Mandantenbrief September 2017

Es ist wertvoller, stets den Respekt der Menschen als gelegentlich ihre Bewunderung zu haben.
Jean-Jacques; 1712 - 1778, französischer Schriftsteller und Philosoph

Steuerliche Behandlung von Spenden an politische Parteien und kommunale Wählervereinigungen


Spenden: Zuwendungen an politische Parteien und an unabhängige Wählervereinigungen i. S. des Parteiengesetzes (PartG) sind bis zur Höhe von insgesamt 1.650 € und im Fall der Zusammenveranlagung bis zur Höhe von 3.300 € im Kalenderjahr steuerlich begünstigt. Die Ermäßigung beträgt 50 % der Ausgaben, höchstens jeweils 825 € (Unverheiratete) bzw. 1.650 € (Zusammenveranlagte). Der Betrag wird direkt von der Steuerschuld abgezogen.

Beispiel: Parteifreund A spendet an seine Partei 2.000 €. Seine tarifliche Einkommensteuerbelastung beträgt 15.000 €. A kann 50 % von 1.650 € steuerlich als Zuwendung ansetzen. Seine Einkommensteuerbelastung reduziert sich um (15.000 € - 50 % von 1.650 € =) 825 € auf 14.175 €. Den Restbetrag in Höhe von (2.000 € - 1.650 € =) 350 € kann Parteifreund A als Sonderausgaben (siehe nachfolgend) geltend machen.

Sonderausgaben: Spenden zur Förderung steuerbegünstigter Zwecke können - unter weiteren Voraussetzungen - zusätzlich mit insgesamt bis zu 20 % des Gesamtbetrags der Einkünfte oder 4 ‰ der Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter als Sonderausgaben abgezogen werden.

Wählervereinigungen, die nicht an den Bundestags- oder Landtagswahlen teilnehmen, sind nach Auffassung des Bundesfinanzhofs in seiner Entscheidung vom 20.3.2017 keine Parteien i. S. des PartG. Demnach kommt für solche Wählervereinigungen der Sonderausgabenabzug nicht in Betracht.

Verfassungsfeindliche Parteien: Am 7.7.2017 stimmte der Bundesrat einer vom Bundestag beschlossenen Grundgesetzänderung und einem entsprechenden Begleitgesetz zu, wonach verfassungsfeindliche Parteien künftig keine staatlichen Gelder mehr erhalten. Danach kann das Bundesverfassungsgericht verfassungsfeindliche Parteien von der staatlichen Finanzierung ausschließen. Antragsteller eines solchen Verfahrens können Bundestag, Bundesrat und Bundesregierung sein.

Bitte beachten Sie! Mit dem Entzug der staatlichen Gelder entfallen auch steuerliche Begünstigungen und Zuwendungen an diese Parteien. Der Finanzierungsausschluss gilt für 6 Jahre, ist aber verlängerbar.

Spendennachweis: Bei Spenden bis 200 € reicht ein "vereinfachter Nachweis" (Einzahlungsbeleg, Kontoauszug oder PC-Ausdruck beim Online-Banking). Seit dem 1.1.2017 müssen die Zuwendungsbestätigungen nur noch nach Aufforderung durch das Finanzamt vorgelegt werden.

Alternativ kann der Zuwendungsempfänger die Zuwendungsbestätigung aber auch direkt elektronisch an das Finanzamt übermitteln, wenn ihn der Spender dazu bevollmächtigt. In diesem Fall braucht der Zuwendende keine Bestätigung über die Zuwendung aufbewahren.

Kein doppelter Abzug für die Nutzung von zwei Arbeitszimmern in verschiedenen Orten]


Grundsätzlich besteht ein Abzugsverbot für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer. Aufwendungen für häusliche Arbeitszimmer sind jedoch steuerlich abziehbar, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Die Höhe der abziehbaren Aufwendungen ist dabei auf 1.250 € im Jahr begrenzt. Ein darüber hinausgehender Abzug ist nur möglich, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung bildet.

Bislang ist der Bundesfinanzhof (BFH) von einem objektbezogenen Abzug der Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer ausgegangen. Die abziehbaren Aufwendungen waren hiernach unabhängig von der Zahl der nutzenden Personen auf insgesamt 1.250 € im Jahr begrenzt.

In zwei Entscheidungen vom 15.12.2016 machte der BFH nunmehr eine Kehrtwende zugunsten der Steuerpflichtigen, die mit weiteren Personen ein häusliches Arbeitszimmer nutzen. Nach diesen Entscheidungen ist die Höchstbetragsgrenze von 1.250 € im Jahr personenbezogen anzuwenden, sodass jeder von ihnen seine Aufwendungen hierfür bis zu dieser Obergrenze einkünftemindernd geltend machen kann.

In seiner Entscheidung vom 9.5.2017 stellt der BFH aber klar, dass der personenbezogene Höchstbetrag für den Abzug von Aufwendungen eines Steuerpflichtigen auch bei der Nutzung von mehreren häuslichen Arbeitszimmern in verschiedenen Haushalten auf 1.250 € begrenzt ist.

Bundesfinanzhof zweifelt an der Umsatzsteuerpflicht für Fahrschulen


Unterrichtsleistungen für den Erwerb der Fahrerlaubnisklassen B (Pkw-Führerschein) und C1 sind nach nationalem Recht umsatzsteuerpflichtig. Fahrschulen sind nach dem Umsatzsteuergesetz keine allgemeinbildenden oder berufsbildenden Einrichtungen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) zweifelt aber an der Umsatzsteuerpflicht für die Erteilung von Fahrunterricht zum Erwerb der genannten Fahrerlaubnisklassen. Nach der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28.11.2006 über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist Unterricht, den sog. anerkannte Einrichtungen oder Privatlehrer erteilen, von der Umsatzsteuer zu befreien.

Mit Beschluss vom 16.3.2017 hat der BFH dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) daher die Frage vorgelegt, ob Fahrschulen insoweit steuerfreie Leistungen erbringen. Damit soll geklärt werden, ob der Fahrschulunterricht aus Gründen des Unionsrechts umsatzsteuerfrei ist.

Im entschiedenen Fall bejaht der BFH den Unterrichtscharakter der Fahrschulleistung. Die zusätzlich erforderliche Anerkennung kann sich daraus ergeben, dass der Unterrichtende die Fahrlehrerprüfung nach dem Gesetz über das Fahrlehrerwesen abgelegt haben muss. Des Weiteren kommt auch eine Steuerfreiheit als Privatlehrer in Betracht. Die Auslegung der Richtlinie sei aber zweifelhaft, sodass eine Entscheidung des EuGH einzuholen sei.

Anmerkung: Die nunmehr vom EuGH zu treffende Entscheidung ist von erheblicher Bedeutung für die Umsatzbesteuerung aller Fahrschulen in der Bundesrepublik Deutschland. Sollte er eine Steuerfreiheit bejahen, wird sich die Anschlussfrage stellen, ob Fahrschulen den sich hieraus ergebenden Vorteil zivilrechtlich an ihre Kunden durch eine geänderte Preisbildung weitergeben.

Erneute Verfassungsbeschwerde wegen des Abzugs der zumutbaren Belastung bei den außergewöhnlichen Belastungen


Krankheitskosten können nach dem Einkommensteuergesetz grundsätzlich als außergewöhnliche Belastung bei der Einkommensteuer berücksichtigt werden - aber nur, so weit sie die sog. "zumutbare Belastung" überschreiten.

Der Bundesfinanzhof (BFH) stellte bereits in seinen Entscheidungen vom 2.9.2015 fest, dass es nicht von Verfassung wegen geboten ist, bei der einkommensteuerrechtlichen Berücksichtigung von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastungen auf den Ansatz einer zumutbaren Belastung zu verzichten. Mit Beschluss vom 23.11.2016 wurde die wegen der Frage der Verfassungsmäßigkeit der zumutbaren Belastung eingelegte Verfassungsbeschwerde nicht zur Entscheidung angenommen.

Nunmehr wurde wieder eine Verfassungsbeschwerde eingelegt, die dort unter dem Aktenzeichen 2 BvR 221/17 geführt wird. Auch dazu hatte der BFH mit Urteil vom 29.9.2016 entschieden, dass Krankheitskosten, die als außergewöhnliche Belastungen geltend gemacht werden, um die zumutbare Belastung zu mindern sind.

Anmerkung: Sollten Bescheide in diesem Punkt nicht wie bisher vorläufig ergehen, können betroffene Steuerpflichtige weiterhin den Abzug von Krankheitskosten als außergewöhnliche Belastung - ohne Abzug einer zumutbaren Eigenbelastung - mit Berufung auf das anhängige Verfahren beantragen.

Regelung über Verlustabzug bei Kapitalgesellschaften mit dem Grundgesetz unvereinbar


Kapitalgesellschaften können negative Einkünfte, die im Veranlagungsjahr nicht ausgeglichen werden, in bestimmten Grenzen vom Gesamtbetrag der Einkünfte des unmittelbar vorangegangenen Veranlagungszeitraums und der folgenden Veranlagungszeiträume abziehen. Werden innerhalb von 5 Jahren unmittelbar oder mittelbar mehr als 25 % des gezeichneten Kapitals an einer Kapitalgesellschaft übertragen oder liegt ein vergleichbarer Sachverhalt vor (sog. schädlicher Beteiligungserwerb), kann die Kapitalgesellschaft die bis dahin nicht ausgeglichenen oder abgezogenen negativen Einkünfte nicht mehr abziehen, soweit sie rechnerisch auf den übertragenen Anteil entfallen. Die nicht genutzten Verluste gehen anteilig unter, obwohl die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Kapitalgesellschaft durch die bloße Anteilsübertragung nicht verändert wird.

Für diese Ungleichbehandlung fehlt es nach einem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 29.3.2017 an einem sachlich einleuchtenden Grund.

Anmerkung: Der Gesetzgeber hat bis zum 31.12.2018 für die Zeit vom 1.1.2008 bis 31.12.2015 - also für den Zeitraum bis zum Inkrafttreten der gesetzlichen Regelung zum fortführungsgebundenen Verlustvortrag (Einführung mit Wirkung ab 1.1.2016) - den festgestellten Verfassungsverstoß zu beseitigen. Kommt er dieser Verpflichtung nicht nach, tritt am 1.1.2019 im Umfang der festgestellten Unvereinbarkeit rückwirkend auf den Zeitpunkt seines Inkrafttretens die Nichtigkeit der Regelung ein.

Unterhaltspflicht steht Pflegefreibetrag bei der Erbschaftsteuer nicht entgegen


Nach einer Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 10.5.2017 steht eine gesetzliche Unterhaltspflicht zwischen Personen, die in gerader Linie miteinander verwandt sind, der Gewährung des erbschaftsteuerlichen Pflegefreibetrags nicht entgegen. Hat ein Kind einen pflegebedürftigen Elternteil zu Lebzeiten gepflegt, ist es berechtigt, nach dem Ableben des Elternteils bei der Erbschaftsteuer den sog. Pflegefreibetrag in Anspruch zu nehmen.

Da Pflegeleistungen üblicherweise innerhalb der Familie, insbesondere zwischen Kindern und Eltern erbracht werden, liefe die Freibetragsregelung bei Ausschluss dieses Personenkreises nahezu leer.

Anmerkung: Die Finanzverwaltung hat den Freibetrag nicht gewährt, wenn der Erbe dem Erblasser gegenüber gesetzlich zur Pflege oder zum Unterhalt verpflichtet war. Der Entscheidung des BFH kommt im Erbfall wie auch bei Schenkungen große Praxisrelevanz zu. Von besonderer Bedeutung ist dabei, dass der Erbe den Pflegefreibetrag nach dem Urteil auch dann in Anspruch nehmen kann, wenn der Erblasser zwar pflegebedürftig, aber z. B. aufgrund eigenen Vermögens im Einzelfall nicht unterhaltsberechtigt war.

Kirchensteuer und Kirchgeld verstoßen nicht gegen die Europäische Menschenrechtskonvention


Einige Kirchen und Religionsgemeinschaften sind nach deutschem Recht berechtigt, von ihren Mitgliedern Kirchensteuern und/oder ein besonderes Kirchgeld zu erheben. Das besondere Kirchgeld wird indirekt auch von Nicht-Kirchenmitgliedern erhoben und als "Strafsteuer" angesehen. Bei Eheleuten erfolgt die Bemessung auf Grundlage des gemeinsamen Einkommens im Fall der Zusammenveranlagung der Eheleute zur Einkommensteuer.

In einem vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) am 6.4.2017 ausgetragenen Rechtsstreit beschwerten sich Steuerpflichtige teils darüber, dass sie zur Zahlung des besonderen Kirchgeldes für ihren Ehepartner herangezogen wurden, ohne selbst Mitglied einer Kirche zu sein, teils darüber, dass sie auf die finanzielle Unterstützung durch den Ehepartner angewiesen waren, um das Kirchgeld bezahlen zu können und damit in der Ausübung ihrer Religionsfreiheit vom Ehepartner abhängig waren. Des Weiteren monierten sie, dass sie zur Zahlung einer unverhältnismäßig hohen Kirchensteuer verpflichtet wurden, weil bei der Bemessung derselben auch das Einkommen des Ehepartners zugrunde gelegt wurde.

Der EGMR stellte dazu in seiner Entscheidung einstimmig fest, dass keine Verletzung der gerügten Rechte aus der Europäischen Menschenrechtskonvention vorlag; ein Verstoß dagegen also nicht erfolgt. Nur Ehegatten, die die getrennte Veranlagung wählen, können in einem solchen Fall die Zahlung vermeiden.

Deutschkurse für Flüchtlinge sind i. d. R. lohnsteuerfrei


Berufliche Fort- oder Weiterbildungsleistungen des Arbeitgebers führen nicht zu (steuerpflichtigem) Arbeitslohn, wenn diese Bildungsmaßnahmen im ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers durchgeführt werden.

Bei Flüchtlingen und anderen Arbeitnehmern, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, sind Bildungsmaßnahmen zum Erwerb oder zur Verbesserung der deutschen Sprache dem ganz überwiegenden betrieblichen Interesse des Arbeitgebers zuzuordnen, wenn der Arbeitgeber die Sprachkenntnisse in dem für den Arbeitnehmer vorgesehenen Aufgabengebiet verlangt. Diese Auffassung vertritt das Bundesfinanzministerium in seinem Schreiben vom 4.7.2017. Arbeitslohn ist nur dann anzunehmen, wenn konkrete Anhaltspunkte für den Belohnungscharakter der Maßnahme vorliegen.

Bearbeitungsentgelt bei Unternehmerdarlehen


Vorformulierte Bestimmungen über ein laufzeitunabhängiges Bearbeitungsentgelt in Darlehensverträgen, die zwischen Kreditinstituten und Unternehmern geschlossen wurden, sind unwirksam. Dies entschieden die Richter des Bundesgerichtshofs (BGH) in 2 Verfahren vom 4.7.2017.

Grundsätzlich sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

Die Angemessenheit der Klauseln lässt sich nach Auffassung des BGH auch nicht mit Besonderheiten des kaufmännischen Geschäftsverkehrs rechtfertigen. Soweit hierzu eine geringere Schutzbedürftigkeit und eine stärkere Verhandlungsmacht von Unternehmern im Vergleich zu Verbrauchern angeführt werden, wird übersehen, dass der Schutzzweck der o. g. Regelung, die Inanspruchnahme einseitiger Gestaltungsmacht zu begrenzen, auch zugunsten eines - informierten und erfahrenen - Unternehmers gilt.

EuGH moniert pauschale Stornogebühren und intransparente Preise für Flugreisende


In ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen nahm eine Fluggesellschaft eine Klausel auf, nach der einem Reiseteilnehmer 25 € Bearbeitungsgebühr von dem ihm zu erstattenden Betrag einbehalten werden, wenn er eine Buchung für einen Flug im Spartarif storniert oder den Flug nicht antritt.

Die Richter des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) sehen das anders und entschieden dazu, dass Fluggesellschaften keine pauschalen Bearbeitungsgebühren für die Stornierung eines Fluges berechnen dürfen.

Ferner stellte der Bundesverband der Verbraucherzentralen bei einer Online-Probebuchung im Jahr 2010 fest, dass die ausgewiesenen Steuern und Gebühren viel niedriger waren als die tatsächlich an die betreffenden Flughäfen abzuführenden.

Hierzu stellte der EuGH fest, dass dem Kunden immer die Höhe der Beträge mitzuteilen sind, die im zu zahlenden Endpreis auf den Flugpreis, die Steuern, die Flughafengebühren und die sonstigen Gebühren, Zuschläge und Entgelte als Bestandteile des Endpreises entfallen. Hätten die Luftfahrtunternehmen die Wahl, die entsprechenden Steuern, Gebühren, Zuschläge und Entgelte entweder in den Flugpreis einzubeziehen oder sie gesondert auszuweisen, würde das mit der Verordnung verfolgte Ziel der Information und Transparenz in Bezug auf die Preise nicht erreicht.

Werbeanrufe nach Vertragsende


In einem vom Oberlandesgericht Köln (OLG) entschiedenen Fall konnten Verbraucher auf der Webseite der Telekom Deutschland GmbH beim Abschluss eines Telefonvertrags per Klick in die Nutzung ihrer Vertragsdaten zur "individuellen Kundenberatung" bis zum Ende des auf die Kündigung folgenden Kalenderjahres einwilligen. Das Unternehmen wollte seine ehemaligen Kunden über neue Angebote und Services per E-Mail, Telefon, SMS oder MMS infor­mieren und beraten. Ein späterer Widerruf war jederzeit möglich.

Das OLG untersagte eine Einwilligungserklärung über die Nutzung von Vertragsdaten für Werbenachrichten oder -anrufe zur "individuellen Kundenberatung" nach Vertragsende. Nach Auffassung des OLG verstößt die Werbebefugnis gegen das Verbot belästigender Werbung. Sie erlaubt dem Unternehmen, Vertragsdaten eines Verbrauchers in erheblichem Umfang zur "individuellen Kundenberatung" am Telefon zu verwenden. Im ungünstigsten Falle sei der betroffene Verbraucher bereits seit fast 2 Jahren kein Kunde mehr und zudem nach Vertragsende wahrscheinlich längst Kunde eines Wettbewerbers.

Gebrauchtwagenkauf - falscher Tachostand


Leider kommt es bei Gebrauchtwagenkäufen immer wieder vor, dass der Tachostand nicht der tatsächlichen Laufleistung entspricht. Über die Frage, welche Rechte einem Käufer dann zustehen, hat das Oberlandesgericht Oldenburg (OLG) am 18.5.2017 entschieden.

Der nachfolgende Sachverhalt lag dem OLG zur Entscheidung vor: Ein Mann kaufte im September 2015 einen gebrauchten Pkw für 8.000 €. Nach kurzer Zeit wollte er den Wagen wegen eines angeblich falschen Tachostands zurückgeben. Der Verkäufer verweigerte die Rücknahme.

Ein gerichtlicher Sachverständiger stellte fest, dass das Fahrzeug bereits Anfang 2010 eine Laufleistung von über 222.000 km aufgewiesen hatte. Verkauft wurde es im September 2015 dann mit einem Tachostand von 160.000 km. Das OLG verpflichtete in seiner Entscheidung den Verkäufer zur Rücknahme des Wagens.

Der Verkäufer kann sich nicht darauf berufen, dass er den Tachostand lediglich "laut Tacho" angegeben und selbst keine eigene Kenntnis von der tatsächlichen Laufleistung gehabt hat, weil er den Wagen selbst gebraucht gekauft hatte. Bei einem Verkauf zwischen Privatleuten kann der Käufer auch nicht ohne Weiteres davon ausgehen, dass der Verkäufer den von ihm angegebenen Tachostand auf seine Richtigkeit überprüft habe.

Im vorliegenden Fall hatte aber der Verkäufer die Laufleistung im Kaufvertrag unter der Rubrik "Zusicherungen des Verkäufers" eigenhändig eingetragen. Damit hatte er ausdrücklich eine Garantie übernommen, an der er sich festhalten lassen muss.

Erfindung eines GmbH-Gesellschafters - Andienungspflicht gegenüber der GmbH


Macht der Gesellschafter, der wie ein Geschäftsführer in die Leitung der Gesellschaft eingebunden ist, im Zusammenhang mit dieser Tätigkeit eine Erfindung, kann für ihn nach den Gesamtumständen die Pflicht bestehen, diese Erfindung der Gesellschaft (entschädigungslos) anzudienen, wenn die Leitungsfunktion des Gesellschafters auch den technischen Bereich betraf, die Erfindung dem Geschäftsgegenstand der Gesellschaft zuzuordnen ist und die Erfindung überwiegend auf Mitteln, Erfahrungen und Vorarbeiten des Unternehmens beruhte.

Verstößt der Gesellschafter gegen die ihn treffende Andienungspflicht und meldet die Erfindung im eigenen Namen als Patent an, steht der Gesellschaft ein Anspruch auf Übertragung der Anmeldung bzw. des aufgrund dieser Anmeldung erteilten Patents - gegebenenfalls Zug um Zug gegen Zahlung der Kosten für die Anmeldung und Aufrechterhaltung des Schutzrechts - zu.

"Sofortüberweisung" als einzige kostenlose Zahlungsweise im Internet nicht zulässig


In einem vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall bot eine Reiseplattform im Internet das Bezahlen mit Kreditkarte nur gegen ein zusätzliches Entgelt an. Bei einem Reisepreis von ca. 120 € fielen Kosten in Höhe von 12,90 € an. Kostenlos konnte nur per "Sofortüberweisung" gezahlt werden. Hierbei öffnete sich ein Dialogfenster. Eingegeben werden sollten die Kontodaten inklusive PIN und TAN. Damit prüfte der Anbieter dann unter anderem den Kontostand, den Disporahmen und ermittelte, ob der Kunde andere Konten hatte.

Die Richter des BGH entschieden dazu in ihrem Urteil vom 18.7.2017, dass "Sofortüberweisung" nicht als einzige kostenlose Zahlungsweise zumutbar ist. So darf, nach Auffassung der Bundesrichter, die einzige kostenlose Zahlungsart Verbraucher nicht dazu zwingen, mit einem nicht beteiligten Dritten in vertragliche Beziehungen zu treten und diesem hochsensible Finanzdaten zu übermitteln. Grundsätzlich kann das Geschäftsmodell "Sofortüberweisung" betrieben werden. Den Kunden müssten jedoch weitere kostenlose Zahlungsmöglichkeiten angeboten werden.

Altersdiskriminierung bei Stellenausschreibung


Mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz sollen Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität verhindert oder beseitigt werden.

Demnach dürfen auch Beschäftigte nicht wegen eines der o. g. Gründe benachteiligt werden. Auch eine Arbeitsplatzausschreibung muss dieses berücksichtigen. Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen.

Eine Stellenausschreibung mit der Formulierung "erste Berufserfahrung" und "Berufsanfänger" kann mittelbar mit dem im Gesetz genannten Grund "Alter" verknüpft und daher diskriminierend sein. Dies ist insbesondere anzunehmen, wenn damit signalisiert wird, lediglich Interesse an der Gewinnung jüngerer Mitarbeiter zu haben. Personen mit längerer Berufserfahrung weisen typischerweise ein höheres Lebensalter auf.

Eine Stellenausschreibung zielt nach Auffassung des Bundesarbeitsgerichts in seiner Entscheidung vom 26.1.2017 jedoch nicht auf eine Personengruppe bestimmten Alters, wenn dieser entnommen werden kann, dass vom Bewerber beispielsweise eine "einschlägige Berufserfahrung" erwartet wird bzw. als Berufseinsteiger seine Interessensschwerpunkte "in den genannten Rechtsgebieten" (wurden aufgeführt) liegen.

Anmerkung: Immer häufiger haben sich die Arbeitsgerichte mit klagenden Bewerbern zu befassen, die über "Scheinbewerbungen" und der erwarteten Ablehnung derselben Schadensersatz wegen Diskriminierung fordern. Um solchen "Scheinbewerbungen" den Wind aus den Segeln zu nehmen, sollten Sie sich zu den einzelnen Stellenausschreibungen fachlich beraten lassen.

Kein höheres Elterngeld aufgrund der Einmalzahlung von Urlaubs- oder Weihnachtsgeld


Jährlich einmal gezahltes Urlaubs- oder Weihnachtsgeld erhöhen nicht das Elterngeld. Diese Gelder bleiben bei der Bemessung des Elterngeldes als sonstige Bezüge außer Betracht. Dies hat das Bundessozialgericht am 29.6.2017 entschieden.

Das Elterngeld bemisst sich für Arbeitnehmer nach dem Durchschnitt des laufenden, in der Regel monatlich zufließenden Lohns im Bemessungszeitraum. Üblicherweise sind damit die laufenden Löhne in den 12 Kalendermonaten vor dem Geburtsmonat des Kindes Grundlage der Berechnung. Nicht zu diesem laufenden Arbeitseinkommen gehören Urlaubs- oder Weihnachtsgeld, welches im Bemessungszeitraum jeweils nur einmal gewährt wird. Sie zählen zu den für die Bemessung des Elterngeldes unmaßgeblichen, lohnsteuerlich als sonstige Bezüge behandelten Einnahmen.

Eine Zuordnung zum laufenden Lohn folgt nicht daraus, dass Urlaubs- und Weihnachtsgeld als Teile des Gesamtjahreslohns zu berechnen sind. Auch dass sie in gleicher Höhe wie regelmäßiger Monatslohn gezahlt werden, begründet keine wiederholten beziehungsweise laufenden Zahlungen. Die Zahlung erfolgte vielmehr anlassbezogen einmal vor der Urlaubszeit und einmal vor Weihnachten.

Höhere Pfändungsfreigrenzen seit 1.07.2017


Seit 1.07.2017 gilt die neue Pfändungstabelle nach der Zivilprozessordnung. Der unpfändbare Grundbetrag ist auf 1.133,80 Euro/Monat (vorher: 1.073,88 €/Monat) gestiegen.

Ist der Schuldner bzw. die Schuldnerin zu Unterhaltszahlungen verpflichtet, erhöht sich der unpfändbare Betrag entsprechend der Unterhaltsberechtigten. Bei einer Unterhaltspflicht für eine Person darf ein zusätzlicher Betrag von 426,71 €/Monat (bis 30.6.2017: 404,16 €/Monat) nicht gepfändet werden, für die zweite bis fünfte Person jeweils zusätzlich 237,73 €/Monat (bis 30.6.2017: 225,17 €/Monat).

Fälligkeitstermine - September 2017


  • Umsatzsteuer (mtl.), Lohn- u. Kirchenlohnsteuer, Soli.-Zuschlag (mtl.)
    Einkommen-, Kirchen-, Körperschaftsteuer, Soli-Zuschlag: 11.9.2017
  • Sozialversicherungsbeiträge: 27.9.2017

Verzugszins / Basiszins


  • Verzugszinssatz ab 1.1.2002: (§ 288 BGB)

    Rechtsgeschäfte mit Verbrauchern:
    Basiszinssatz + 5-%-Punkte

    Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen bis 28.7.2014):
    Basiszinssatz + 8-%-Punkte

    Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen ab 29.7.2014):
    Basiszinssatz + 9-%-Punkte
    zzgl. 40 € Pauschale

  • Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB
    maßgeblich für die Berechnung von Verzugszinsen

    seit 01.07.2016 = - 0,88 %
    01.01.2016 - 30.06.2016 - 0,83 %
    01.07.2015 - 31.12.2015 - 0,83 %
    01.01.2015 - 30.06.2015 - 0,83 %
    01.07.2014 - 31.12.2014 - 0,73 %
    01.01.2014 - 30.06.2014 - 0,63 %
    01.07.2013 - 31.12.2013 - 0,38 %
Ältere Basiszinssätze finden Sie im Internet unter:
http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Standardartikel/Bundesbank/Zinssaetze/basiszinssatz.html

Eventuelle Änderungen, die nach Ausarbeitung dieses Informationsschreibens erfolgen, können erst in der nächsten Ausgabe berücksichtigt werden!

Verbraucherpreisindex




Verbraucherpreisindex (2010 = 100)

2017 Januar 108,1        
  Februar 108,8        
  März 109,0        
  April 109,0        
  Mai 108,8        
  Juni 109,0        
  Juli          
  August          
  September          
  Oktober          
  November          
  Dezember          


2016 Januar 106,1   2015 Januar 105,5
  Februar 106,5     Februar 106,5
  März 107,3     März 107,0
  April 106,9     April 107,0
  Mai 107,2     Mai 107,1
  Juni 107,3     Juni 107,0
  Juli 107,6     Juli 107,2
  August 107,6     August 107,2
  September 107,7     September 107,0
  Oktober 107,9     Oktober 107,0
  November 108,0     November 107,1
  Dezember 108,8     Dezember 107,0


Ältere Verbraucherpreisindizes finden Sie im Internet unter:
http://www.destatis.de - Konjunkturindikatoren - Verbraucherpreise

PDF-Version (das wichtigste) des Mandantenbriefes herunterladen.

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