindernd abziehen. Der Abzugsbetrag darf im Jahr der Inanspruchnahme und
den drei Vorjahren 200.000 € je Betrieb nicht übersteigen.
Investitionsabzugsbeträge ermöglichen die Vorverlagerung von Abschreibungsvolumen
in ein Wirtschaftsjahr vor Anschaffung oder Herstellung eines begünstigten
Wirtschaftsgutes. Aber auch bei bereits angeschafften oder hergestellten begünstigten
Wirtschaftsgütern können in bestimmten Fällen Investitionsabzugsbeträge
und eine daraus resultierende gewinnmindernde Herabsetzung der Anschaffungs-
oder Herstellungskosten noch in Anspruch genommen werden.
Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 23.3.2016 darf ein Investitionsabzugsbetrag
nicht allein deshalb versagt werden, weil der Antrag erst nach einer Außenprüfung
gestellt wird. Die Steuervergünstigung kann danach zur Kompensation eines
Steuermehrergebnisses der Außenprüfung eingesetzt werden.
Das Urteil betrifft die im Jahr 2009 geltende Rechtslage, nach der die Steuervergünstigung
voraussetzte, dass der Unternehmer die Absicht hatte, die Investition innerhalb
der nächsten 3 Jahre durchzuführen und das Investitionsgut anschließend
mindestens 2 Jahre in seinem Betrieb zu nutzen. Das Bestehen dieser Absicht
musste nachgewiesen werden. Seit 2016 hat sich die Rechtslage verändert,
denn die Investitionsabsicht und die Absicht der späteren betrieblichen
Nutzung werden seither nicht mehr ausdrücklich vom Gesetz erwähnt.
Steuererklärung in Papier nicht mehr anerkannt - Verspätungszuschlag fällig
In einer Pressemitteilung informiert das Landesamt für Steuern in Rheinland-Pfalz,
dass ab diesem Jahr die Finanzverwaltung konsequent in Papierform abgegebene
Steuererklärungen ablehnt.
Grund: Die gesetzliche Pflicht zur elektronischen Abgabe besteht für Gewerbetreibende,
Land- und Forstwirte sowie Privathaushalte mit Photovoltaikanlagen oder Gewinneinkünften
aus Nebenerwerb über 410 €, wie z. B. Nebenerwerbslandwirten, bereits
seit 2011.
Liegt kein Härtefall vor, so wird eine in Papierform eingereichte Erklärung
als nicht abgegeben gewertet. Entsprechend muss mit Verspätungszuschlägen
gerechnet werden. Der Verspätungszuschlag kann bis zu 10 % der festgesetzten
Steuer betragen und wird nach Ablauf der Abgabefrist erhoben.
Anmerkung: Als Härtefall gilt, wer beispielsweise die erforderliche
technische Ausstattung mit PC und Internetanschluss nur mit erheblichem finanziellen
Aufwand anschaffen kann oder dessen Kenntnisse und persönlichen Fähigkeiten
zum Umgang damit nicht oder nur eingeschränkt vorhanden sind.
Änderungen der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers (§ 13b UStG) durch das Steueränderungsgesetz 2015
Bei bestimmten Bauleistungen im Zusammenhang mit Grundstücken ist der
"Leistungsempfänger" bisher schon Steuerschuldner. Durch das
Steueränderungsgesetz 2015 wurde mit Wirkung vom 6.11.2015 der Anwendungsbereich
der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers von Bauleistungen überarbeitet.
Dazu veröffentlichte das Bundesfinanzministerium am 10.8.2016 ein klarstellendes
Schreiben.
Danach gelten als Bauleistungen (einschließlich aller Werklieferungen
und sonstiger Leistungen im Zusammenhang mit Grundstücken) u. a. Sachen,
Ausstattungsgegenstände oder Maschinen, die auf Dauer in einem Gebäude
oder einem Bauwerk installiert sind und die nicht bewegt werden können,
ohne das Gebäude oder das Bauwerk zu zerstören oder zu verändern.
Damit werden vor allem Lieferungen von und Leistungen an Betriebsvorrichtungen
erfasst. Entsprechend gelten Betriebsvorrichtungen unionsrechtlich demnach nur
dann nicht als Grundstück, wenn sie nicht auf Dauer installiert sind oder
bewegt werden können, ohne das Gebäude oder das Bauwerk zu zerstören
oder zu verändern. Eine Veränderung ist immer dann unerheblich, wenn
die betreffenden Sachen einfach an der Wand hängen und wenn sie mit Nägeln
oder Schrauben so am Boden oder an der Wand befestigt sind, dass nach ihrer
Entfernung lediglich Spuren oder Markierungen zurückbleiben (z. B. Dübellöcher),
die leicht überdeckt oder ausgebessert werden können.
Außerdem wurden mit Wirkung vom 6.11.2015 die bestehenden Verwaltungsanweisungen
zur Ausnahme von Leistungsbezügen des nicht unternehmerischen Bereichs
von der Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers gesetzlich geregelt
und auf weitere Bereiche ausgedehnt. Zudem werden Werklieferungen von Freiland-Photovoltaikanlagen
in die Liste der Bauleistungen aufgenommen.
Vorsteuervergütung durch EU-Staaten an im Inland ansässige Unternehmer
Die EU-Mitgliedstaaten erstatten inländischen Unternehmern unter bestimmten
Voraussetzungen die dort gezahlte Umsatzsteuer. Die Anträge auf Vorsteuervergütung
sind elektronisch über das Online-Portal beim Bundeszentralamt für
Steuern (BZSt) einzureichen.
Das BZSt prüft, ob der Antragsteller im beantragten Vergütungszeitraum
zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und die im Antrag angegebene Steuernummer/Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
diesem zugeordnet ist. Es entscheidet über die Weiterleitung des Antrags
an den Erstattungsstaat innerhalb von 15 Tagen.
Bitte beachten Sie! Die Antragsfrist ist eine Ausschlussfrist und bis
zum 30.9. des auf das Jahr der Ausstellung der Rechnung folgenden Kalenderjahres
zu stellen. Der Vergütungsbetrag muss mindestens 50 € hoch sein.
Sofortabzug eines Disagios nur bei Marktüblichkeit
Ein Disagio ist nur dann nicht sofort als Werbungskosten abziehbar, wenn es
sich nicht im Rahmen des am aktuellen Kreditmarkt Üblichen hält. Wird
eine Disagiovereinbarung mit einer Geschäftsbank wie unter fremden Dritten
geschlossen, indiziert dies die Marktüblichkeit.
In seiner Entscheidung vom 8.3.2016 legt der Bundesfinanzhof zum Abzug des
Disagios als Werbungskosten fest:
Ausgaben sind in dem Kalenderjahr anzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.
Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als 5 Jahren
im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig
zu verteilen. Diese Regelung ist auf ein Disagio jedoch nicht anzuwenden, soweit
es marktüblich ist. Danach ist auch ein marktübliches Disagio, das
für einen Kredit über eine Laufzeit von mehr als 5 Jahren gezahlt
wird, nicht auf die Laufzeit zu verteilen, sondern kann im Jahr der Leistung,
d. h. des Abflusses, voll zum Abzug gebracht werden.
Demgegenüber ist eine "Zinsvorauszahlung" regelmäßig
anzunehmen, wenn der Nominalzins ungewöhnlich niedrig und das Disagio entsprechend
hoch bemessen ist. Danach rechtfertigt nur ein ungewöhnlicher Nominalzins
die Versagung des Sofortabzugs des Disagios.
Soweit das Bundesfinanzministerium aus Vereinfachungsgründen von der Marktüblichkeit
ausgeht, wenn für ein Darlehen mit einem Zinsfestschreibungszeitraum von
mindestens 5 Jahren ein Disagio in Höhe von bis zu 5 % vereinbart worden
ist, bedeutet dies eine Sachverhaltstypisierung, die die tatrichterliche Würdigung
erleichtert.
Handelt es sich jedoch um ein Disagio von mehr als 5 %, so trifft die genannte
- auch von der Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen als marktüblich
angesehene - 5%ige Nichtbeanstandungsgrenze keine Aussage.
Keine Berücksichtigung von Nebenräumen beim häuslichen Arbeitszimmer
Bereits mit Beschluss vom 27.7.2015 hat der Große Senat des Bundesfinanzhofs
entschieden, dass die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer,
das nicht nahezu ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt wird
("gemischt genutztes Arbeitszimmer"), steuerlich nicht zu berücksichtigen
sind.
Nunmehr stellt der 10. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) mit Urteil vom 17.2.2016
fest, dass Aufwendungen für Nebenräume (Küche, Bad und Flur),
die in die häusliche Sphäre eingebunden sind und zu einem nicht unerheblichen
Teil privat genutzt werden, bei einem steuerrechtlich anzuerkennenden Arbeitszimmer
nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden können.
Mit der vorliegenden Entscheidung knüpft der BFH an das Aufteilungsverbot
auch für Nebenräume der häuslichen Sphäre an. Die Nutzungsvoraussetzungen
sind individuell für jeden Raum und damit auch für Nebenräume
zu prüfen. Eine zumindest nicht unerhebliche private Mitnutzung derartiger
Räume ist daher abzugsschädlich.
Parkmöglichkeit für Hotelgäste ist mit dem Regelsteuersatz von 19 % zu versteuern
Für die Vermietung von Wohn- und Schlafräumen, die ein Unternehmer
zur kurzfristigen Beherbergung von Fremden bereithält, sowie die kurzfristige
Vermietung von Campingflächen, ermäßigt sich die Umsatzsteuer
auf 7 %. Das gilt nicht für Leistungen, die nicht unmittelbar der Vermietung
dienen, auch wenn sie mit dem Entgelt für die Vermietung abgegolten sind.
Wird die Überlassung von Plätzen zum Abstellen von Fahrzeugen zwischen
Gast und Hotelier gesondert vereinbart, liegt keine begünstigte Beherbergungsleistung
vor. Es kommt der Regelsteuersatz von 19 % zum Tragen. Ist die Überlassung
von Plätzen zum Abstellen von Fahrzeugen jedoch nicht gesondert vereinbart,
so war umstritten, ob diese unter die Steuerermäßigung fällt
oder nicht.
Der BFH hatte in der Vergangenheit bereits entschieden, dass von einem Hotelier
im Zusammenhang mit der Beherbergung erbrachte Frühstücksleistungen
Leistungen sind, die nicht unmittelbar der Vermietung dienen und deshalb von
der Steuerermäßigung auszunehmen sind. Das Angebot eines Frühstücks
stehe neben der reinen Vermietungs- bzw. Beherbergungsleistung. Hotelzimmer
könnten auch ohne Frühstück bewohnt werden und würden in
der Praxis auch ohne Frühstück angeboten und genutzt.
Zu dem gleichen Ergebnis kam der BFH in seiner Entscheidung vom 1.3.2016 für
die Einräumung von Parkmöglichkeiten, auch dann, wenn hierfür
kein gesondertes Entgelt berechnet wird. Die kalkulatorischen Kosten der Parkplätze
müssen dementsprechend geschätzt werden. Dabei ist zu berücksichtigen,
dass die Parkplätze nicht ausschließlich von Hotelgästen, sondern
auch von Gästen des Restaurants oder des Sauna- und Wellnessbereichs genutzt
werden können
Gesetzgeber einigt sich bei der Reform des Erbschaft- und Schenkungsteuerrechts
Der Bundesrat hat am 14.10.2016 der Reform der Erbschaft- und Schenkungsteuer
zugestimmt. Inwieweit diese Neuregelungen den Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts
entsprechen, wird sich erst zeigen müssen. Hier die Regelungsinhalte im
Einzelnen in Kurzform:
1. Verschonungsregeln: Wie bisher wird das begünstigte Betriebsvermögen
nach Wahl des Erwerbers zu 85 % oder zu 100 % von der Erbschaft- und Schenkungsteuer
befreit, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind:
Entscheidet sich der Erwerber für die Verschonung in Höhe von 85
% des begünstigten Vermögens, muss er den Betrieb mindestens 5 Jahre
fortführen (Behaltensfrist) und nachweisen, dass die Lohnsumme innerhalb
dieser Zeit nach dem Erwerb insgesamt 400 % der Ausgangslohnsumme nicht unterschreitet
(Lohnsummenregelung). Bei der Wahl der vollständigen Befreiung von der
Erbschaftsteuer zu 100 % muss der Erwerber die Behaltensfrist von 7 Jahren einhalten
und nachweisen, dass er insgesamt die Lohnsumme von 700 % in dieser Zeit nicht
unterschreitet (Lohnsummenregelung).
2. Kleine Unternehmen: Betriebe mit bis zu 20 Beschäftigten waren
bisher von der Lohnsummenregelung unabhängig von ihrer Größe
gänzlich ausgenommen. In Zukunft soll gelten:
Beschäftigte im Betrieb | Verschonung 5 Jahre Lohnsumme mindestens: |
Verschonung 7 Jahre Lohnsumme mindestens: |
bis zu 5
|
keine Prüfung
|
keine Prüfung
|
6 bis 10
|
250 %
|
500 %
|
11 bis 15
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300 %
|
565 %
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ab 16
|
400 %
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700 %
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3. Begünstigtes Vermögen: Zum Betriebsvermögen zählt alles, was der Betrieb braucht, wie z. B. Maschinen oder Fabrikhallen. Grundsätzlich nicht zum Betriebsvermögen zählt dagegen Verwaltungsvermögen - zum Beispiel Gebäude, die an Dritte vermietet wurden, oder Bargeld. Anders als Betriebsgrundstücke und Maschinen wird Verwaltungsvermögen nicht steuerlich verschont.
- Eine Komplettverschonung zu 100 % ist nur möglich, wenn der Anteil an dem im Betriebsvermögen enthaltenen Verwaltungsvermögen 20 % nicht übersteigt.
- Geld und geldwerte Forderungen (Finanzmittel) können zu 15 % zum steuerrechtlich begünstigten Vermögen gerechnet werden, um die notwendige Liquidität des Unternehmens zu sichern. Damit sog. Cash-Gesellschaften vermieden werden, muss das begünstigungsfähige Vermögen des Betriebs oder der nachgeordneten Gesellschaften aber nach seinem Hauptzweck dazu dienen, gewerbliche Einkünfte, Einkünfte aus selbstständiger Arbeit oder Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zu erzielen.
- Überschreitet das nicht begünstigte Verwaltungsvermögen 90 % des gesamten Betriebsvermögens, wird die Verschonung von der Erbschaft- und Schenkungsteuer ausgeschlossen.
- Auch sämtliche Freizeit- und Luxusgegenstände (Kunstgegenstände, Yachten etc.), die typischerweise der privaten Lebensführung dienen, werden nicht begünstigt, wenn der Handel mit diesen Gegenständen, deren Herstellung oder Verarbeitung nicht der Hauptzweck des Gewerbebetriebs ist.
5. Förderung von Investitionen: Mittel aus einem Erbe, die gemäß dem vorgefassten Willen des Erblassers innerhalb von 2 Jahren nach seinem Tod für Investitionen in das Unternehmen getätigt werden, werden ebenfalls steuerrechtlich begünstigt. Für Schenkungen gilt diese Regelung nicht.
6. Wertabschlag für Familienunternehmen: Viele Familienunternehmer unterliegen im Gesellschaftsvertrag erheblichen Restriktionen bei der Entnahme von Gewinnen, bei der Übertragung von Beteiligungen oder im Falle des Ausscheidens aus dem Unternehmen. Für solche Unternehmen ist ein Bewertungsabschlag von bis zu 30 % vorgesehen, wenn entsprechende Regelungen im Gesellschaftsvertrag 2 Jahre vor dem Erbfall bzw. der Schenkung und 20 Jahre danach Bestand haben. Dazu muss die Satzung Bestimmungen enthalten, die die Entnahme oder Ausschüttung auf höchstens 37,5 % des Gewinns beschränken.
7. Große Betriebsvermögen: Nach dem bisherigen Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht galten die Verschonungsregeln auch bei der Übertragung von großen Betriebsvermögen, ohne dass geprüft wird, ob es überhaupt einer Verschonung bedarf.
Nunmehr ist ab einem begünstigten Vermögen von 26 Mio. € pro Erwerber eine individuelle Verschonungsbedarfsprüfung oder alternativ ein Verschonungsabschlagsmodell vorgesehen. Bei der Verschonungsbedarfsprüfung muss der Erwerber nachweisen, dass er persönlich nicht in der Lage ist, die Steuerschuld aus sonstigem nicht betrieblichen, bereits vorhandenem oder aus mit der Erbschaft oder Schenkung zugleich übergegangenem nicht begünstigtem Vermögen zu begleichen. Genügt dieses Vermögen nicht, um die Erbschaft- oder Schenkungsteuer betragsmäßig zu begleichen, wird die Steuer insoweit erlassen.
Als Alternative zur Verschonungsbedarfsprüfung ist ein Verschonungsabschlag möglich. Bei Vermögen über 26 Mio. € sinkt der Abschlag schrittweise, je höher das Betriebsvermögen ist. Der Verschonungsabschlag verringert sich um einen Prozentpunkt für jede 750.000 €, die der Erwerb oberhalb der Prüfschwelle von 26 Mio. € liegt. Bei Vermögen über 90 Mio. € entfällt jeder Abschlag.
8. Erweiterte Stundungsregelung: Die Zahlung der Erbschaftsteuer darf nach dem Willen des Gesetzgebers die Existenz des Unternehmens nicht gefährden, auch wenn dem Steuerpflichtigen bei der Bedarfsprüfung kein Steuererlass gewährt wird. Daher wird ein Rechtsanspruch auf eine voraussetzungslose Stundung bis zu 7 Jahren bei Erwerben von Todes wegen eingeführt. Die Stundung erfolgt für das erste Jahr zinslos und erstreckt sich auf die Steuer, die auf das begünstigte Vermögen unabhängig von dessen Wert entfällt. Danach erfolgt eine jährliche 6-%ige Verzinsung. Voraussetzung ist die Einhaltung der Lohnsummenregelung und der Behaltensfrist.
9. Inkrafttreten: Das neue Recht gilt rückwirkend für sämtliche Erwerbe, die nach dem 30.6.2016 erfolgen. *Die Regelung zur Vermögensbewertung (Punkt 4) gilt bereits rückwirkend zum 1.1.2016.
Anmerkung: Die Neuregelungen sind vielfältig und teilweise tückisch. Lassen Sie sich im Schenkungsfall und für den Erbfall intensiv beraten, bevor Sie die Weichen stellen!
Rückwirkende Rechnungsberichtigung nach einer Entscheidung des EuGH möglich
Eine Rechnung, die nicht alle vom Umsatzsteuergesetz geforderten Angaben enthält
(im entschiedenen Fall die Umsatzsteuer-Identifikationsnummer), kann berichtigt
werden. Dafür sind die fehlenden Angaben durch ein Dokument, das spezifisch
und eindeutig auf die Rechnung bezogen ist, nachzureichen.
Die Berichtigung von Rechnungen wirkt jedoch nicht zurück, sondern für
den Zeitraum, in welchem dem Leistungsempfänger die berichtigte Rechnung
übermittelt wird. Wird der Vorsteuerabzug - z. B. im Rahmen einer Außenprüfung
- erst Jahre später versagt, führen Nachzahlungszinsen zu erheblichen
finanziellen Belastungen.
Das Niedersächsische Finanzgericht hatte Zweifel, ob diese Praxis, den
Vorsteuerabzug grundsätzlich erst im Zeitpunkt der Rechnungsberichtigung
zuzulassen, mit dem Unionsrecht vereinbar ist, und hat die Frage dem Europäischen
Gerichtshof (EuGH) mit Beschluss vom 3.7.2014 vorgelegt.
Der EuGH stellt dazu fest, dass das Grundprinzip der Mehrwertsteuerneutralität
verlangt, dass der Vorsteuerabzug gewährt wird, wenn die materiellen Anforderungen
erfüllt sind, selbst wenn der Steuerpflichtige bestimmten formellen Bedingungen
nicht genügt hat. So muss nach dieser Entscheidung des EuGH die Rechnungsberichtigung
mit Wirkung für die Vergangenheit zugelassen werden.
Anmerkung: Das Urteil des EuGH steht im Widerspruch zum deutschen Recht,
wonach bei der Berichtigung einer Rechnung das Recht auf Vorsteuerabzug erst
zum Berichtigungszeitpunkt ausgeübt werden kann. Der EuGH bezieht sich
in dieser Entscheidung nur auf die spätere Ergänzung der Rechnung
um die in der Ursprungsrechnung nicht enthaltene Steuernummer oder USt-IdNr.
Ob sich dieses Urteil auch auf andere fehlende oder fehlerhafte Rechnungsbestandteile
übertragen lässt, ist damit grundsätzlich noch nicht entschieden.
Hier könnte die Finanzverwaltung für Klarheit sorgen.
Umsatzsteuerliche Behandlung von Betriebsveranstaltungen
Die gesetzlichen Regelungen zu Betriebsveranstaltungen, insbesondere die Ersetzung
der ehemaligen lohnsteuerlichen Freigrenze durch einen Freibetrag, haben grundsätzlich
keine Auswirkungen auf die umsatzsteuerrechtlichen Regelungen.
Ob eine Betriebsveranstaltung vorliegt und wie die Kosten, die auf den einzelnen
Arbeitnehmer entfallen, zu berechnen sind, bestimmt sich nach den lohnsteuerrechtlichen
Grundsätzen.
- Von einer überwiegend durch das unternehmerische Interesse des Arbeitgebers
veranlassten üblichen Zuwendung ist umsatzsteuerrechtlich im Regelfall
auszugehen, wenn der Betrag je Arbeitnehmer und Betriebsveranstaltung 110
€ einschließlich Umsatzsteuer nicht überschreitet. Der Vorsteuerabzug
ist in vollem Umfang möglich.
- Übersteigt dagegen der Betrag, der auf den einzelnen Arbeitnehmer entfällt, pro Veranstaltung die Grenze von 110 € einschließlich Umsatzsteuer, ist von einer überwiegend durch den privaten Bedarf des Arbeitnehmers veranlassten unentgeltlichen Zuwendung auszugehen. Ein Vorsteuerabzug ist (insgesamt) nicht möglich.
Anmerkung: Das Bundesfinanzministerium stellt in einem Schreiben vom 19.4.2016 fest, dass Zuwendungen im Rahmen von Betriebsveranstaltungen im Ergebnis nicht zum Teil unternehmerisch und zum Teil nicht unternehmerisch wie bei einer gemischten Verwendung veranlasst sein können. Diese Sichtweise des Ministeriums ist jedoch gerichtlich nicht überprüft.
Verwendung des Investitionsabzugsbetrages zur Kompensation des Mehrergebnisses einer Außenprüfung
Steuerpflichtige können für neue oder gebrauchte bewegliche Wirtschaftsgüter
des Anlagevermögens, die sie anschaffen oder herstellen wollen - unter
weiteren Voraussetzungen wie z. B. der betrieblichen Nutzung zu mindestens 90
% und Einhaltung bestimmter Betriebsgrößenmerkmale bzw. Gewinngrenzen
-, bis zu 40 % der voraussichtlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten steuerlich
gewinnmindernd abziehen. Der Abzugsbetrag darf im Jahr der Inanspruchnahme und
den drei Vorjahren 200.000 € je Betrieb nicht übersteigen.
Investitionsabzugsbeträge ermöglichen die Vorverlagerung von Abschreibungsvolumen
in ein Wirtschaftsjahr vor Anschaffung oder Herstellung eines begünstigten
Wirtschaftsgutes. Aber auch bei bereits angeschafften oder hergestellten begünstigten
Wirtschaftsgütern können in bestimmten Fällen Investitionsabzugsbeträge
und eine daraus resultierende gewinnmindernde Herabsetzung der Anschaffungs-
oder Herstellungskosten noch in Anspruch genommen werden.
Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs vom 23.3.2016 darf ein Investitionsabzugsbetrag
nicht allein deshalb versagt werden, weil der Antrag erst nach einer Außenprüfung
gestellt wird. Die Steuervergünstigung kann danach zur Kompensation eines
Steuermehrergebnisses der Außenprüfung eingesetzt werden.
Das Urteil betrifft die im Jahr 2009 geltende Rechtslage, nach der die Steuervergünstigung
voraussetzte, dass der Unternehmer die Absicht hatte, die Investition innerhalb
der nächsten 3 Jahre durchzuführen und das Investitionsgut anschließend
mindestens 2 Jahre in seinem Betrieb zu nutzen. Das Bestehen dieser Absicht
musste nachgewiesen werden. Seit 2016 hat sich die Rechtslage verändert,
denn die Investitionsabsicht und die Absicht der späteren betrieblichen
Nutzung werden seither nicht mehr ausdrücklich vom Gesetz erwähnt.
Steuererklärung in Papier nicht mehr anerkannt - Verspätungszuschlag fällig
In einer Pressemitteilung informiert das Landesamt für Steuern in Rheinland-Pfalz,
dass ab diesem Jahr die Finanzverwaltung konsequent in Papierform abgegebene
Steuererklärungen ablehnt.
Grund: Die gesetzliche Pflicht zur elektronischen Abgabe besteht für Gewerbetreibende,
Land- und Forstwirte sowie Privathaushalte mit Photovoltaikanlagen oder Gewinneinkünften
aus Nebenerwerb über 410 €, wie z. B. Nebenerwerbslandwirten, bereits
seit 2011.
Liegt kein Härtefall vor, so wird eine in Papierform eingereichte Erklärung
als nicht abgegeben gewertet. Entsprechend muss mit Verspätungszuschlägen
gerechnet werden. Der Verspätungszuschlag kann bis zu 10 % der festgesetzten
Steuer betragen und wird nach Ablauf der Abgabefrist erhoben.
Anmerkung: Als Härtefall gilt, wer beispielsweise die erforderliche
technische Ausstattung mit PC und Internetanschluss nur mit erheblichem finanziellen
Aufwand anschaffen kann oder dessen Kenntnisse und persönlichen Fähigkeiten
zum Umgang damit nicht oder nur eingeschränkt vorhanden sind.
Unfall auf dem Weg von Arztpraxis zur Arbeitsstelle
In einem vom Bundessozialgericht (BSG) entschiedenen Fall nahm ein Arbeitnehmer
vor Arbeitsbeginn einen Arzttermin war. Die Praxis und die Arbeitsstelle befanden
sich jedoch in entgegengesetzter Richtung. Der Arbeitnehmer hielt sich 40 Minuten
in der Arztpraxis auf. Danach verließ er diese und fuhr von dort weiter
in Richtung Arbeitsstelle, wobei der letzte Teil der Strecke dann mit dem üblichen
Weg zur Arbeit identisch war. Noch bevor er die übliche Wegstrecke zur
Arbeit erreicht hatte, stieß er mit einem Kraftfahrzeug zusammen und erlitt
Verletzungen.
Das BSG hatte nun zu entscheiden, ob es sich hier um einen versicherten Wegeunfall
handelte. Es kam zu dem Entschluss, dass der Unfall auf dem Weg von der Arztpraxis
zur Arbeitsstätte kein Arbeitsunfall war.
Ein versicherter Betriebsweg setzt voraus, dass ein Weg im unmittelbaren Betriebsinteresse
zurückgelegt wird. Der mit dem Besuch der Arztpraxis verfolgte Zweck diente
jedoch dem eigenwirtschaftlichen Interesse des Arbeitnehmers und machte den
Arztbesuch und den deshalb zurückgelegten Weg nicht zu einer dem Beschäftigungsunternehmen
dienenden Tätigkeit. Ferner bewegte er sich unmittelbar vor dem Unfallereignis
nicht auf dem unter Versicherungsschutz stehenden direkten Weg zwischen seiner
Wohnung, von der er den Weg zunächst angetreten hatte, und dem Ort seiner
Tätigkeit, sondern hatte diesen Weg verlassen und unmittelbar vor dem Unfallereignis
auch noch nicht wieder erreicht.
Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG besteht Unfallversicherungsschutz
auf einem Weg von einem anderen Ort als dem Ort der Wohnung zur Arbeitsstätte
u. a. dann, wenn der Aufenthalt an dem dritten Ort "angemessen" ist
(Entfernung, Zweck) und der tatsächliche oder geplante Aufenthalt des Versicherten
an diesem sog. dritten Ort mindestens 2 Stunden dauert. Der Aufenthalt in der
Arztpraxis dauerte jedoch lediglich 40 Minuten und ein Aufenthalt von mindestens
2 Stunden war auch nicht geplant.
Vorsteuervergütung durch EU-Staaten an im Inland ansässige Unternehmer
Die EU-Mitgliedstaaten erstatten inländischen Unternehmern unter bestimmten
Voraussetzungen die dort gezahlte Umsatzsteuer. Die Anträge auf Vorsteuervergütung
sind elektronisch über das Online-Portal beim Bundeszentralamt für
Steuern (BZSt) einzureichen.
Das BZSt prüft, ob der Antragsteller im beantragten Vergütungszeitraum
zum Vorsteuerabzug berechtigt ist und die im Antrag angegebene Steuernummer/Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
diesem zugeordnet ist. Es entscheidet über die Weiterleitung des Antrags
an den Erstattungsstaat innerhalb von 15 Tagen.
Bitte beachten Sie! Die Antragsfrist ist eine Ausschlussfrist und bis
zum 30.9. des auf das Jahr der Ausstellung der Rechnung folgenden Kalenderjahres
zu stellen. Der Vergütungsbetrag muss mindestens 50 € hoch sein.
Sofortabzug eines Disagios nur bei Marktüblichkeit
Ein Disagio ist nur dann nicht sofort als Werbungskosten abziehbar, wenn es
sich nicht im Rahmen des am aktuellen Kreditmarkt Üblichen hält. Wird
eine Disagiovereinbarung mit einer Geschäftsbank wie unter fremden Dritten
geschlossen, indiziert dies die Marktüblichkeit.
In seiner Entscheidung vom 8.3.2016 legt der Bundesfinanzhof zum Abzug des
Disagios als Werbungskosten fest:
Ausgaben sind in dem Kalenderjahr anzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.
Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als 5 Jahren
im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig
zu verteilen. Diese Regelung ist auf ein Disagio jedoch nicht anzuwenden, soweit
es marktüblich ist. Danach ist auch ein marktübliches Disagio, das
für einen Kredit über eine Laufzeit von mehr als 5 Jahren gezahlt
wird, nicht auf die Laufzeit zu verteilen, sondern kann im Jahr der Leistung,
d. h. des Abflusses, voll zum Abzug gebracht werden.
Demgegenüber ist eine "Zinsvorauszahlung" regelmäßig
anzunehmen, wenn der Nominalzins ungewöhnlich niedrig und das Disagio entsprechend
hoch bemessen ist. Danach rechtfertigt nur ein ungewöhnlicher Nominalzins
die Versagung des Sofortabzugs des Disagios.
Soweit das Bundesfinanzministerium aus Vereinfachungsgründen von der Marktüblichkeit
ausgeht, wenn für ein Darlehen mit einem Zinsfestschreibungszeitraum von
mindestens 5 Jahren ein Disagio in Höhe von bis zu 5 % vereinbart worden
ist, bedeutet dies eine Sachverhaltstypisierung, die die tatrichterliche Würdigung
erleichtert.
Handelt es sich jedoch um ein Disagio von mehr als 5 %, so trifft die genannte
- auch von der Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen als marktüblich
angesehene - 5%ige Nichtbeanstandungsgrenze keine Aussage.
Keine Berücksichtigung von Nebenräumen beim häuslichen Arbeitszimmer
Bereits mit Beschluss vom 27.7.2015 hat der Große Senat des Bundesfinanzhofs
entschieden, dass die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer,
das nicht nahezu ausschließlich betrieblich oder beruflich genutzt wird
("gemischt genutztes Arbeitszimmer"), steuerlich nicht zu berücksichtigen
sind.
Nunmehr stellt der 10. Senat des Bundesfinanzhofs (BFH) mit Urteil vom 17.2.2016
fest, dass Aufwendungen für Nebenräume (Küche, Bad und Flur),
die in die häusliche Sphäre eingebunden sind und zu einem nicht unerheblichen
Teil privat genutzt werden, bei einem steuerrechtlich anzuerkennenden Arbeitszimmer
nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden können.
Mit der vorliegenden Entscheidung knüpft der BFH an das Aufteilungsverbot
auch für Nebenräume der häuslichen Sphäre an. Die Nutzungsvoraussetzungen
sind individuell für jeden Raum und damit auch für Nebenräume
zu prüfen. Eine zumindest nicht unerhebliche private Mitnutzung derartiger
Räume ist daher abzugsschädlich.
GmbH-Beteiligung an einer freiberuflichen Personengesellschaft
Eine Personengesellschaft übt nur dann eine "freiberufliche Tätigkeit"
und damit gewerbesteuerfreie Tätigkeit aus, wenn sämtliche Gesellschafter
die Merkmale eines freien Berufs erfüllen.
Übt ein Gesellschafter keinen freien Beruf aus, so gilt die gesamte, mit
Einkünfteerzielungsabsicht unternommene Tätigkeit der Personengesellschaft
als Gewerbebetrieb - und unterfällt der Gewerbesteuerpflicht.
Der Beteiligung eines Berufsfremden gleichgestellt ist nach einer Entscheidung
des Finanzgerichts Hamburg (FG) vom 7.1.2016 die mitunternehmerische Beteiligung
einer Kapitalgesellschaft, und zwar unabhängig von der Qualifikation der
anderen Gesellschafter.
Eine GmbH ist nach Auffassung des FG einkommensteuer- und gewerbesteuerrechtlich
bei der Qualifikation der Tätigkeit einer Personengesellschaft - im entschiedenen
Fall einer KG - als "berufsfremde Person" zu werten. Dies gilt unabhängig
davon, ob die GmbH Komplementärin oder Kommanditistin bei der KG ist.
Anmerkung: Das FG hat die Revision zum Bundesfinanzhof nicht zugelassen. Es
wurde jedoch eine Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt, die dort unter dem Az.
BFH: VIII B 16/16 anhängig ist.
Eigenbedarfskündigung bei bestehender Verkaufsabsicht
Nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs kann der Vermieter
nur kündigen, wenn er ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des
Mietverhältnisses hat. Dieses liegt u. a. vor, wenn der Vermieter die Wohnung
für sich, seine Familienangehörigen oder Angehörige seines Haushalts
benötigt (sog. Eigenbedarfskündigung). Im Falle eines vorgeschobenen
Eigenbedarfs kann der Vermieter gegenüber dem Mieter zu Schadensersatz
verpflichtet sein.
Eine Eigenbedarfskündigung kann nach Auffassung des Bundesgerichtshofs
in seinem Beschluss vom 10.5.2016 auch dann vorgeschoben sein, wenn ein Vermieter
seit Längerem Verkaufsabsichten hegt und der von ihm benannten Eigenbedarfsperson
den Wohnraum in der Erwartung vermietet, diese im Falle eines Verkaufs ohne
Schwierigkeiten zum Auszug bewegen zu können. Darauf, ob die Eigenbedarfsperson
die Verkaufsabsichten des Vermieters kennt, kommt es nicht an.
Im entschiedenen Fall hatte ein Vermieter das Mietverhältnis unter Berufung
auf einen Eigenbedarf seines Neffen am 15.11.2010 schriftlich gekündigt.
In der nachfolgenden Räumungsklage wurde den Mietern eine Räumungsfrist
bis zum 31.12.2012 gewährt. Die Mieter zogen jedoch bereits zum 31.7.2012
aus. Anschließend bewohnte der Neffe das Haus. Im April 2013 wurde das
Haus dann an einen Dritten veräußert, für den im selben Monat
eine Auflassungsvormerkung eingetragen wurde.
Die ehemaligen Mieter des Wohnhauses hielten den Eigenbedarf für vorgeschoben.
Ihrer Ansicht nach hatte der Vermieter von Anfang die Absicht, das Wohnhaus
gewinnbringend zu veräußern. Die Mieter haben vorgetragen, dass beginnend
ab dem Jahr 2008 das Haus zum Verkauf angeboten wurde. Diese Verkaufsbemühungen
hätten auch nach dem Ausspruch der Eigenbedarfskündigung angedauert
und seien schließlich im April 2013 von Erfolg gekrönt gewesen.
Mieterhöhungsverlangen auch ohne einschlägigen Mietspiegel
In einem vom Bundesgerichtshof (BGH) am 26.4.2016 entschiedenen Fall verlangte
der Vermieter eines Reihenendhauses in Bezug auf den für die Stadt gültigen
Mietspiegel von seinem Mieter eine Mieterhöhung. Dieser war allerdings
der Auffassung, dass der Mietspiegel nicht herangezogen werden kann, da im Mietspiegel
ausdrücklich ausgeführt ist, dass er "auf Wohnungen in Ein- und
Zweifamilienhäusern sowie Reihenhäusern" nicht anwendbar ist.
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH dürfen an die Begründung
eines Mieterhöhungsverlangens keine überhöhten Anforderungen
gestellt werden. Denn Zweck des Begründungserfordernisses ist es (lediglich),
dem Mieter im Interesse einer außergerichtlichen Einigung Tatsachen mitzuteilen,
die es dem Mieter ermöglichen, die vom Vermieter begehrte Mieterhöhung
- zumindest ansatzweise - auf ihre Berechtigung überprüfen zu können.
So genügt es regelmäßig, wenn der Vermieter in dem Erhöhungsverlangen
die ortsübliche Vergleichsmiete angibt und - soweit ein Mietspiegel als
Begründungsmittel herangezogen wird - die nach seiner Auffassung einschlägigen
Kategorien des Mietspiegels benennt.
Enthält ein Mietspiegel für die Bestimmung der ortsüblichen
Vergleichsmiete für Wohnungen in Ein- oder Zweifamilienhäusern beziehungsweise
Reihenhäusern keine Daten, sind damit die für Wohnungen in Mehrfamilienhäusern
angegebenen Entgelte nicht geeignet, eine Indizwirkung für die gerichtliche
Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete für solche Wohnungen zu
entfalten, die sich in Ein- oder Zweifamilienhäusern beziehungsweise in
Reihenhäusern befinden. Sehr wohl aber können die in derartigen Mietspiegeln
genannten Entgelte dem Mieter eine "Orientierungshilfe" für die
Einschätzung geben, ob die vom Vermieter für eine Wohnung in einem
- wie im vorliegenden Fall - Reihenendhaus (neu) verlangte Miete der ortsüblichen
Vergleichsmiete entspricht, weil für derartige Wohnungen gezahlte Mieten
erfahrungsgemäß über den Mieten liegen, die für Wohnungen
in Mehrfamilienhäusern mit vergleichbaren Wohnwertmerkmalen gezahlt werden.
Steuererklärung in Papier nicht mehr anerkannt - Verspätungszuschlag fällig
In einer Pressemitteilung informiert das Landesamt für Steuern in Rheinland-Pfalz,
dass ab diesem Jahr die Finanzverwaltung konsequent in Papierform abgegebene
Steuererklärungen ablehnt.
Grund: Die gesetzliche Pflicht zur elektronischen Abgabe besteht für Gewerbetreibende,
Land- und Forstwirte sowie Privathaushalte mit Photovoltaikanlagen oder Gewinneinkünften
aus Nebenerwerb über 410 €, wie z. B. Nebenerwerbslandwirten, bereits
seit 2011.
Liegt kein Härtefall vor, so wird eine in Papierform eingereichte Erklärung
als nicht abgegeben gewertet. Entsprechend muss mit Verspätungszuschlägen
gerechnet werden. Der Verspätungszuschlag kann bis zu 10 % der festgesetzten
Steuer betragen und wird nach Ablauf der Abgabefrist erhoben.
Anmerkung: Als Härtefall gilt, wer beispielsweise die erforderliche
technische Ausstattung mit PC und Internetanschluss nur mit erheblichem finanziellen
Aufwand anschaffen kann oder dessen Kenntnisse und persönlichen Fähigkeiten
zum Umgang damit nicht oder nur eingeschränkt vorhanden sind.
Neue Regeln für die Makler- und Verwalter-Berufszulassung
Um die Berufszulassung zu erhalten, sollen Immobilienmakler künftig auch
ihre Fachkompetenz nachweisen. Die Neuregelung orientiert sich an den bewährten
Bestimmungen, die bereits bei der Berufszulassung von Versicherungs- und Finanzanlagenvermittlern
gelten.
Für gewerbliche Immobilienmakler und Wohnungseigentumsverwalter soll es
künftig neue Standards geben.
- Die Einführung eines Sachkundenachweises soll die von Immobilienmaklern
und Wohnungseigentumsverwaltern erbrachten Dienstleistungen qualitativ verbessern
und damit den Verbraucherschutz stärken.
- Der erforderliche Sachkundenachweis bei Wohnungseigentumsverwaltern soll
zudem einen Beitrag zur Förderung der energetischen Gebäudesanierung
und Modernisierung von Wohnimmobilien leisten.
- Die Einführung einer Berufshaftpflichtversicherung für Verwalter
soll Wohnungseigentümer vor finanziellen Schäden schützen,
die durch die fehlerhafte Berufsausübung entstehen können.
Abnahme einer Wohnung durch Einzug und Kaufpreiszahlung
In der Regel wird bei neu zu errichtenden Eigentumswohnungen eine förmliche
Abnahme vereinbart. Die Vereinbarung einer förmlichen Abnahme kann durch
eine stillschweigende Vereinbarung nachträglich wieder aufgehoben werden.
Es bedarf jedoch hinreichender Anhaltspunkte für die Annahme derartiger
Aufhebungsvereinbarungen. An das Vorliegen der Voraussetzungen einer Aufhebung
sind strenge Anforderungen zu stellen.
Vor diesem Hintergrund haben die Richter des Oberlandesgerichts Bamberg entschieden,
dass zumindest konkludent die Abnahme einer Wohneigentumslage erfolgt, wenn
sämtliche Erwerber ihre Wohnung bezogen und diese zusammen mit den in gemeinschaftlichem
Eigentum stehenden Teilen der Wohnanlage genutzt und zudem den Kaufpreis vollständig
bezahlt haben.
So hatte in dem entschiedenen Fall keine der Kaufvertragsparteien, auf Erwerberseite
auch nicht die Gemeinschaft der Eigentümer für die Käufer, vor
oder bei Zahlung der letzten Kaufpreisrate für das gemeinschaftliche Eigentum
auf die Durchführung einer förmlichen Abnahme entsprechend der gleichlautenden
Regelung in den Erwerberverträgen bestanden. Mit der vollständigen
Zahlung der letzten Kaufpreisrate haben die Erwerber zudem jeder für sich
zum Ausdruck gebracht, dass sie das Werk insgesamt als im Wesentlichen vertragsgemäß
anerkennen.
Einwendungsausschluss auch für nicht umlagefähige Betriebskosten
Grundsätzlich ist über die Vorauszahlungen für Betriebskosten
jährlich abzurechnen. Die Abrechnung ist dem Mieter spätestens bis
zum Ablauf des zwölften Monats nach Ende des Abrechnungszeitraums mitzuteilen.
Einwendungen gegen die Abrechnung hat der Mieter dem Vermieter spätes-tens
bis zum Ablauf des zwölften Monats nach Zugang der Abrechnung mitzuteilen.
Nach Ablauf dieser Frist kann der Mieter Einwendungen nicht mehr geltend machen,
es sei denn, er hat die verspätete Geltendmachung nicht zu vertreten.
Beinhaltet eine Betriebskostenkostenabrechnung nicht umlagefähige Kosten,
gilt auch dafür dieser Einwendungsausschluss. Dies entschieden die Richter
des Bundesgerichtshofs mit ihrem Urteil vom 11.5.2016.
Kaufpreisaufteilung in Grund und Boden und Gebäude im notariellen Kaufvertrag
Die Höhe der Gebäudeabschreibung (AfA) richtet sich nach den Anschaffungskosten
für das Gebäude; der Grund und Boden wird hier nicht berücksichtigt.
Wurde die entsprechende Kaufpreisaufteilung im Kaufvertrag vorgenommen, sind
diese vereinbarten und bezahlten Anschaffungskosten nach einer Entscheidung
des Bundesfinanzhofs vom 16.9.2015 grundsätzlich auch der Besteuerung zugrunde
zu legen. Wenngleich dem Käufer im Hinblick auf seine AfA-Berechtigung
typischerweise an einem höheren Anschaffungswert des Gebäudes gelegen
ist und die entsprechende Aufteilungsvereinbarung - zugunsten des Verkäufers
- ggf. Einfluss auf eine für ihn positive sonstige Vertragsgestaltung haben
kann, rechtfertigt dies grundsätzlich noch keine abweichende Verteilung.
Vereinbarungen der Vertragsparteien über Einzelpreise für Einzelwirtschaftsgüter
binden allerdings nicht, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, der Kaufpreis
sei nur zum Schein bestimmt worden oder die Voraussetzungen eines Gestaltungsmissbrauchs
seien gegeben.
Anmerkung: Die Finanzverwaltung stellt eine Arbeitshilfe als Excel-Datei
zur Verfügung, die es ermöglicht, "in einem typisierten Verfahren"
entweder eine Kaufpreisaufteilung selbst vorzunehmen oder die Plausibilität
einer vorliegenden Kaufpreisaufteilung zu prüfen. Zusätzlich steht
eine Anleitung für die Berechnung zur Aufteilung eines Grundstückskaufpreises
zur Verfügung.
Bitte beachten Sie! Die Arbeitshilfe geht von einem "typisierten
Verfahren" aus, das vermutlich in den wenigsten Fällen der realen
Praxis entspricht. Es empfiehlt sich deshalb, eine sachgerechte Kaufpreisaufteilung
im notariellen Kaufvertrag vorzunehmen.
"Bestellerprinzip" bei Maklerprovisionen für Wohnraummietverträge verfassungsgemäß
Der Gesetzgeber hat durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz das Bestellerprinzip
bei der Wohnungsvermittlung eingeführt. Danach darf ein Wohnungsvermittler
für die Vermittlung oder den Nachweis der Gelegenheit zum Abschluss von
Mietverträgen über Wohnräume vom Wohnungssuchenden kein Entgelt
fordern, sich versprechen lassen oder annehmen, es sei denn, der Wohnungsvermittler
holt ausschließlich wegen des Vermittlungsvertrags mit dem Wohnungssuchenden
vom Vermieter den Auftrag ein, die Wohnung anzubieten.
Auch Vereinbarungen, durch die Wohnungssuchende verpflichtet werden, ein vom
Vermieter oder einem Dritten geschuldetes Vermittlungsentgelt zu zahlen, sind
unwirksam. Hierdurch soll gewährleistet werden, dass diejenige Partei,
in deren wirtschaftlichem Interesse der Wohnungsvermittler vorwiegend tätig
wird, auch dessen Vertragspartner im rechtlichen Sinne wird und bleibt.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hatte sich in diesem Zusammenhang mit
2 Beschwerden zu befassen. Darin rügten Immobilienmakler mit ihrer Verfassungsbeschwerde
im Wesentlichen eine Verletzung ihrer Berufsfreiheit und ein Wohnungsmieter
rügte die Verletzung seiner durch das Grundgesetz (GG) geschützten
Vertragsfreiheit.
In seinem Beschluss vom 29.6.2016 stellt das BVerfG nunmehr hierzu fest, dass
die angegriffenen Regelungen zwar die Berufsfreiheit der Immobilienmakler beschränken,
dies aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt sei. Der Gesetzgeber darf die
durch das GG geschützte Freiheit, ein Entgelt für berufliche Leistungen
einzelvertraglich zu vereinbaren, durch zwingendes Gesetzesrecht begrenzen,
um sozialen oder wirtschaftlichen Ungleichgewichten entgegenzuwirken.
Auch das gleichzeitig eingeführte Textformerfordernis für Wohnungsvermittlungsverträge
verletzt die Immobilienmakler nicht in ihrer Berufsfreiheit. Das Textformerfordernis
dient dem legitimen Zweck, die Beteiligten zuverlässig über den Inhalt
und die rechtlichen Folgen ihrer Erklärungen zu informieren und hiermit
Rechtssicherheit und Rechtsklarheit für die Betroffenen zu fördern.
Ordentliche Kündigung bei beharrlichem Leugnen einer Pflichtverletzung durch den Mieter
Die Nichtzahlung einer auf die Verletzung mietvertraglicher Pflichten zurückgehende
titulierte Schadensersatzforderung des Vermieters stellt keine die ordentliche
Kündigung des Mietverhältnisses berechtigende schuldhafte Pflichtverletzung
des Mieters dar, wenn dieser aufgrund einer festgestellten Vermögenslosigkeit
nicht zahlen kann.
In dem beharrlichen Leugnen der Pflichtverletzung allerdings kann dann ein
berechtigter Grund zur ordentlichen Kündigung liegen, wenn Umstände
festgestellt werden können, die die Besorgnis des Vermieters begründen,
der Mieter setze seine Obhutspflichtverletzung auch nach der rechtskräftigen
Verurteilung fort.
Das entschied der Bundesgerichtshof mit seinem Urteil vom 13.4.2016. Im entschiedenen
Fall kam der Mieter seinen Belüftungspflichten nicht nach, wobei erhebliche
Feuchtigkeitsschäden in der Mietwohnung auftraten.
Sofortabzug eines Disagios nur bei Marktüblichkeit
Ein Disagio ist nur dann nicht sofort als Werbungskosten abziehbar, wenn es
sich nicht im Rahmen des am aktuellen Kreditmarkt Üblichen hält. Wird
eine Disagiovereinbarung mit einer Geschäftsbank wie unter fremden Dritten
geschlossen, indiziert dies die Marktüblichkeit.
In seiner Entscheidung vom 8.3.2016 legt der Bundesfinanzhof zum Abzug des
Disagios als Werbungskosten fest:
Ausgaben sind in dem Kalenderjahr anzusetzen, in dem sie geleistet worden sind.
Werden Ausgaben für eine Nutzungsüberlassung von mehr als 5 Jahren
im Voraus geleistet, sind sie insgesamt auf den Zeitraum gleichmäßig
zu verteilen. Diese Regelung ist auf ein Disagio jedoch nicht anzuwenden, soweit
es marktüblich ist. Danach ist auch ein marktübliches Disagio, das
für einen Kredit über eine Laufzeit von mehr als 5 Jahren gezahlt
wird, nicht auf die Laufzeit zu verteilen, sondern kann im Jahr der Leistung,
d. h. des Abflusses, voll zum Abzug gebracht werden.
Demgegenüber ist eine "Zinsvorauszahlung" regelmäßig
anzunehmen, wenn der Nominalzins ungewöhnlich niedrig und das Disagio entsprechend
hoch bemessen ist. Danach rechtfertigt nur ein ungewöhnlicher Nominalzins
die Versagung des Sofortabzugs des Disagios.
Soweit das Bundesfinanzministerium aus Vereinfachungsgründen von der Marktüblichkeit
ausgeht, wenn für ein Darlehen mit einem Zinsfestschreibungszeitraum von
mindestens 5 Jahren ein Disagio in Höhe von bis zu 5 % vereinbart worden
ist, bedeutet dies eine Sachverhaltstypisierung, die die tatrichterliche Würdigung
erleichtert.
Handelt es sich jedoch um ein Disagio von mehr als 5 %, so trifft die genannte
- auch von der Finanzverwaltung aus Vereinfachungsgründen als marktüblich
angesehene - 5%ige Nichtbeanstandungsgrenze keine Aussage.
Fristlose Kündigung aufgrund fingierter Pfandrücknahme
In einem von Landesarbeitsgericht Düsseldorf (LAG) am 7.12.2015 entschiedenen
Fall verbuchte ein Supermarkt erhebliche Inventurverluste, die auf einen Diebstahl
durch Mitarbeiter hindeuteten. Daraufhin wurden verdeckte Videoüberwachungen
durchgeführt. Der Betriebsrat stimmte dieser Überwachung unter der
Bedingung zu, dass eine Sichtung und Auswertung der Videoaufzeichnungen in seinem
Beisein vorgenommen werden.
Zufällig wurde dann auf einer Videosequenz entdeckt, dass die stellvertretende
Filialleiterin - zugleich auch als Kassiererin tätig - eine Pfandrücknahme
manipuliert hatte, um sich dadurch ein Pfandgeld von 3,25 € auszuzahlen.
Der daraufhin ausgesprochenen fristlosen Kündigung stimmte der Betriebsrat
zu, obwohl er bei der Auswertung der Videosequenz nicht dabei war.
Das LAG entschied dazu: Erstellt ein Arbeitnehmer einen falschen Pfandbon,
um sich unter Verletzung des Vermögens seines Arbeitgebers das Pfandgeld
rechtswidrig zuzueignen, ist der mit einer derartigen Pflichtverletzung verbundene
Vertrauensbruch auch bei einem geringfügigen Schaden jedenfalls dann besonders
gravierend, wenn der betreffende Arbeitnehmer gerade damit betraut ist, die
Vermögensinteressen des Arbeitgebers zu wahren, wie dies bei einer Kassiererin
der Fall ist.
Der Verstoß gegen eine Vereinbarung mit dem Betriebsrat, eine Videoüberwachung
nur im Beisein des Betriebsrats auszuwerten, führt jedenfalls dann nicht
zu einem Beweisverwertungsverbot, wenn er der Verwendung als Beweismittel und
der darauf gestützten Kündigung zustimmt und die Beweisverwertung
nach den allgemeinen Grundsätzen gerechtfertigt ist.
Bei im Rahmen einer Videoüberwachung sich ergebenden "Zufallsfunden"
muss das Beweisinteresse des Arbeitgebers höher zu gewichten sein als das
Interesse des Arbeitnehmers an der Achtung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts.
Steuererklärung in Papier nicht mehr anerkannt - Verspätungszuschlag fällig
In einer Pressemitteilung informiert das Landesamt für Steuern in Rheinland-Pfalz,
dass ab diesem Jahr die Finanzverwaltung konsequent in Papierform abgegebene
Steuererklärungen ablehnt.
Grund: Die gesetzliche Pflicht zur elektronischen Abgabe besteht für Gewerbetreibende,
Land- und Forstwirte sowie Privathaushalte mit Photovoltaikanlagen oder Gewinneinkünften
aus Nebenerwerb über 410 €, wie z. B. Nebenerwerbslandwirten, bereits
seit 2011.
Liegt kein Härtefall vor, so wird eine in Papierform eingereichte Erklärung
als nicht abgegeben gewertet. Entsprechend muss mit Verspätungszuschlägen
gerechnet werden. Der Verspätungszuschlag kann bis zu 10 % der festgesetzten
Steuer betragen und wird nach Ablauf der Abgabefrist erhoben.
Anmerkung: Als Härtefall gilt, wer beispielsweise die erforderliche
technische Ausstattung mit PC und Internetanschluss nur mit erheblichem finanziellen
Aufwand anschaffen kann oder dessen Kenntnisse und persönlichen Fähigkeiten
zum Umgang damit nicht oder nur eingeschränkt vorhanden sind.
Betrieb einer Solaranlage kann Elterngeld mindern
Für die Ermittlung des Einkommens aus nicht selbstständiger Erwerbstätigkeit
vor der Geburt sind nach dem Bundeselterngeldgesetz die 12 Kalendermonate
vor dem Monat der Geburt des Kindes maßgeblich. Abweichend davon ist
für die Ermittlung des Einkommens aus nicht selbstständiger Erwerbstätigkeit
vor der Geburt der steuerliche Veranlagungszeitraum maßgeblich, der
den Gewinnermittlungszeiträumen zugrunde liegt, wenn die berechtigte
Person in den Zeiträumen auch Einkommen aus selbstständiger Erwerbstätigkeit
hatte.
In einem vor dem Bundessozialgericht (BSG) entschiedenen Fall bezog eine Steuerpflichtige
neben ihrem Gehalt aus einer abhängigen Beschäftigung auch Gewinneinkünfte
aus dem Betrieb einer Solaranlage. Der Landkreis berechnete deshalb das Elterngeld
für ihr im August 2013 geborenes Kind auf der Grundlage des letzten steuerlichen
Veranlagungszeitraums, dem Jahr 2012. Die Einkünfte im Jahr 2013 blieben
damit außer Betracht.
Das BSG bestätigte die Wahl dieses Bemessungszeitraums mit Urteil vom
21.6.2016. Das Gesetz schreibt diesen Bemessungszeitraum bei sog. Mischeinkünften
aus selbstständiger und abhängiger Beschäftigung zwingend vor.
Anmerkung: Die damit in Einzelfällen verbundenen Belastungen -
bei der Steuerpflichtigen ein Verlust von immerhin mehreren Tausend Euro Elterngeld
- sind nach Auffassung des BSG durch das gesetzgeberische Ziel der Verwaltungsvereinfachung
gerechtfertigt.
Steuerliche Behandlung von Entlassungsentschädigungen
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs setzt die Anwendung
der begünstigten Besteuerung von Entlassungsentschädigungen nach der
sog. Fünftelregelung u. a. voraus, dass die Entschädigungsleistungen
zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum (VZ) zufließen. Der Zufluss
mehrerer Teilbeträge in unterschiedlichen Veranlagungszeiträumen ist
deshalb grundsätzlich steuerschädlich. Dies gilt jedoch nicht, soweit
es sich um eine im Verhältnis zur Hauptleistung stehende geringfügige
Zahlung handelt, die in einem anderen VZ zufließt.
Mit Schreiben vom 4.3.2016 teilt die Finanzverwaltung nunmehr mit, dass sie
aus Vereinfachungsgründen dann eine steuerlich unschädliche geringfügige
Zahlung annehmen will, wenn diese nicht mehr als 10 % der Hauptleistung beträgt.
Darüber hinaus kann eine Zahlung unter Berücksichtigung der konkreten
individuellen Steuerbelastung als geringfügig anzusehen sein, wenn sie
niedriger ist als die tarifliche Steuerbegünstigung der Hauptleistung.
Ferner können auch ergänzende Zusatzleistungen, die Teil der einheitlichen
Entschädigung sind und in späteren VZ aus Gründen der sozialen
Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit gewährt werden,
für die Beurteilung der Hauptleistung als einer zusammengeballten Entschädigung
unschädlich sein.
Bestimmen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dass die fällige Entschädigung
erst im Folgejahr zufließen soll, ist dies für die Anwendung der
Fünftelregelung unschädlich. Ein auf 2 Jahre verteilter Zufluss der
Entschädigung ist ausnahmsweise unschädlich, wenn die Zahlung der
Entschädigung von vornherein in einer Summe vorgesehen war und nur wegen
ihrer ungewöhnlichen Höhe und der besonderen Verhältnisse des
Zahlungspflichtigen auf 2 Jahre verteilt wurde oder wenn der Entschädigungsempfänger
dringend auf den baldigen Bezug einer Vorauszahlung angewiesen war.
Anmerkung: Die Anwendung der sog. Fünftelregelung kann Steuern sparen
helfen, wenn sie richtig durchgeführt wird. Nachdem es sich bei Entschädigungszahlungen
i. d. R. um höhere Beträge handelt, sollten sich betroffene Steuerpflichtige
in jedem Fall dazu im Detail beraten lassen, um Fehler zu vermeiden.
Rückzahlung von Weiterbildungskosten - jährliche Minderung der Rückzahlungspflicht
In einem Fall aus der Praxis vereinbarten Arbeitgeber und Arbeitnehmer einen
"Ausbildungs-Anstellungsvertrag". Dieser sah vor, dass der Arbeitnehmer
zunächst eine zehnmonatige Ausbildung zum Prüfingenieur absolviert
und danach als solcher beschäftigt wird. Der Arbeitgeber übernimmt
sämtliche Kosten der Ausbildung. Arbeitnehmer und Arbeitgeber waren sich
einig, dass aufseiten des Arbeitgebers Kosten in Höhe von rund 35.500 €
entstehen.
In dem Vertrag war geregelt, dass der Arbeitnehmer zur Rückzahlung der
Ausbildungskosten verpflichtet ist, wenn er vor Ablauf von 3 Jahren seit Aufnahme
der Prüftätigkeit ausscheiden sollte: 100 % der Ausbildungskosten
bei Ausscheiden im ersten, 66,66 % der Ausbildungskosten bei Ausscheiden im
zweiten und 33,33 % der Ausbildungskosten bei Ausscheiden im dritten Jahr. Nach
Bestehen der Prüfung war ein Gehalt von 3.200 € brutto/Monat, ab dem
7. Monat 18 Monate lang 3.500 €, ab dem 19. Monat 3.700 € vereinbart.
Nach Ablauf der dreijährigen Betriebszugehörigkeit sind sämtliche
entstandenen Ausbildungskosten abgegolten.
Das Landesarbeitsgericht Mainz hat mit seinem Urteil vom 3.3.2015 dazu entschieden,
dass die Regelung zur Rückzahlung der Ausbildungskosten den Arbeitnehmer
unangemessen benachteilige, weil sie lediglich eine jährlich gestaffelte
Minderung der Rückzahlungsverpflichtung vorsieht. Darüber hinaus ist
eine arbeitsvertragliche Klausel dann unangemessen, wenn sie bei einer Rückforderungssumme,
die das Bruttomonatseinkommen des fortgebildeten Arbeitnehmers um ein Vielfaches
übersteigt, bei einer dreijährigen Bindungsdauer nur eine grobe, jährlich
gestaffelte Minderung der Rückzahlungsverpflichtung vorsieht, ohne auf
eine ausdifferenzierte, etwa monatliche Staffelung abzustellen.
Fallen Fortbildungskosten an, die das Bruttomonatseinkommen des Arbeitnehmers
um ein Vielfaches übersteigen, berücksichtigt eine nur jährliche
Staffelung das grundgesetzlich geschützte Interesse des Arbeitnehmers an
einer möglichst unbeeinträchtigten Ausübung seiner Berufsfreiheit
nicht ausreichend. Eine solche Klausel ist damit unwirksam. Ein schützenswertes
Interesse des Arbeitgebers daran, bei Rückzahlungsvereinbarungen durch
eine Drittelung der Rückzahlungsschuld den Bleibedruck auf den Arbeitnehmer
angesichts der Höhe der Rückzahlungsforderung am Anfang eines jeden
Jahres genauso hoch zu halten, wie am Ende dieses Zeitabschnitts, ist jedenfalls
bei Rückzahlungsforderungen in erheblicher Größenordnung nicht
erkennbar.
Steuerermäßigung als haushaltsnahe Dienstleistungen für ein Notrufsystem
Aufwendungen für ein Notrufsystem, das innerhalb einer Wohnung im Rahmen
des "Betreuten Wohnens" Hilfeleistung rund um die Uhr sicherstellt,
können nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) als haushaltsnahe
Dienstleistungen die Einkommensteuer ermäßigen.
Im entschiedenen Fall bewohnte ein Steuerpflichtiger eine Wohnung im Rahmen
des "Betreuten Wohnens" in einer Seniorenresidenz. Mit dem Betreiber
der Residenz schloss er einen Seniorenbetreuungsvertrag ab. Darin verpflichtete
sich der Betreiber u. a. dazu, ein Notrufsystem, einschließlich des für
die Nachtwache und die Soforthilfe im Notfall erforderlichen Fachpersonals,
für 24 Stunden pro Tag zur Verfügung zu stellen. Der Steuerpflichtige
machte 1.357 € (76 % der Betreuungspauschale) als Aufwendungen für
haushaltsnahe Dienstleistungen steuerlich geltend, die das Finanzamt nicht anerkannte.
Der BFH entschied jedoch zugunsten des Steuerpflichtigen, dass es sich bei
den Aufwendungen für das mit der Betreuungspauschale abgegoltene Notrufsystem
um solche für eine haushaltsnahe Dienstleistung handelt. Da der Leistungserfolg
in der Wohnung des Steuerpflichtigen eintritt, wird die Leistung auch im räumlichen
Bereich des Haushalts erbracht. Dabei spielt es keine Rolle, dass die Notrufzentrale
sich außerhalb des Haushalts des Steuerpflichtigen befindet.
"Gemischt genutzte Räume" sind keine Arbeitszimmer
Aufwendungen für häusliche Arbeitszimmer sind nur unter der Voraussetzung
steuerlich abziehbar, dass für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit
kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Höhe der abziehbaren
Aufwendungen ist dabei grundsätzlich auf 1.250 € im Jahr begrenzt.
Ein darüber hinaus gehender Abzug ist nur möglich, wenn das Arbeitszimmer
den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung
bildet.
Ein häusliches Arbeitszimmer setzt voraus, dass es sich um einen büromäßig
eingerichteten Raum handelt, der ausschließlich oder nahezu ausschließlich
für betriebliche oder berufliche Zwecke genutzt wird. Fehlt es hieran,
sind die Aufwendungen hierfür insgesamt nicht abziehbar. Damit scheidet
eine Aufteilung und anteilige Berücksichtigung im Umfang der betrieblichen
oder beruflichen Verwendung - aus. Das trifft insbesondere auch bei einer
sog. "Arbeitsecke" zu. Dies hat der Große Senat des Bundesfinanzhofs
mit Beschluss vom 27.7.2015 festgelegt.
Im entschiedenen Fall war streitig, ob Kosten für einen Wohnraum, der
zu 60 % zur Erzielung von Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und zu 40
% privat genutzt wird, anteilig als Werbungskosten abziehbar sind. Der Große
Senat begründet seine negative Entscheidung damit, dass der Gesetzgeber
ausdrücklich an den herkömmlichen Begriff des "häuslichen
Arbeitszimmers" angeknüpft hat, der seit jeher voraussetzt, dass der
Raum wie ein Büro eingerichtet ist und ausschließlich oder nahezu
ausschließlich zur Erzielung von Einnahmen genutzt wird.
Verfassungsbeschwerden gegen das Alterseinkünftegesetz ohne Erfolg
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat 3 Verfassungsbeschwerden gegen das
zum 1.1.2005 in Kraft getretene Alterseinkünftegesetz nicht zur Entscheidung
angenommen. Somit blieben diese ohne Erfolg.
Nach den Neuregelungen des Alterseinkünftegesetzes findet ein Systemwechsel
hin zu einer nachgelagerten Besteuerung statt. Demnach werden Renteneinkünfte
aus der gesetzlichen Rentenversicherung und aus berufsständischen Versorgungen
- zunächst mit einem Anteil von 50 % und dann je nach Eintrittsalter bis
2040 graduell auf 100 % ansteigend - besteuert.
Nach Auffassung des BVerfG steht dem Gesetzgeber bei der Neuordnung der einkommensteuerrechtlichen
Behandlung von Altersvorsorgeaufwendungen und Altersbezügen ein weiter
Gestaltungsspielraum zu. Insbesondere hält das oberste deutsche Gericht
es mit dem allgemeinen Gleichheitssatz vereinbar, dass er Renteneinkünfte
aus den verschiedenen Basisversorgungen gleich behandelt, obwohl die hierfür
bis 2004 geleisteten Beiträge teilweise in unterschiedlichem Maße
steuerentlastet waren.
Befreiung von der Zweitwohnungsteuer für aus beruflichen Gründen gehaltene Nebenwohnung eines Verheirateten
Eine aus beruflichen Gründen in Hamburg gehaltene Nebenwohnung eines nicht
dauernd getrennt lebenden Ehepartners ist unabhängig vom zeitlichen Umfang
der Nutzung von der Zweitwohnungsteuer befreit. Das hat der Bundesfinanzhof
(BFH) mit Urteil vom 30.9.2015 festgelegt.
Im entschiedenen Fall hatte ein verheirateter Steuerpflichtiger seinen Hauptwohnsitz
zunächst in Hamburg, wo er eine freiberufliche Tätigkeit ausübte.
Später verlegte er seinen Hauptwohnsitz an den Wohnort seiner Ehefrau.
Danach meldete er in Hamburg einen Nebenwohnsitz an, den er aus beruflichen
Gründen an 2 bis 3 Tagen in der Woche bewohnte. Das Finanzamt setzte Zweitwohnungsteuer
fest, weil es davon ausging, dass die Wohnung nur sporadisch und nicht überwiegend
beruflich genutzt wird.
Nach Auffassung des BFH setzt der Wortlaut des Hamburgischen Zweitwohnungsteuergesetzes
nur voraus, dass ein Ehepartner die Wohnung aus überwiegend beruflichen
Gründen innehat. Die Steuerbegünstigung hängt nicht davon ab,
dass die Nebenwohnung in Hamburg von dem dort gemeldeten Ehepartner auch überwiegend
genutzt wird. Die aus der ehelichen Lebensgemeinschaft resultierenden Verpflichtungen
rechtfertigen eine Ungleichbehandlung gegenüber unverheirateten Personen.
Anmerkung: Das BFH-Urteil betrifft nicht nur Hamburg, sondern vermutlich
alle Städte oder Gemeinden, die eine Zweitwohnungssteuer erheben.
Kapitalabfindungen aus Direktversicherung und Sofortrenten sind krankenversicherungspflichtig
Werden von freiwillig Versicherten Kapitalleistungen aus einer vom Arbeitgeber
abgeschlossenen Direktversicherung in eine Sofortrentenversicherung angelegt,
sind sowohl die Kapitalleistung aus der Lebensversicherung als auch die Sofortrente
beitragspflichtig in der gesetzlichen Kranken- und Pflegeversicherung. Das stellt
das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz mit Urteil vom 3.12.2015 fest.
Im entschiedenen Fall legte ein freiwillig Versicherter die Kapitalleistung
aus einer durch den Arbeitgeber abgeschlossenen Lebensversicherung in Form einer
Direktversicherung in einer Sofortrentenversicherung an. Hierauf erhoben Kranken-
und Pflegeversicherung Beiträge. Er machte geltend, dass die Kapitalabfindung
ihm nicht ausgezahlt wurde, weil er fast den ganzen Betrag direkt in eine Sofortrentenversicherung
investiert hat, durch welche ihm monatlich etwa 500 € ausgezahlt werden.
Die Krankenversicherung stellte sich nun auf den Standpunkt, der Versicherte
müsse nicht nur die Beiträge für die Kapitalabfindung zahlen,
sondern zusätzlich noch rund 74 € monatlich auf die Sofortrente.
Nach den auf gesetzlicher Grundlage erlassenen bundesweit geltenden "Beitragsverfahrensgrundsätzen
Selbstzahler" des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen sind sowohl die
Kapitalabfindung als auch die Sofortrente beitragspflichtig, weil es sich
um zwei verschiedene Versicherungen handelt und nicht aus der ersten Versicherung
nur eine Rentenzahlung anstelle einer Kapitalabfindung erlangt wurde.