Mandantenbrief Oktober 2018
Søren Aabye Kierkegaard; 1813 - 1855, dänischer Philosoph, Theologe und Schriftsteller
Vorsteuerabzug bei Nutzungsänderung eines Investitionsguts nachträglich möglich?
Mit seiner Entscheidung vom 25.7.2018 stellt der Europäische Gerichtshof
(EuGH) - entgegen seiner bisherigen Sichtweise - klar, dass eine Gemeinde den
Vorsteuerabzug aus einem zunächst nur hoheitlich genutzten Investitionsgut
(hier ein Grundstück) nachträglich noch geltend machen kann, wenn
es zu einem späteren Zeitpunkt durch Nutzungsänderung auch für
unternehmerische Zwecke verwendet wird.
Dazu legt der EuGH fest, dass ein Recht auf Berichtigung der auf eine als Investitionsgut
erworbenen Immobilie entrichteten Vorsteuer dann besteht, wenn beim Erwerb der
Immobilie diese zum einen sowohl für besteuerte als auch für nicht
besteuerte Tätigkeiten verwendet werden konnte, und zum anderen die Gemeinde
die Absicht, die Immobilie einer besteuerten Tätigkeit zuzuordnen, nicht
ausdrücklich bekundet, aber auch nicht ausgeschlossen hat.
Anmerkung: Dieses Urteil kann auch für privatwirtschaftliche Unternehmen
große Bedeutung erlangen. Obwohl es zur Investitionstätigkeit einer
Gemeinde gefällt wurde, dürfte es auch auf alle vergleichbaren Investitionen
von Einrichtungen anderer Rechtsformen und natürlicher Personen anwendbar
sein. Im Zeitpunkt der Investition muss nicht zwingend die Absicht bekundet
werden, das Investitionsgut dem Unternehmen zuzuordnen, wenn nicht ausgeschlossen
wurde, dass es auch für eine vorsteuerunschädliche Tätigkeit
verwendet werden könnte. So könnte in der Praxis ein Unternehmer einen
Pkw, für den er zum Zeitpunkt des Erwerbs keine Zuordnung zum Unternehmen
getroffen hat, anders als bisher, z. B. ab dem 2. Jahr der Pkw-Nutzung, grds.
einen anteiligen nachträglichen Vorsteuerabzug im Wege einer Vorsteuerberichtigung
geltend machen.
Wirksame Rechnungsberichtigung erfordert Rückzahlung der Umsatzsteuer
Weist ein Unternehmer in einer Rechnung einen höheren Umsatzsteuerbetrag
aus, als er nach dem Gesetz schuldet (unrichtiger Steuerausweis), so schuldet
er diesen Betrag auch gegenüber dem Finanzamt. Hiervon erfasst werden auch
die Fälle, in denen ein Unternehmer Umsatzsteuer für steuerfreie Umsätze
gesondert ausgewiesen hat.
Eine Rechnung kann jedoch berichtigt werden, wenn Angaben in der Rechnung unzutreffend
sind. Zur Berichtigung müssen die fehlenden oder unzutreffenden Angaben
durch ein Dokument, das spezifisch und eindeutig auf die Rechnung bezogen ist
(Rechnungskorrektur), übermittelt werden.
Die wirksame Berichtigung eines Steuerbetrags erfordert nach Auffassung des
Bundesfinanzhofs in seiner Entscheidung vom 16.5.2018 jedoch grundsätzlich,
dass der Unternehmer die vereinnahmte Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger
zurückgezahlt hat. Die Rechnungsberichtigung als formaler Akt gegenüber
dem Leistungsempfänger allein reicht für die wirksame Berichtigung
eines Steuerbetrags, mit der Folge, dass dieser dem Rechnungsaussteller zu erstatten
ist, nicht aus.
Da der Leistende den berichtigten Steuerbetrag vom Leistungsempfänger
im Regelfall bereits vereinnahmt hat, würde eine Erstattung durch das Finanzamt
(FA) allein aufgrund der Rechnungsberichtigung ohne Rückzahlung der Steuer
den Leistenden ungerechtfertigt bereichern. Dieser würde doppelt begünstigt;
denn einerseits hat er das Entgelt zzgl. Umsatzsteuer regelmäßig
bereits vereinnahmt und andererseits könnte er den berichtigten Steuerbetrag
vom FA nochmals verlangen. Dies ginge allein zulasten des Leistungsempfängers.
Gleichzeitig müsste der Fiskus befürchten, vom Leistungsempfänger
auf Erstattung der Umsatzsteuer an ihn in Anspruch genommen zu werden.
Vorsteuerabzug bei Rechnung an Briefkastenanschrift
Damit eine Rechnung zum Vorsteuerabzug berechtigt, muss sie die im Umsatzsteuergesetz
vorgeschriebenen Angaben enthalten. Dazu gehören u. a. der vollständige
Name und die vollständige Anschrift des leistenden Unternehmers und des
Leistungsempfängers.
Nachdem die Frage der erforderlichen korrekten Angaben der "vollständigen
Rechnungsanschrift" vom deutschen Fiskus teilweise strenger gesehen wird
als vom Europäischen Gerichtshof, hat der Bundesfinanzhof (BFH) diesem
in einem Vorabentscheidungsersuchen die Frage vorgelegt, ob der Begriff der
"Anschrift" dahin zu verstehen ist, dass der Steuerpflichtige an diesem
Ort seine wirtschaftliche Tätigkeit ausübt oder ob es ausreicht, dass
er dort lediglich zu erreichen ist.
Nunmehr hat der BFH - als Folgeurteil des Europäischen Gerichtshofs -
mit zwei Urteilen vom 21.6.2018 entschieden, dass eine Rechnung für den
Vorsteuerabzug eine Anschrift des leistenden Unternehmers enthalten muss, unter
der er postalisch erreichbar ist (sog. Briefkastenanschrift). Danach müssen
die wirtschaftlichen Tätigkeit des leistenden Unternehmers unter der Anschrift
nicht ausgeübt werden, die in der von ihm ausgestellten Rechnung angegeben
sind (Änderung der Rechtsprechung).
Anmerkung: Die Frage, ob bei der Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs
ordnungsgemäße Rechnungen vorliegen, ist regelmäßig Streitpunkt
in Außenprüfungen. Die Rechtsprechungsänderung kann für
Unternehmer, die nach ihrer Geschäftstätigkeit zum Vorsteuerabzug
berechtigt sind, die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs erleichtern. Bitte
beachten Sie aber, dass auch die weiteren im Gesetz geforderten Angaben
auf einer "ordnungsgemäßen" Rechnung enthalten sind!
Aufwendungsbezogene Begrenzung der Nutzungsentnahme bei der 1-%-Regelung nicht möglich
Für die private Nutzung eines zu mehr als 50 % betrieblich genutzten Kfz
sind pro Kalendermonat 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt
der Erstzulassung zzgl. der Kosten für Sonderausstattung einschließlich
Umsatzsteuer anzusetzen, wenn kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt
wird. Die 1-%-Regelung ist eine stark typisierende und pauschalierende Bewertungsregelung.
Deshalb bleiben Besonderheiten hinsichtlich der Art und der Nutzung des Kfz
ebenso unberücksichtigt wie nachträgliche Änderungen des Fahrzeugwertes.
Nunmehr hat der Bundesfinanzhof (BFH) mit Urteil vom 15.5.2018 dazu entschieden,
dass auch wenn die Anwendung der 1-%-Regelung seit 2006 voraussetzt, dass das
Kfz zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, es verfassungsrechtlich nicht
geboten ist, die nach der 1-%-Regelung ermittelte Nutzungsentnahme auf 50 %
der Gesamtaufwendungen für das Kfz zu begrenzen.
Im entschiedenen Fall berechnete das Finanzamt den Wert für die Nutzungsentnahme
nach der 1-%-Regelung mit 7.680 € (1 % x 64.000 € x 12 Monate). Der
Steuerpflichtige ermittelte die Gesamtkosten des Pkw hingegen mit 10.998,40
€ und setzte ca. 50 % dieser Kosten (5.498,59 €) steuerlich für
die private Nutzung des Pkw an. Er verlangte den Wert der Nutzungsentnahme auf
maximal 50 % der Gesamtkosten zu begrenzen. Dem folgte der BFH nicht.
Entfernungspauschale deckt auch die Kosten für Behandlungs- und Krankenhausaufenthalt
Aufwendungen des Arbeitnehmers für die Wege zwischen Wohnung und erster
Tätigkeitsstätte sind Werbungskosten. Zur Abgeltung dieser Aufwendungen
ist für jeden Arbeitstag, an dem der Arbeitnehmer die erste Tätigkeitsstätte
aufsucht, eine Entfernungspauschale für jeden vollen Kilometer der Entfernung
zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte von 0,30 € anzusetzen.
Mit der Entfernungspauschale sind "sämtliche Aufwendungen" abgegolten,
die durch die Wege zwischen Wohnung und erster Tätigkeitsstätte veranlasst
sind.
Eine Ausnahme sieht das Gesetz allein für solche Aufwendungen vor, die
durch die Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel anfallen. Damit fallen
nach Auffassung des Finanzgerichts Baden-Württemberg (FG) in seiner Entscheidung
vom 19.1.2018 auch außergewöhnliche Kosten unabhängig von ihrer
Höhe unter die Abgeltungswirkung. Insofern sind sowohl Aufwendungen für
Sach- als auch für Personenschäden, die auf dem Weg zwischen Wohnung
und erster Tätigkeitsstätte entstehen, durch die Entfernungspauschale
abgegolten. Eine Auslegung etwa dahingehend, dass Personenschäden nicht
von der Abgeltungswirkung erfasst werden, ist nach Auffassung des FG nicht angezeigt.
Bundesfinanzhof definiert 44-€-Freigrenze bei Sachbezügen
Zu den Einkünften aus nicht selbstständiger Arbeit gehören neben
Gehältern und Löhnen auch andere Bezüge und Vorteile, die für
eine Beschäftigung gewährt werden. Darunter fallen auch sog. Sachbezüge.
Sachbezüge sind alle nicht in Geld bestehenden Einnahmen. Ein Sachbezug
liegt auch vor, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer den Anspruch, eine Sach-
und Dienstleistung beziehen zu können, einräumt. Solche Sachbezüge
bleiben steuerfrei, wenn die sich (nach Anrechnung der vom Steuerpflichtigen
gezahlten Entgelte) ergebenden Vorteile insgesamt 44 € im Kalendermonat
nicht übersteigen.
Der Wert des vom Arbeitnehmer erlangten Sachvorteils ist mit dem üblichen
Endpreis am Abgabeort anzusetzen. Endpreis im Sinne der Vorschrift ist der Preis,
der im allgemeinen Geschäftsverkehr von Letztverbrauchern für identische
bzw. gleichartige Waren tatsächlich gezahlt wird.
Nunmehr hatte der Bundesfinanzhof zu entscheiden, wie sich eine Versand- und
Handlingpauschale auf den Preis des Sachbezugs auswirkt. In seiner Entscheidung
vom 6.6.2018 stellt er dazu fest: Liefert der Arbeitgeber die Ware in die Wohnung
des Arbeitnehmers, liegt eine zusätzliche Leistung des Arbeitgebers an
den Arbeitnehmer vor. Der Vorteil hieraus ist in die Berechnung der Freigrenze
von 44 € einzubeziehen. Entsprechendes gilt, wenn der günstigste Einzelhandelspreis
des Sachbezugs am Markt im Versand- oder Onlinehandel gefunden wird. Ist der
Versand dort als eigenständige Leistung ausgewiesen und nicht bereits im
Einzelhandelsverkaufspreis und damit im Endpreis enthalten, kommt der geldwerte
Vorteil aus der Lieferung "nach Hause" bei der Berechnung der Freigrenze
von 44 € zum Warenwert hinzu.
Splittingtarif für gleichgeschlechtliche Ehepaare rückwirkend ab 2001?
Das Eheöffnungsgesetz bestimmt, dass nach der Umwandlung der Lebenspartnerschaft
in eine Ehe für die Rechte und Pflichten der Lebenspartner der Tag der
Begründung der Lebenspartnerschaft maßgebend ist. Danach sind die
Lebenspartner so zu stellen, als ob sie am Tag der Begründung der Lebenspartnerschaft
geheiratet hätten.
Das Finanzgericht Hamburg (FG) entschied mit Urteil vom 31.7.2018, dass das
Eheöffnungsgesetz ein außersteuerliches Gesetz ist und damit grundsätzlich
geeignet sei, ein sog. rückwirkendes Ereignis im Sinne der Abgabenordnung
darzustellen, das eine Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerbescheide
ab 2001 rechtfertigt. Die Bestandskraft ist kein derart tragendes Prinzip des
Rechts, dass eine Änderung bestandskräftiger Bescheide infolge einer
Gesetzesänderung in jedem Fall einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung
der Rückwirkung bedarf.
Weil die Zusammenveranlagung nach dem Splittingtarif in vielen Fällen
zu einer Verringerung der Steuerlast führt, beantragten im entschiedenen
Fall die Steuerpflichtigen, die für Eheleute vorgesehene Zusammenveranlagung
nachträglich für alle Jahre seit Beginn ihrer Lebenspartnerschaft,
also ab 2001. Dem folgte das Finanzamt nicht. Das FG gab den Steuerpflichtigen
recht, ließ allerdings die Revision zum Bundesfinanzhof in München
zu. Hier wird man abwarten müssen, wie dieser entscheidet.
TERMINSACHE: Anträge für Vorsteuervergütungsverfahren bis 30.9.2018 stellen
Das zunächst als Jahressteuergesetz 2018 geplante Gesetzesvorhaben wurde
nunmehr vom Bundeskabinett in den "Entwurf eines Gesetzes zur Vermeidung
von Umsatzsteuerausfällen beim Handel mit Waren im Internet und zur Änderung
weiterer steuerlicher Vorschriften" umgetauft.
Mit dem vorliegenden Änderungsgesetz sollen insbesondere Umsatzsteuerausfälle
beim Handel mit Waren auf elektronischen Marktplätzen im Internet verhindert
werden. Danach sollen Betreiber von elektronischen Marktplätzen zum einen
künftig bestimmte Daten ihrer Nutzer, für deren Umsätze in Deutschland
eine Steuerpflicht in Betracht kommt, vorhalten sowie zum anderen für die
entstandene und nicht abgeführte Umsatzsteuer aus den auf ihrem elektronischen
Marktplatz ausgeführten Umsätzen in Haftung genommen werden können.
Das gilt insbesondere dann, wenn sie Unternehmer, die im Inland steuerpflichtige
Umsätze erzielen und hier steuerlich nicht registriert sind, auf ihrem
Marktplatz Waren anbieten lassen.
Im Bereich der Einkommensteuer soll zur Förderung der Elektromobilität
für Elektro- und Hybridelektrofahrzeuge bei der Dienstwagenbesteuerung
die Bemessungsgrundlage nach der Listenpreismethode halbiert werden. Die Absenkung
betrifft dann sowohl die 1-%-Regelung (dann 0,5-%-Regelung) als auch die Fahrtenbuchmethode.
Die Begünstigung für E-Fahrzeuge soll auf drei Jahre begrenzt werden.
Des Weiteren sind Anpassungen im Bereich der Körperschaftsteuer geplant.
Dort soll insbesondere eine verfassungskonforme Regelung des Verlustabzugs bei
Kapitalgesellschaften erreicht werden.
Anmerkung: Ob in dieses sog. Omnibus-Gesetz noch weiter Änderungswünsche
aus den Ländern einfließen, ist zzt. noch offen. Über die einzelnen
- für Sie relevanten - Regelungen werden wir Sie weiter informieren, sobald
detailliertere Informationen vorliegen.
Geplante Änderungen bei der Mietpreisbremse
Nach dem Entwurf des Mietrechtsanpassungsgesetzes sollen die Regelungen der
Mietpreisbremse transparenter und wirksamer werden. Künftig müssen
Vermieter den Mieter vor Abschluss des Mietvertrages unaufgefordert und schriftlich
darüber informieren, ob eine Ausnahme von der Mietpreisbremse vorliegt,
wenn sie eine deutlich höhere als die ortsübliche Vergleichsmiete
verlangen. Nur wenn der Vermieter diese Auskunft erteilt, kann er sich auf die
Ausnahme berufen.
Nach dem Gesetz zur Mietpreisbremse dürfen die Mieten nur noch maximal
10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegen.
Ausnahmen davon gelten für die Vermietung von Neubauten und die Erstvermietung
nach einer umfassenden Sanierung. Ebenso wenn der Vermieter zuvor eine Miete
erzielte, die über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt. Er genießt
dann grundsätzlich Bestandsschutz und kann weiter die Vormiete verlangen.
Bezugspunkt für die vom Vermieter mitzuteilende Vormiete ist der Zeitpunkt
ein Jahr vor Beendigung des Vormietverhältnisses. Dabei genügt die
bloße Angabe der Höhe der vorherigen Miete. Der Mieter kann gegebenenfalls
weitere Auskünfte aus dem Vormietverhältnis verlangen, etwa einen
Nachweis über die Höhe der Vormiete.
Für die Rückforderung zu viel gezahlter Miete genügt
zukünftig eine einfache Rüge - etwa der Satz "Ich rüge die
Höhe der Miete". Der Mieter muss nicht mehr darlegen, warum die verlangte
Miete seines Erachtens nach zu hoch ist.
In angespannten Wohnungsmärkten werden die Kosten der Modernisierung,
die der Eigentümer auf den Mieter umlegen kann, für zunächst
fünf Jahre von 11 % auf 8 % pro Jahr gesenkt. Es gilt zudem eine sog.
absolute Kappungsgrenze: Der Vermieter darf die Miete nach einer Modernisierung
nicht um mehr als 3 € pro m² Wohnfläche innerhalb von sechs Jahren
erhöhen.
Ferner zählt das Mietrechtsanpassungsgesetz Tatbestände auf, die
ein bewusstes Herausmodernisieren nahelegen:
- Mit der angekündigten baulichen Veränderung wird nicht innerhalb von zwölf Monaten nach Ankündigung begonnen oder diese wird begonnen und ruht dann mehr als zwölf Monate.
- Mit der angekündigten zu erwartenden Mieterhöhung würde sich die Monatsmiete mindestens verdoppeln.
- Die Baumaßnahme wird in einer Weise durchgeführt, die geeignet ist, zu erheblichen, objektiv nicht notwendigen Belastungen des Mieters zu führen.
Übertragung der Schönheitsreparaturen bei unrenoviert übergebener Wohnung
In einem vom Bundesgerichtshof (BGH) am 22.8.2018 entschiedenen Fall wurde
vom Vormieter an den neuen Mieter im Januar 2009 eine nicht renovierte Wohnung
mit Gebrauchsspuren übergeben. Der vom Vermieter verwendete Formularmietvertrag
sah vor, dass die Schönheitsreparaturen dem Mieter oblagen.
Bei der Übernahme hatten der Nachmieter und der Vormieter eine "Renovierungsvereinbarung"
getroffen. Nach dieser Vereinbarung hatte der Mieter von dem Vormieter einige
Gegenstände übernommen, sich zur Zahlung eines nicht näher festgestellten
Geldbetrages verpflichtet und sich zur Übernahme der Renovierungsarbeiten
bereit erklärt. Am Ende der Mietzeit führte der Mieter Schönheitsreparaturen
durch, die der Vermieter als mangelhaft ansah. Er beauftragte daraufhin einen
Malerbetrieb und verlangte vom Mieter Schadensersatz wegen nicht beziehungsweise
mangelhaft durchgeführter Schönheitsreparaturen.
Die Richter des BGH kamen zu der Entscheidung, dass eine Formularklausel, die
dem Mieter einer unrenoviert oder renovierungsbedürftig übergebenen
Wohnung die Schönheitsreparaturen ohne angemessenen Ausgleich auferlegt,
auch dann unwirksam ist, wenn der Mieter sich durch zweiseitige Vereinbarung
gegenüber dem Vormieter verpflichtet hat, Renovierungsarbeiten in der Wohnung
vorzunehmen.
Eine solche Vornahmeklausel verpflichtet den Mieter zur Beseitigung sämtlicher
Gebrauchsspuren des Vormieters und führt dazu, dass der Mieter die Wohnung
vorzeitig renovieren oder gegebenenfalls in einem besseren Zustand zurückgeben
müsste, als er sie selbst vom Vermieter erhalten hat.
Architektenvertrag - außerordentliche Kündigung
Die Kündigung eines Architektenvertrages aus wichtigem Grund setzt voraus,
dass die Vertragsfortsetzung für den Besteller unzumutbar ist. Ein wichtiger
Grund ist unter anderem dann anzunehmen, wenn der Auftragnehmer das für
den Bau- oder Architektenvertrag als eines auf Kooperation der Vertragspartner
angelegten Langzeitvertrags vorauszusetzende Vertrauensverhältnis durch
sein schuldhaftes Verhalten derart empfindlich stört, dass die Erreichung
des Vertragszwecks gefährdet und dem Auftraggeber die Vertragsfortsetzung
nicht mehr zumutbar ist. Die Kündigung des Architektenvertrages aus wichtigem
Grund führt dazu, dass der Architekt (nur) Honorar für erbrachte Leistungen
verlangen kann.
Folgender Sachverhalt lag dieser Entscheidung des Oberlandesgerichts Brandenburg
zugrunde: Ein Bauherr beauftragte eine Architektin mit dem Neubau eines Einfamilienhauses.
Im Laufe der Bauphase stellte sich heraus, dass die Ausführungsplanung
nicht mit der Baugenehmigung übereinstimmte.
Ein geplanter Lichtschacht sollte bis an die Grundstücksgrenze herangehen.
Laut Genehmigung war nur eine Breite von 1 m vorgesehen. Bei der Garage war
eine Höhe von 3 m genehmigt und nicht wie ausgeführt 4 m. Die Architektin
hatte des Weiteren noch eine West- und eine Ostterrasse geplant. Dafür
lag gar keine Genehmigung vor. Der Bauherr kündigte den Architektenvertrag
daraufhin außerordentlich.
Widerruf einer Dienstwagenüberlassung aus wirtschaftlichen Gründen
Die arbeitsvertraglich eingeräumte Möglichkeit, einen vom Arbeitgeber
zur Verfügung gestellten Dienstwagen auch für Privatfahrten nutzen
zu dürfen, ist eine zusätzliche Gegenleistung für die geschuldete
Arbeitsleistung.
Wird diese Gegenleistungspflicht im Rahmen eines Formulararbeitsvertrages unter
einen Widerrufsvorbehalt gestellt, bedarf es einer näheren Beschreibung
des Widerrufsgrundes, der auch das Interesse des Arbeitnehmers an der Beibehaltung
der Leistung berücksichtigt.
Eine Vertragsklausel, die den Arbeitgeber u. a. berechtigt, die Dienstwagengestellung
"aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung des Unternehmens" zu widerrufen,
ist ohne nähere Konkretisierung des aus dieser Richtung kommenden Widerrufsgrundes
zu weit gefasst. Nicht jeder Grund, der wirtschaftliche Aspekte betrifft, ist
ein anzuerkennender Sachgrund für den Entzug der Dienstwagennutzung und
der damit verbundenen privaten Nutzungsmöglichkeit. Für den Arbeitnehmer
ist es typisierend betrachtet unzumutbar, die Entziehung hinzunehmen, wenn der
Dienstwagen für die auszuübende Tätigkeit gebraucht wird und
kostengünstigere Alternativen nicht vorhanden sind.
Arztbesuch während der Arbeitszeit
Grundsätzlich ist ein Arztbesuch nicht bereits dann notwendig, wenn der
behandelnde Arzt einen Arbeitnehmer während der Arbeitszeit zur Behandlung
oder Untersuchung in seine Praxis bestellt. Der Arbeitnehmer muss versuchen,
die Arbeitsversäumnis möglichst zu vermeiden. Hält der Arzt außerhalb
der Arbeitszeit Sprechstunden ab und sprechen keine medizinischen Gründe
für einen sofortigen Arztbesuch, muss der Arbeitnehmer die Möglichkeit
der Sprechstunde außerhalb der Arbeitszeit wahrnehmen.
Ein Fall unverschuldeter Arbeitsversäumnis liegt bei einem Arztbesuch
vor, wenn der Arbeitnehmer von einem Arzt zu einer Untersuchung oder Behandlung
einbestellt wird und der Arzt auf terminliche Wünsche des Arbeitnehmers
keine Rücksicht nehmen will oder kann.
Beratungspflicht einer Versicherung bei Prämienfreistellungsverlangen
Ein Lebensversicherungsvertrag wird nur dann in eine beitragsfreie Versicherung
umgewandelt, wenn ein klares und eindeutiges endgültiges Umwandlungsverlangen
des Versicherungsnehmers erkennbar ist.
Ein wirksames Umwandlungsverlangen hat zur Folge, dass sich der Versicherungsschutz
auf die beitragsfreie Versicherungssumme beschränkt. In Höhe des darüber
hinausgehenden Betrags erlischt die Versicherung. Die Umwandlung in eine prämienfreie
Versicherung kann grundsätzlich nur mit Zustimmung des Versicherers wieder
rückgängig gemacht werden. Das auf eine solche Umwandlung gerichtete
Freistellungsverlangen des Versicherungsnehmers ist eine einseitige, empfangsbedürftige
Willenserklärung mit rechtsgestaltender Wirkung. Eine Annahme durch den
Versicherer ist nicht erforderlich.
Im Interesse der Klarheit über Bestand und Umfang des Versicherungsschutzes
kann ein wirksames Umwandlungsverlangen des Versicherungsnehmers deshalb nach
ständiger höchst- und obergerichtlicher Rechtsprechung nur dann als
wirksam gestellt angesehen werden, wenn sich aus der Erklärung klar und
eindeutig der Wille ergibt, dass die Versicherung in eine prämienfreie
umgewandelt werden soll.
Wenn ein Versicherungsnehmer gegenüber dem Lebensversicherer den Wunsch
äußert, die Versicherung wegen einer vorübergehenden Einkommenslosigkeit
auf die Dauer von zehn Monaten beitragsfrei zu stellen, kann dies nicht als
Antrag auf Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung, sondern nur als
Antrag, die Versicherung für kurze Zeit zum Ruhen zu bringen, verstanden
werden.
Der Wunsch eines Versicherungsnehmers auf vorübergehende Prämienfreistellung
kann eine Beratungspflicht der Versicherung begründen. Hat der Versicherer
den Wunsch des Versicherungsnehmers auf vorübergehende Prämienfreistellung
als Antrag auf Umwandlung in eine prämienfreie Versicherung gewertet und
den Versicherungsnehmer nicht auf die Folgen hingewiesen, haftet er aus positiver
Forderungsverletzung.
Kein versicherter Wegeunfall trotz gewöhnlicher Wegstrecke zur Arbeit
In der gesetzlichen Unfallversicherung ist auch das Zurücklegen des mit
der versicherten Tätigkeit zusammenhängenden unmittelbaren Weges zum
Arbeitsplatz versichert (sog. "Wegeunfall"). Trotzdem ist nicht automatisch
jeder Unfall auf dem Arbeitsweg ein Wegeunfall. Wenn der Versicherte mehrere
Stunden früher als gewöhnlich von zu Hause losfährt, um noch
private Besorgungen zu erledigen, fehlt es am erforderlichen Zusammenhang mit
der versicherten beruflichen Tätigkeit, auch wenn sich der Unfall auf der
gewöhnlichen Strecke ereignet.
Dieser Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 29.6.2018
lag folgender Sachverhalt zugrunde: Ein Arbeitnehmer hatte am Unfalltag um 13.30
Uhr Arbeitsbeginn, fuhr mit dem Motorroller aber schon um 9.30 Uhr los, weil
er auf dem Weg zur Arbeit noch zu einem Waschsalon auf dem Weg wollte, um Kleidung
zu waschen. Die übliche Fahrtzeit zur Arbeit betrug ca. 25-30 Minuten.
Auf der Wegstrecke seines gewöhnlichen Arbeitswegs, noch vor Erreichen
der Wäscherei, erlitt er bei einem Verkehrsunfall ein Schädel-Hirn-Trauma
und Knochenbrüche und musste mehrere Wochen im Krankenhaus behandelt werden.
Die Unfallversicherung lehnte die Anerkennung eines Arbeitsunfalls ab, da der
Versicherte nur wegen des geplanten Zwischenstopps am Waschsalon so früh
losgefahren ist. Der Versicherte machte geltend, er hatte u. a. Dienstkleidung
reinigen wollen, weil er davon ausging, dass Dienstkleidungspflicht besteht.
Auf einem Kleidungsstück befand sich ein Logo seines Arbeitsgebers. Auf
Nachfrage des Gerichts teilte jedoch der Arbeitgeber mit, dass für den
Versicherten seit Jahren keine Dienstkleidungspflicht besteht.
Unterhaltsvorschuss für Kinder Alleinerziehender
Einen Anspruch auf Unterhaltsvorschuss haben Kinder von Alleinerziehenden,
die keinen oder keinen regelmäßigen Unterhalt von dem anderen Elternteil
erhalten. Eine Einkommensgrenze des alleinerziehenden Elternteils gibt es nicht.
Hat der Antragsteller erneut geheiratet, besteht kein Anspruch auf Unterhaltsvorschuss.
Die Zahlung erfolgt monatlich und kann rückwirkend längstens für
den Monat vor Antragstellung beantragt werden.
Seit dem 1.7.2018 gilt:
- Bis zur Vollendung des 12. Lebensjahres (12. Geburtstag) können Kinder ohne zeitliche Einschränkung Unterhaltsvorschuss erhalten.
- Kinder im Alter von zwölf Jahren bis zum vollendeten 18. Lebensjahr können ebenfalls unter bestimmten Voraussetzungen Unterhaltsvorschuss erhalten.
- für Kinder bis zu 5 Jahren: 154 €/Monat,
- für Kinder von 6 Jahren bis 11 Jahren: 205 €/Monat,
- für Kinder von 12 Jahren bis 17 Jahren: 273 €/Monat.
Fälligkeitstermine - Oktober 2018
- Umsatzsteuer (mtl.), Lohn- u. Kirchenlohnsteuer, Soli.-Zuschlag (mtl.): 10.10.2018
- Sozialversicherungsbeiträge: 29.10.2018
Verzugszins / Basiszins
-
Verzugszinssatz seit 1.1.2002: (§ 288 BGB)
Rechtsgeschäfte mit Verbrauchern:
Basiszinssatz + 5-%-Punkte
Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen bis 28.7.2014):
Basiszinssatz + 8-%-Punkte
Rechtsgeschäfte mit Nichtverbrauchern (abgeschlossen ab 29.7.2014):
Basiszinssatz + 9-%-Punkte
zzgl. 40 € Pauschale - Basiszinssatz nach § 247 Abs. 1 BGB
maßgeblich für die Berechnung von Verzugszinsen
seit 01.07.2016 = - 0,88 %
01.01.2016 - 30.06.2016 - 0,83 %
01.07.2015 - 31.12.2015 - 0,83 %
01.01.2015 - 30.06.2015 - 0,83 %
01.07.2014 - 31.12.2014 - 0,73 %
01.01.2014 - 30.06.2014 - 0,63 %
01.07.2013 - 31.12.2013 - 0,38 %
http://www.bundesbank.de/Redaktion/DE/Standardartikel/Bundesbank/Zinssaetze/basiszinssatz.html
Eventuelle Änderungen, die nach Ausarbeitung dieses Informationsschreibens erfolgen, können erst in der nächsten Ausgabe berücksichtigt werden!
Verbraucherpreisindex
Verbraucherpreisindex (2010 = 100)
2018
August 111,7
Juli 111,6
Juni 111,3
Mai 111,2
April 110,7
März 110,7
Februar 110,3
Januar 109,8
2017
Dezember 110,6
November 109,9
Oktober 109,6
September 109,6
Ältere Verbraucherpreisindizes finden Sie im Internet unter:
http://www.destatis.de - Konjunkturindikatoren - Verbraucherpreise
PDF-Version (das wichtigste) des Mandantenbriefes herunterladen.
nach oben