Mandantenbrief Juli 2017
Theodor Fontane; 1819 - 1898, deutscher Schriftsteller und Erzähler
Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz - Neuregelungen auch bei der Steuerklassenwahl und dem Kindergeld
Am 2.6.2017 passierte das sogenannte Steuerumgehungsbekämpfungsgesetz
(StUmgBG) den Bundesrat. Es enthält eine Vielzahl an steuerlichen Anpassungen
und Änderungen quer durch die Steuergesetze.
Vorrangiges Ziel des Gesetzes ist es, die Möglichkeiten einer Steuerumgehung
mittels sog. "Briefkastenfirmen" zu erschweren. Durch erhöhte
Transparenz, verbunden mit erweiterten Mitwirkungspflichten, sowohl durch die
Steuerpflichtigen als auch durch Dritte (Banken), sowie neuer Ermittlungsbefugnisse
der Finanzbehörden sollen Domizilgesellschaften künftig wirksamer
erkannt werden können. Damit steigt das Entdeckungsrisiko und erhöht
dadurch auch die präventive Wirkung.
Zu den wichtigsten vorgesehenen Maßnahmen zählen:
- Das sog. steuerliche Bankgeheimnis wird aufgehoben.
- Sammelauskunftsersuchen durch die Finanzbehörden werden klarer definiert. Ermittlungen "ins Blaue hinein" bleiben aber weiterhin unzulässig.
- Das Kontenabrufverfahren für Besteuerungszwecke wird auf die Erhebung von Rückforderungsansprüchen für bundesgesetzlich geregelte Steuererstattungen und Steuervergütungen (z. B. Kindergeld) ausgeweitet. Künftig können auch Fälle ermittelt werden, in denen ein inländischer Steuerpflichtiger Verfügungsberechtigter oder wirtschaftlich Berechtigter eines Kontos oder Depots einer natürlichen Person, Personengesellschaft, Körperschaft, Personenvereinigung oder Vermögensmasse mit Wohnsitz, gewöhnlichem Aufenthalt, Sitz, Hauptniederlassung oder Geschäftsleitung außerhalb des Geltungsbereichs der Abgabenordnung ist.
- Das Bundeszentralamt für Steuern kann auf sämtliche in der Kontenabruf-Datei enthaltene Daten zugreifen.
- Die Aufbewahrungsfrist für Kontenabrufdaten bei Kreditinstituten nach einer Kontenauflösung wird auf 10 Jahre verlängert.
- Die Anzeigepflicht für den Erwerb von qualifizierten Beteiligungen an ausländischen Gesellschaften wird vereinheitlicht und gilt insbesondere für unmittelbare und mittelbare Beteiligungen gleichermaßen - bereits ab einer 10 %igen Beteiligung.
- Künftig müssen auch Geschäftsbeziehungen zu Personengesellschaften, Körperschaften, Personenvereinigungen oder Vermögensmassen in Drittstaaten (Drittstaat-Gesellschaft), auf die unmittelbar oder mittelbar beherrschender Einfluss besteht, angezeigt werden. Pflichtverletzungen können mit Bußgeldern bis zu 25.000 € belegt werden.
- Steuerpflichtige, die allein oder zusammen mit nahestehenden Personen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden oder bestimmenden Einfluss auf gesellschaftsrechtliche, finanzielle oder geschäftliche Angelegenheiten einer Drittstaat-Gesellschaft ausüben können, müssen Unterlagen 6 Jahre lang aufbewahren und Außenprüfungen ohne Begründung zulassen.
- In Zukunft werden Banken umfangreicher in Anspruch genommen. Im Rahmen der Legitimationsprüfung müssen Kreditinstitute auch das steuerliche Identifikationsmerkmal des Kontoinhabers und das jedes anderen Verfügungsberechtigten bzw. jedes anderen wirtschaftlich Berechtigten erheben und aufzeichnen und die Identifikationsnummer kontinuierlich überwachen und aktualisieren. Ausgenommen sind Konsumentenkredite bis max. 12.000 €.
- Im Falle einer Steuerhinterziehung verlängert sich die Zahlungsverjährungsfrist von 5 auf 10 Jahre.
- Die fortgesetzte Steuerhinterziehung durch verdeckte Geschäftsbeziehungen zu einer beherrschten Drittstaat-Gesellschaft wurde in den Katalog der besonders schweren Fälle einer Steuerhinterziehung aufgenommen; eine strafbefreiende Selbstanzeige hierzu wird ausgeschlossen.
Mit dem Gesetz sind neben den Maßnahmen zur Bekämpfung der Steuerumgehung
noch weitere Änderungen beschlossen worden, die nichts mit Steuerumgehung
zu tun haben. So wurde überraschend noch eine Änderung zum Kindergeld
eingefügt, mit der ein Kindergeldantrag nur noch für 6 Monate rückwirkend
gestellt werden kann. Neu aufgenommen wurde auch eine Datenübermittlung
durch das Bundeszentralamt für Steuern an die Familienkasse. Des Weiteren
erfolgt künftig die Einstufung beider Ehegatten nach der Heirat automatisch
in Steuerklasse IV. Dies gilt auch, wenn nur einer der beiden ein Gehalt bezieht.
Ein Steuerbescheid kann in Zukunft zugunsten des Steuerpflichtigen aufgehoben
oder geändert werden, wenn die übermittelten Daten zu seinen Ungunsten
unrichtig sind. Das gilt jedoch nur, wenn diese Daten rechtserheblich sind.
Inkrafttreten: Das Gesetz tritt am Tag nach seiner Verkündung in
Kraft. Die Änderungen zum Kindergeld und der steuerlichen Eingruppierung
von Ehegatten hingegen treten erst am 1.1.2018 in Kraft.
Neuregelungen bei den GWG und Sanierungserträgen durch das Gesetz gegen schädliche Steuerpraktiken
Mit dem vom Bundesrat am 2.6.2017 verabschiedeten Gesetz gegen schädliche
Steuerpraktiken im Zusammenhang mit Rechteüberlassungen werden die steuerliche
Abzugsmöglichkeit für Lizenzaufwendungen und andere Aufwendungen für
Rechteüberlassungen, die beim Empfänger nicht oder nur niedrig besteuert
werden, eingeschränkt.
Darüber hinaus sind in dem Gesetzespaket verschiedene Maßnahmen
enthalten, die für die meisten Steuerpflichtigen interessant sein dürften.
Dazu gehören
- die Anhebung der Grenze für geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG) zur Sofortabschreibung von 410 € auf 800 €,
- die Anhebung der unteren Wertgrenze zur Bildung eines Sammelpostens bei GWG von 150 € auf 250 € sowie
- die Einführung einer Steuerbefreiung von Sanierungserträgen unter Verhinderung von Doppelbegünstigungen.
Seit der Entscheidung des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 28.11.2016
zur Steuerbefreiung von Sanierungsgewinnen sind Steuerpflichtige verunsichert,
ob die bisherige Verwaltungsregelung weiter anzuwenden ist. Die Steuerfreiheit
für Erträge aus unternehmensbezogenen Sanierungen ist nunmehr im Gesetz
aufgenommen worden. Neben dem Ertrag aus der Sanierung eines sanierungsbedürftigen
und sanierungsfähigen Unternehmens ist auch die Schuldenbefreiung im Rahmen
eines Insolvenzverfahrens begünstigt. Hier kommt es zu einer rückwirkenden
Anwendung der Regelungen nach dem 8.2.2017. Zu deren Gültigkeit bedarf
es jedoch noch der Zustimmung durch die Europäische Kommission.
Dieses Gesetz tritt grundsätzlich am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Die Anpassung der GWG-Grenzen gilt jeweils für Anschaffungen bzw. Herstellungen
nach dem 31.12.2017.
Geldwäschebekämpfung wird intensiviert
Durch das Gesetz zur Umsetzung der vierten EU-Geldwäscherichtlinie, zur
Ausführung der EU-Geldtransferverordnung und zur Neuorganisation der Zentralstelle
für Finanztransaktionsuntersuchungen müssen die geldwäscherechtlich
Verpflichteten strengere Vorgaben, etwa bei grenzüberschreitenden Korrespondenzbeziehungen,
beachten.
Kern des Gesetzes - dem der Bundesrat am 2.6.2017 zustimmte - ist die Einrichtung
einer Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen. Die Zentralstelle
nimmt geldwäscherechtliche Meldungen entgegen, analysiert diese und leitet
sie bei einem Verdacht auf Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung an die
zuständigen Stellen. Alle wirtschaftlich Berechtigten werden in einem elektronischen
Transparenzregister erfasst. Der Kreis der geldwäscherechtlich Verpflichteten
wird erweitert.
Dieses Gesetz trat am 26. Juni 2017 in Kraft. Es sieht vor, dass nicht nur
Spielbanken, Veranstalter und Vermittler von Glücksspiel im Internet, sondern
alle Veranstalter und Vermittler von Glücksspielen nunmehr als Verpflichtete
gelten. Um die mit hohen Barzahlungen verbundenen Risiken bezüglich Geldwäsche
und Terrorismusfinanzierung zu mindern, werden Güterhändler vom Geldwäschegesetz
erfasst, wenn sie Barzahlungen in Höhe von 10.000 € oder mehr tätigen
oder entgegennehmen. Als Güterhändler gelten alle Personen, die gewerblich
mit Gütern handeln. Der Entwurf wurde per Änderungsantrag in diesem
Bereich dahingehend abgeändert, dass Händler in "atypischen Fällen"
keinen Geldwäschebeauftragten bestellen müssen.
Lotterien, die nicht im Internet veranstaltet werden, wurden aus dem Anwendungsbereich
des Geldwäschegesetzes herausgenommen, selbst wenn eine Teilnahme über
das Internet möglich ist. Ebenfalls aus dem Anwendungsbereich des Geldwäschegesetzes
herausgenommen wurden Geldspielgeräte.
Voraussetzung für Abschreibung beim Erwerb von Vertragsarztpraxen
Wird eine Vertragsarztpraxis samt der zugehörigen materiellen und immateriellen
Wirtschaftsgüter der Praxis, insbesondere des Praxiswerts, als Chancenpaket
erworben, ist der Vorteil aus der Zulassung als Vertragsarzt untrennbar im Praxiswert
als abschreibbares immaterielles Wirtschaftsgut enthalten. Auf dieser Grundlage
besteht die Abschreibungsberechtigung auf den Praxiswert und die übrigen
erworbenen Wirtschaftsgüter der Praxis.
Dies gilt nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 21.2.2017
auch dann, wenn eine Gemeinschaftspraxis eine Einzelpraxis unter der Bedingung
erwirbt, die Vertragsarztzulassung des Einzelpraxisinhabers im Nachbesetzungsverfahren
einem Gesellschafter der Gemeinschaftspraxis zu erteilen. Maßgeblich für
einen beabsichtigten Erwerb der Praxis als Chancenpaket ist, dass Veräußerer
und Erwerber einen Kaufpreis in Höhe des Verkehrswerts der Praxis oder
sogar einen darüberliegenden Wert vereinbarten. Dabei spielt es keine Rolle,
dass die Gemeinschaftspraxis nicht beabsichtigte, die ärztliche Tätigkeit
in den bisherigen Räumen des Einzelpraxisinhabers fortzusetzen.
Der Erwerber einer Vertragsarztpraxis ist jedoch nur dann zur Abschreibung
(AfA) des Praxiswerts und des miterworbene Inventars berechtigt, wenn Erwerbsgegenstand
die gesamte Praxis und nicht nur eine Vertragsarztzulassung ist. Ist dies nicht
der Fall, verneint der BFH in seiner zweiten Entscheidung vom gleichen Tag die
AfA-Berechtigung des Erwerbers in vollem Umfang. Das trifft insbesondere zu,
wenn der Neugesellschafter nur den wirtschaftlichen Vorteil aus der auf ihn
überzuleitenden Vertragsarztzulassung gekauft hat und weder am Patientenstamm
der früheren Einzelpraxis noch an anderen wertbildenden Faktoren ein Interesse
hatte.
Dieses Wirtschaftsgut ist nicht abschreibbar, da es keinem Wertverzehr unterliegt.
Der Inhaber kann eine ihm unbefristet erteilte Vertragsarztzulassung, solange
er sie innehat, in Anspruch nehmen. Er kann zudem den aus ihr resultierenden
wirtschaftlichen Vorteil im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens durch eine
Überleitung der Zulassung auf einen Nachfolger verwerten. Daher erschöpft
sich der Wert des immateriellen Wirtschaftsgutes des wirtschaftlichen Vorteils
aus der Vertragsarztzulassung nicht in einer bestimmten bzw. bestimmbaren Zeit.
Bundesfinanzministerium äußert sich zur vorteilhafteren Ermittlung der außergewöhnlichen Belastung
Der Bundesfinanzhof entschied mit Urteil vom 19.1.2017, dass die Regelung zur
außergewöhnlichen Belastung so zu verstehen ist, dass die dort zu
berücksichtigende zumutbare Belastung stufenweise zu berechnen ist. Abhängig
von der Höhe des Gesamtbetrags der Einkünfte, der im Einkommensteuergesetz
in 3 Stufen gestaffelt ist, wird die zumutbare Belastung anhand eines Prozentsatzes
ermittelt.
Bislang wird die zumutbare Belastung bei Überschreiten einer dieser Stufen
immer unter Zugrundelegung des Prozentsatzes der höheren Stufe berechnet.
Künftig wird bei der Berechnung der zumutbaren Belastung nur noch der Teil
des Gesamtbetrags der Einkünfte mit dem höheren Prozentsatz belastet,
der die jeweilige Stufe übersteigt. Durch die stufenweise Berechnung ist
insgesamt eine niedrigere zumutbare Belastung von den geltend gemachten außergewöhnlichen
Belastungen abzuziehen. Im Ergebnis kann diese Berechnung zu einem höheren
steuerlichen Abzug der außergewöhnlichen Belastungen - und damit
zu einer niedrigeren Einkommensteuer - führen.
Nach einer Pressemitteilung des Bundesfinanzministeriums vom 1.6.2017 soll
die geänderte Berechnungsweise möglichst umgehend schon im Rahmen
der automatisierten Erstellung der Einkommensteuerbescheide Berücksichtigung
finden.
Bitte beachten Sie! Sollte die geänderte Berechnungsweise noch nicht berücksichtigt
worden sein, empfiehlt sich ggf. das Einlegen eines Einspruchs bzw. Änderungsantrags!
Steuerbefreite Vereine müssen auch Steuererklärungen abgeben
In der Regel prüfen die Finanzämter alle 3 Jahre, inwieweit Vereine
und Organisationen, die gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen
Zwecken dienen, in der zurückliegenden Zeit die Voraussetzungen für
die Befreiung von der Körperschaft- und Gewerbesteuer erfüllt haben.
Zu diesem Zweck müssen die Vereine bei ihrem zuständigen Finanzamt
eine Steuererklärung abgeben und Kopien ihrer Kassenberichte und Tätigkeits-
bzw. Geschäftsberichte beifügen.
Bitte beachten Sie! Steuererklärungs-Formulare werden nicht mehr
an die Vereine versandt. Die Erklärungen sind grundsätzlich elektronisch
zu übermitteln. Hierfür ist eine Registrierung über ELSTER erforderlich
(www.elster.de)
Vergabe von Wohnungsimmobilienkrediten wird erleichtert
Anfang 2016 hatte die Bundesregierung mit der Umsetzung der sog. Wohnimmobilienkreditrichtlinie eine strengere Prüfung der Kreditwürdigkeit bei der Immobilienkreditvergabe eingeführt. Die bestehenden Regelungen zur Vergabe von Darlehen für Wohnimmobilien wurden nun präzisiert.
- Vergabe von Darlehen für Wohnimmobilien: Künftig kann eine
Wertsteigerung durch Baumaßnahmen oder Renovierung einer Wohnimmobilie
bei der Kreditwürdigkeitsprüfung berücksichtigt werden.
Ferner sind die gesetzlichen Vorgaben für Verbraucher-Darlehensverträge grundsätzlich nicht auf sog. "Immobilienverzehrkredite" anwendbar. Das sind Kredite, bei denen man das Eigenheim etwa an die Bank verkauft, die dafür eine lebenslange Rente zahlt und außerdem ein lebenslanges Wohnrecht gewährt.
- Verbot sog. Kopplungsgeschäfte: Bei Immobilienkrediten gilt
zudem ein weitgehendes Verbot sog. Kopplungsgeschäfte. Bei Geschäften
dieser Art gibt es das Darlehen nur im Paket mit anderen Finanzprodukten oder
-diensten; etwa mit Sparkonten, Pfandbriefen oder Versicherungen. Ausgenommen
davon sind im Verbraucherinteresse liegende Produkte wie Bausparverträge
oder Riester-Sparverträge.
- Kein ewiges Widerrufsrecht: Um ein "ewiges Widerrufsrecht"
auszuschließen, erlischt es spätestens nach einem Jahr und 14 Tagen.
Für sogenannte "Altverträge", die zwischen dem 1.8.2002
und dem 10.6.2010 abgeschlossen wurden, gilt es nicht mehr wie bisher unbegrenzt.
Drei Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes zum 21.3.2016 endete hier das
Widerrufsrecht. Die Widerrufsbelehrung war in diesen Fällen häufig
wegen eines Formfehlers und nicht wegen falschen Inhalts fehlerhaft.
- Stärkere Verbraucherrechte bei Null-Prozent-Krediten: Verkäufer
müssen auch hier die Kreditwürdigkeit ihrer Kunden genauer prüfen.
Auch bei Null-Prozent-Finanzierungen gilt ein Widerrufsrecht. Das war bisher
nicht der Fall.
- Sachkundenachweis für Immobilien-Darlehensvermittler: Immobilien-Darlehensvermittler
müssen einen Sachkundenachweis führen. Und sie müssen sich
registrieren lassen sowie eine Berufshaftpflichtversicherung abschließen.
Die Bundesregierung führt auch für Immobilienkredite den unabhängigen Honorarberater ein. Er muss seiner Beratung einen ausreichenden Marktüberblick zugrunde legen. Seine Vergütung erhält er nur von dem Kunden, der ihn beauftragt hat.
- Mehr Schutz bei hohen Dispozinsen: Bei dauerhafter oder erheblicher
Überziehung von Konten müssen Institute eine Beratung über
kostengünstigere Alternativen anbieten, wenn der Kunde den eingeräumten
Überziehungsrahmen über 6 Monate hinweg ununterbrochen zu durchschnittlich
75 % ausschöpft oder er sein Konto bei geduldeter Überziehung über
3 Monate hinweg durchschnittlich um mehr als 50 % des monatlichen Geldeingangs
überzieht.
Die Beratung hat in einem persönlichen Gespräch zu erfolgen - möglich auch per Telefon. Ort und Zeitpunkt des Gesprächs sind zu dokumentieren. Das Angebot ist zu wiederholen, sobald die genannten Voraussetzungen erneut vorliegen. Darüber hinaus müssen die Institute klar und eindeutig über die Höhe der Zinsen für den Dispokredit informieren. Er muss auch auf ihrer Webseite gut sichtbar sein.
Kostenfallen im Internet
Häufig werden Verbraucher im Internet und über soziale Medien auf
Angebote aufmerksam gemacht (z. B. Hautpflege- und Schönheitsprodukte).
Interessierte tippen auf die Werbeanzeige und gelangen so auf die deutschsprachige
Website des Händlers.
Um mehr Informationen über die Produkte und den Preis zu erhalten, müssen
Name, E-Mail-Adresse und Anschrift genannt werden. Von unseriösen Händlern
werden dann Waren zugesandt und in Rechnung gestellt, obwohl der Verbraucher
nichts bestellt hat. Und wer nicht gleich zahlt, wird mit mehreren Zahlungsaufforderungen
bedrängt.
Hierzu informiert das Zentrum für Europäischen Verbraucherschutz
e. V. in einer Pressemitteilung vom 19.5.2017 wie folgt:
- Bei der Lieferung unbestellter Ware ist man weder verpflichtet sie zu bezahlen noch sie zurückzuschicken.
- Die Rechnung sollte schriftlich zurückgewiesen werden. Zur Zahlung verpflichtet ist nur der, wer klar und deutlich darauf hingewiesen wurde (z. B. über eine Schaltfläche wie "Jetzt kaufen"!)
- Bei Unsicherheit, ob die Ware bestellt wurde oder nicht, steht dem Verbraucher das mindestens 14-tägige Widerrufsrecht zu. Die Frist beginnt erst mit Erhalt der Ware. Sie verlängert sich um 12 Monate, wenn nicht richtig über das Widerrufsrecht informiert wurde. Widerrufen sollte man am besten per Fax oder per E-Mail mit Lesebestätigung.
- Ist die Rechnung schon gezahlt, sollte das Unternehmen zur Rückerstattung aufgefordert werden. Wer mit Kreditkarte gezahlt hat, kann seine Bank oder seinen Kreditkartenanbieter um eine Rückbuchung bitten ("chargeback").
Beweislast für rechtzeitige Unterrichtung bei Flugannullierung
In einem vom Europäischen Gerichtshof (EuGH) entschiedenen Fall buchte
ein Fluggast über einen Online-Reisevermittler einen Hin- und Rückflug
mit einer Surinamischen Luftfahrtgesellschaft. Der Hinflug war für den
14.11.2014 vorgesehen. Am 9.10.2014 unterrichtete die Gesellschaft den Reisevermittler
über die Annullierung dieses Flugs. Am 4.11.2014 wurde der Kunde mit einer
E-Mail des Reisevermittlers darüber unterrichtet.
Unter Berufung auf die Unionsverordnung über Ausgleichsleistungen für
Fluggäste bei Annullierung von Flügen forderte er von der Gesellschaft
die Zahlung des darin geregelten Pauschalbetrags von 600 €. Die Verordnung
sieht u. a. vor, dass den Fluggästen ein Anspruch auf Ausgleichsleistungen
eingeräumt wird, es sei denn, sie wurden über die Annullierung des
Flugs mindestens 2 Wochen vor der Abflugzeit unterrichtet.
Dazu entschieden die EuGH-Richter, dass ein Luftfahrtunternehmen, welches nicht
beweisen kann, dass ein Fluggast über die Annullierung seines Flugs mindestens
2 Wochen vor der planmäßigen Abflugzeit unterrichtet worden ist,
diesem einen Ausgleich zu leisten hat. Dies gilt nicht nur bei einem unmittelbar
zwischen dem Fluggast und dem Luftfahrtunternehmen, sondern auch bei einem über
einen Online-Reisevermittler geschlossenen Beförderungsvertrag.
Kündigung des Reisevertrags wegen höherer Gewalt - hier ungültige Reisepapiere
Ein Reisevertrag kann sowohl vom Reiseveranstalter als auch vom Reisenden gekündigt
werden, wenn die Reise infolge bei Vertragsabschluss nicht voraussehbarer höherer
Gewalt erheblich erschwert, gefährdet oder beeinträchtigt wird. Unter
höherer Gewalt wird ein von außen kommendes, keinen betrieblichen
Zusammenhang aufweisendes und auch durch die äußerste vernünftigerweise
zu erwartende Sorgfalt nicht abwendbares Ereignis verstanden.
In einem vom Bundesgerichtshof (BGH) am 16.5.2017 entschiedenen Fall buchte
eine Familie eine Pauschalreise in die USA. Vor Reiseantritt beantragte die
Mutter für sich und ihre Tochter bei der Gemeinde neue Reisepässe,
die ausgestellt und übergeben wurden. Die Bundesdruckerei meldete diese
sowie 13 weitere versandten Ausweisdokumente jedoch wegen Nichtvorliegens einer
Eingangsbestätigung als abhandengekommen. Dies führte wiederum dazu,
dass den Passagieren am Abreisetag der Abflug in die USA verweigert wurde. Das
Reiseunternehmen zahlte einen Teil des Reisepreises zurück; die Familie
beanspruchte jedoch auch die Rückzahlung des restlichen Betrages.
Dazu entschied der BGH, dass höhere Gewalt nicht vorliegt, wenn das störende
Ereignis der Sphäre des Reisenden zuzurechnen ist. So verhält es sich
auch im entschiedenen Fall. Im Verhältnis zum Reiseveranstalter fällt
die Mitführung geeigneter Ausweispapiere für die Reise in die Risikosphäre
des Reisenden, ohne dass es darauf ankäme, aus welchen Gründen die
Pässe der Reisenden nicht als ausreichend angesehen wurden.
Mietvertrag - individuelle Vertragsabreden haben Vorrang vor Allgemeinen Geschäftsbedingungen
Eine in einem Mietvertrag über Gewerberäume enthaltene sog. doppelte
Schriftformklausel kann im Falle ihrer formularmäßigen Vereinbarung
wegen des Vorrangs der Individualvereinbarung eine mündliche oder auch
konkludente Änderung der Vertragsabreden nicht ausschließen.
Den Vorrang gegenüber Allgemeinen Geschäftsbedingungen haben individuelle
Vertragsabreden ohne Rücksicht auf die Form, in der sie getroffen worden
sind, und somit auch wenn sie auf mündlichen Erklärungen beruhen.
Das gilt nach einem Beschluss des Bundesgerichtshofs vom 25.1.2017 selbst dann,
wenn durch eine AGB-Schriftformklausel bestimmt wird, dass mündliche Abreden
unwirksam sind.
Vertragliche Vereinbarungen, die die Parteien für den Einzelfall getroffen
haben, sollen nicht durch davon abweichende Allgemeine Geschäftsbedingungen
durchkreuzt, ausgehöhlt oder ganz oder teilweise zunichtegemacht werden
können.
Die Vorschrift im Bürgerlichen Gesetzbuch beruht auf der Überlegung,
dass Allgemeine Geschäftsbedingungen als generelle Richtlinien für
eine Vielzahl von Verträgen abstrakt vorformuliert und daher von vornherein
auf Ergänzung durch die individuelle Einigung der Parteien ausgelegt sind.
Sie können und sollen nur insoweit Geltung beanspruchen, als die von den
Parteien getroffene Individualabrede dafür Raum lässt. Vereinbaren
die Parteien wenn auch nur mündlich etwas anderes, so kommt dem der Vorrang
zu.
Es kommt demnach auch nicht darauf an, ob die Parteien bei ihrer mündlichen
Absprache an die entgegenstehende Klausel gedacht haben und sich bewusst über
sie hinwegsetzen wollten.
Grobe Beleidigung rechtfertigt fristlose Kündigung
Grundsätzlich kann ein Arbeitsverhältnis aus wichtigem Grund ohne
Einhaltung einer Kündigungsfrist gekündigt werden, wenn Tatsachen
vorliegen, aufgrund derer dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller
Umstände des Einzelfalles und unter Abwägung der Interessen beider
Vertragsteile die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses bis zum Ablauf der
Kündigungsfrist nicht zugemutet werden kann. Grobe Beleidigungen können
eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Die strafrechtliche Beurteilung
ist kündigungsrechtlich nicht ausschlaggebend.
In einem vom Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein (LAG) am 24.1.2017 entschiedenen
Fall wurde einem Arbeitnehmer fristlos gekündigt, weil er behauptet hatte,
dass sich der Vater des Geschäftsführers ihm gegenüber "wie
ein A..." verhalten hätte und dass der Geschäftsführer auf
dem besten Wege sei, seinem Vater den Rang abzulaufen.
Die Richter des LAG gaben dem Arbeitgeber recht und beurteilten die Kündigung
als zulässig. In ihrer Begründung führten sie aus, dass selbst
unter Berücksichtigung der mehr als 23-jährigen Betriebszugehörigkeit
und der aktuellen Rentennähe die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses
auch nur bis zum Ablauf der Kündigungsfrist dem Arbeitgeber nicht zumutbar
war.
Verkennung eines akuten medizinischen Notfalls im Rahmen eines Hausnotrufvertrags
In einem vom Bundesgerichtshof (BGH) am 11.5.2017 entschiedenen Fall schloss
ein Mann mit einem Unternehmen einen "Dienstleistungsvertrag zur Teilnahme
am Hausnotruf" ab. Der Vertrag lautet u. a. wie folgt: "Das Hausnotrufgerät
wird an eine ständig besetzte Zentrale angeschlossen. Von dieser Zentrale
wird im Fall eines Notrufs unverzüglich eine angemessene Hilfeleistung
vermittelt (z. B. durch vereinbarte Schlüsseladressen, Rettungsdienst,
Hausarzt, Schlüsseldienst)."
Der Notfall trat ein, der Mann betätigte die Hausnotruftaste. Der den
Anruf entgegennehmende Mitarbeiter vernahm minutenlang lediglich ein Stöhnen.
Das Unternehmen veranlasste daraufhin, dass ein Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes
sich zu der Wohnung des Notleidenden begab. Der Mitarbeiter fand den Mann am
Boden liegend vor, veranlasste allerdings keine weiteren Maßnahmen. Zwei
Tage später fanden die Angehörigen den Mann in der Wohnung liegend;
er wurde in eine Klinik eingeliefert. Dort diagnostizierte man einen ein bis
drei Tage zurückliegenden Schlaganfall.
Bei einem Hausnotrufvertrag handelt es sich um einen Dienstvertrag. Das dienstleistende
Unternehmen schuldete keinen Erfolg etwaiger Rettungsmaßnahmen, ist allerdings
verpflichtet, unverzüglich eine angemessene Hilfeleistung zu vermitteln.
In dem o. g. Fall entschied der BGH, dass das Unternehmen die ihm nach dem
Hausnotrufvertrag obliegenden Schutz- und Organisationspflichten grob vernachlässigt
hat und deshalb eine Beweislastumkehr zugunsten des geschädigten Vertragspartners
eingreift, soweit es um die Frage geht, ob die schwerwiegenden Folgen des Schlaganfalls
auch bei rechtzeitiger Hinzuziehung eines Rettungsdienstes eingetreten wären.
Anmeldepflicht von Barmittel bei Einreise bzw. Ausreise aus der EU
Jede natürliche Person, die in die EU einreist oder aus ihr ausreist,
unterliegt der Anmeldepflicht, wenn sie Barmittel in Höhe von 10.000 €
oder mehr bei sich führt.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hatte zu entscheiden, ob die Anmeldepflicht
auch besteht, wenn ein Reisender auf dem Weg von einem Nicht-EU-Staat in einen
anderen Nicht-EU-Staat in der internationalen Transitzone eines Flughafens,
der in der EU liegt, lediglich auf der Durchreise ist.
Er kam in seiner Entscheidung vom 4.5.2017 zu dem Entschluss, dass auch solche
Personen während der Dauer ihres Transits dieser Anmeldepflicht unterliegen.
Fälligkeitstermine - Juli 2017
- Umsatzsteuer (mtl.), Lohn- u. Kirchenlohnsteuer, Soli.-Zuschlag (mtl.): 10.7.2017
- Sozialversicherungsbeiträge: 27.7.2017
Verzugszins / Basiszins
-
Verzugszinssatz ab 1.1.2002: (§ 288 BGB)
Rechtsgeschäfte mit Verbrauchern:
Basiszinssatz + 5-%-Punkte
Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen bis 28.7.2014):
Basiszinssatz + 8-%-Punkte
Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen ab 29.7.2014):
Basiszinssatz + 9-%-Punkte
zzgl. 40 € Pauschale -
Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB
maßgeblich für die Berechnung von Verzugszinsen
seit 01.07.2016 = - 0,88 %
01.01.2016 - 30.06.2016 - 0,83 %
01.07.2015 - 31.12.2015 - 0,83 %
01.01.2015 - 30.06.2015 - 0,83 %
01.07.2014 - 31.12.2014 - 0,73 %
01.01.2014 - 30.06.2014 - 0,63 %
01.07.2013 - 31.12.2013 - 0,38 %
http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Standardartikel/Bundesbank/Zinssaetze/basiszinssatz.html
Eventuelle Änderungen, die nach Ausarbeitung dieses Informationsschreibens erfolgen, können erst in der nächsten Ausgabe berücksichtigt werden!
Verbraucherpreisindex
Verbraucherpreisindex (2010 = 100)
2017 | Januar | 108,1 | ||||
Februar | 108,8 | |||||
März | 109,0 | |||||
April | 109,0 | |||||
Mai | ||||||
Juni | ||||||
Juli | ||||||
August | ||||||
September | ||||||
Oktober | ||||||
November | ||||||
Dezember |
2016 | Januar | 106,1 | 2015 | Januar | 105,5 | |
Februar | 106,5 | Februar | 106,5 | |||
März | 107,3 | März | 107,0 | |||
April | 106,9 | April | 107,0 | |||
Mai | 107,2 | Mai | 107,1 | |||
Juni | 107,3 | Juni | 107,0 | |||
Juli | 107,6 | Juli | 107,2 | |||
August | 107,6 | August | 107,2 | |||
September | 107,7 | September | 107,0 | |||
Oktober | 107,9 | Oktober | 107,0 | |||
November | 108,0 | November | 107,1 | |||
Dezember | 108,8 | Dezember | 107,0 |
Ältere Verbraucherpreisindizes finden Sie im Internet unter:
http://www.destatis.de - Konjunkturindikatoren - Verbraucherpreise
PDF-Version (das wichtigste) des Mandantenbriefes herunterladen.
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